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Zeichnung von Fr. Heubner

Redensarten

Glossen

d e r 3 e 11

In der Opium-
Kommission des Völ-
kerbundes kam es
jüngst zu einem schar-
fen Zusammenstoß
zwischen dem engli-
schen und chinesischen
Vertreter. Der Bot-
schafter Tschao-Hsing-
Tschu erklärte, Eng-
land, welches mit
seinem Opiumhandel
die Welt vergifte, sei
schuld daran, daß
China dem Opium-
laster fröhne. Darum
hasse das ganze
chinesische Volk die
Engländer, und wenn
einer sie nicht hasse,
sei das kein Chinese.

Trotz des vielen
Opiums, das die
Engländer einführen,
scheint es also keine
einschläfernde Wir-
kung auf die Chine-
sen zu haben...
Oder fängt China aus
dem Opiumrausch zu
erwachen an?

An Marianne

Brotkarten? Du, der „Sieger"? Potz, Ge-
witter,

Hat deine Saat dir keine Frucht getragen?

Ein Rätsel scheint die Brotnot, furchtbar bitter,
Ich will dir liebreich seine Lösung sagen:

Es blüht kein Weizen in des Blutrauschs Banne,
Mit Größenwahnsinn speist man nicht Mil-
lionen,

Ja, machte Hetzen satt, Marianne,

Du wärst der Schmerbauch unter den Nationen!

K a r l ch e n.

Die Zeitlupe

Die Sieger.

Ich muß vorausschicken, ich verstehe nichts
von Automobilen, ich kann sechs Zylinder nicht
von einem Chapeau-claque unterscheiden, keine
Vierradbremse hat an meiner Wiege gesungen
bzw. gekreischt, und die Verwendung von Benzin
erstreckt sich bei mir ausschließlich auf die Ent-
fernung von Flecken aus meinen Anzügen. Da-
mit hängt es unzweifelhaft zusammen, daß ich
durchaus nicht verstehe, warum beim Automobil-
sport alle Sieger sind, und alle die Rekorde
brechen. Wieso ich zu dieser Behauptung
komme? Aber bitte, sehen Sie sich einmal die
Inserate in den Tageszeitungen an. Dort stehen
die Sieger, neben- und übereinander. Alle
haben immer gesiegt, alle haben den ersten
Preis, manche sogar mehrere erste Preise, die
meisten den zweiten, und manche auch den
dritten. So schreiben sie es wenigstens, und ich
bin überzeugt, daß es wahr ist. Wieso alle den
ersten Preis haben, das eben verstehe ich nicht.
Das ist das Geheimnis der Technik, dieser drei-
zehnten Großmacht. Daß Rademacher schneller
schwimmt als die anderen, verstehe ich, daß
Nurmi fast so schnell läuft wie die Skandal-
geschichte einer Filmdiva um den Erdball, kann
ich begreifen, aber daß alle Automobile schneller
fahren als alle anderen, das soll mir stets ein
schönes Rätsel bleiben.

Die Verkehrshochschule.

Der Verkehr ist die vierzehnte bis sechzehnte
Großmacht unserer Zeit, infolgedessen kranken
wir an ihm. Der Verkehr wird teils geregelt,
teils bewältigt, teils beherrscht. Wir werden
nicht eher eine Lösung dieses problematischsten

In Ergänzung des in den Nummern
15 und 18 der „Jugend“ veröffentlichten
Preisausschreibens geben wir bekannt,
daß das Preisrichteramt übernommen
haben für bildliche Einsendungen die
Herren:

Professor Fritz Erler,

Kunstmaler Richard Klein,
die Schriftleiter der „Jugend“, Otto
A. H i r t h und Dr. Joh. N i t h a c k, j
für literarische Einsendungen die Herren:
Fritz v. O s t i n i,

Karl E 111 i n g e r ,

A. de Nora,

die Schriftleiter der „Jugend“, Otto
A. H i r t h und Dr. Joh. N i t h a c k,

aller heutigen Probleme finden, als bis wir eine
Hochschule für freien und angewandten Verkehr
haben. Nur die Verkehrshochschule kann uns
retten. Schon in den Vor-, Mittel- und Ober-
schulen müßte der Unterricht im Verkehr an-
fangen. Wir brauchen aber auch Fachleute des
Verkehrs. In England kann man jetzt seinen
Doktor der Milchwissenschaft machen, bei uns
muß man den Titel eines Dr. verk. erwerben
können. Themen für Dissertationen ließen sich
schon finden, zum Beispiel „Wie und zu wel-
chem Ende überschreitet man eine Einbahn-
straße?" Es wird Grammatiken und Vokabu-
larien von der Zeichensprache der Verkehrsschutz-
leute geben. Motto: „Tausend Bewegungen
verkehrsschutzmännisch." Das Recht auf die
Straße hat überhaupt nur der geprüfte Diplom-
fußgänger, der jedem Polizisten durch eine
Blechmarke kenntlich ist. Wer Fehler macht, wird
zu empfindlichen Nachhilfestunden verurteilt.

' Peter Pius.

Auch im Vatikan hat man Flaggensorgen. Man
weiß nicht, unter welcher Flagge der Dampfer
fahren soll, der den päpstlichen Nuntius zum
eucharistischen Kongreß nach Chicago bringt. Es
gibt da eine päpstliche Hausfahne, eine Fahne
der weiland päpstlichen Flotte, der weiland päpst-
lichen Armee und des weiland Kirchenstaates.

Am besten ist, der Papst beauftragt den in derlei
Arbeiten äußerst geschickten deutschen Reichskunst-
wart mit Entwürfen. Wir stellen uns eine in
Kreuzform geteilte Vierfelderflagge vor, deren
jedes Feld eine ehemalige päpstliche Flagge zeigt.
Und im obersten Feld eine Gösch, die alle zu-
künftigen päpstlichen Flaggen in der Art eines
expressionistischen Gemäldes wiedergibt. Das
Ganze von einem selbstverständlich schwarzen
Rahmenstreifen eingefaßt und darüber drei Fah-
nenbänder in den Farben von Glaube, Hoffnung
und Liebe — blaugrünrot —. Wenn sich der
Nuntius dann vorn noch die amerikanischen und
hinten die italienischen Farben auf das violette
Gewand malen läßt, kann niemand beleidigt sein.

A. D. N.

Professor Thomas Mann

Im Glückwunsch eint sich West, Süd, Ost und

Norden.

„O Wunder," heißt's bei allen die dich lieben,
„Ein deutscher Dichter ist Professor worden,

Weil nie er Professorendeutsch geschrieben!"

Karl ch e n.

verlangen Sie auf Jhren sommerlichen Fahrten in den Hotels, Pens;-
cnen und Gaststätten der Kurorte und Sommerfrischen immer wieder
die Münchener „Jugend“ und geben Sie uns gefl. die Adressen auf,
wo Sie unsere Wochenschrift nicht finden. Wir danken dafür per*
bindllichst und werden uns jenen Freunden gegenüber, die uns die
meisten derartigen Adressen nennen, durch Stiftung eines schönen
ßudies erkenntlich zeigen. Verlas der „Jugend“

München. Herrnstraße 4—10

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Register
Karlchen: An Marianne
Redaktioneller Beitrag: Redaktionelle Notiz
Karlchen: Professor Thomas Mann
Peter Pius: Die Zeitlupe
Friedrich (Fritz) Heubner: Redensarten II.
A. D. N.: Glossen der Zeit
 
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