ein Streifen Gold lag
"och das Haar der Frau auf
den Wellen, aber auch dieser
Reifen verschwand und bange
Kreise breiteten sich lautlos
über das Wasser.
Da schrie ich grell auf und
brach am Gitter zusammen. —
Der Schrei weckte mich; ich
^ag schweißtriefend im Bette —
durchs Fenster brach heller
Dag. Mein erster Blick galt
der Rose: Ein grüner Stumpf
starrte mich an. Ihre dunkle
Pracht lag entblättert, wie
Blutstropfen am Fuße des
Glases.
Ehe ich mir über die eigen-
tümliche Zufälligkeit des Ge-
schehens Gedanken machen
tonnte, klopfte es an die
Düre. Meine Wirtin brachte
m'e immer das Frühstück und
die Morgenzeitung. Um mich
äu zerstreuen, ergriff ich das
Platt und begann zu lesen.
Das erste, was mir aussiel,
u>ar unter den Lokalnotizen
die Nachricht, daß die Frau
eines Industriellen im Teich
ihres Parkes gestern abend
den Tod gesucht und gefunden
hatte. Die näheren Angaben
stimmten. Es war derselbe
Garten und derselbe Teich —
und die todtraurigen Augen
der fremden Frau, die ich ge-
liebt habe." —
Wir schwiegen beide — dann
erhob er sich unvermittelt:
»Es ist kühl geworden und
ich will allein hinuntergehen.
Gute Nacht!"
Er ging mit seinen trippeln-
den Schritten ins Dunkel, wie
immer das Haupt geneigt, als
ob seit langem eine Last auf
seinen Schultern läge, die er
auch durch diese Nacht voll
südlicher Schönheit zu tragen
hätte. Oespensler
Radierung aus einem Beethovenzyklus von Max Ludwig
D e r Jüngling
Gequält von Blut und Geist, läuft er und sucht
Erfüllung, um sich wandernd zu vollenden;
Gr greift mit unbesonnen wilden Händen
Jus Leben wie in einen Baum voll Frucht.
Doch dünkt ihm alles Leere, Lug und Flucht
blnd schal vorm Bild, das sich die Sehnsucht
wob;
Das Lied, das ihn auf goldne Berge hob,
Perhallt gedämpft wie Ruf aus tiefer Schlucht.
Er liegt im Gras, er betet: Gott, erbarme
Dich mein! Sieh her: wie bin ich, ach, allein!
Nichts ist mir Freund, nicht Tier, noch Baum,
noch Stein.
Was willst du, Welt? Du bist nicht Heim noch
Haus,
Du reißt mich täglich aus mir selbst heraus
lind wirfst mich wirrem Chaos in die Arme!
Ewald Swars.
2ang in sternloser Nacht . . .
Lang in sternloser Nacht wandl' ich und fürchte
nichts.
Fühl' es tief in der Brust, daß mir die Kraft
noch blieb,
Froh das Lichte zu ehren,
Wenn ich trüb auch und dunkel bin.
Doch du lächelst. Du brauchst ärmlichen Opfers
nicht,
Schreitest aufwärts den Pfad, den dir die
Himmlischen,
Ihrem strahlenden Liebling,
Hin zum sicheren Ziel bestimmt.
Alles Leiden erweckt, reift und begnadet tief,
Wenn es fast uns zerbricht. Siehe, du lehrtest
mich,
Wie noch edler als Liebe,
Reiner, stiller die Ehrfurcht ist.
Hermann W i n d s ch i l d.
571
"och das Haar der Frau auf
den Wellen, aber auch dieser
Reifen verschwand und bange
Kreise breiteten sich lautlos
über das Wasser.
Da schrie ich grell auf und
brach am Gitter zusammen. —
Der Schrei weckte mich; ich
^ag schweißtriefend im Bette —
durchs Fenster brach heller
Dag. Mein erster Blick galt
der Rose: Ein grüner Stumpf
starrte mich an. Ihre dunkle
Pracht lag entblättert, wie
Blutstropfen am Fuße des
Glases.
Ehe ich mir über die eigen-
tümliche Zufälligkeit des Ge-
schehens Gedanken machen
tonnte, klopfte es an die
Düre. Meine Wirtin brachte
m'e immer das Frühstück und
die Morgenzeitung. Um mich
äu zerstreuen, ergriff ich das
Platt und begann zu lesen.
Das erste, was mir aussiel,
u>ar unter den Lokalnotizen
die Nachricht, daß die Frau
eines Industriellen im Teich
ihres Parkes gestern abend
den Tod gesucht und gefunden
hatte. Die näheren Angaben
stimmten. Es war derselbe
Garten und derselbe Teich —
und die todtraurigen Augen
der fremden Frau, die ich ge-
liebt habe." —
Wir schwiegen beide — dann
erhob er sich unvermittelt:
»Es ist kühl geworden und
ich will allein hinuntergehen.
Gute Nacht!"
Er ging mit seinen trippeln-
den Schritten ins Dunkel, wie
immer das Haupt geneigt, als
ob seit langem eine Last auf
seinen Schultern läge, die er
auch durch diese Nacht voll
südlicher Schönheit zu tragen
hätte. Oespensler
Radierung aus einem Beethovenzyklus von Max Ludwig
D e r Jüngling
Gequält von Blut und Geist, läuft er und sucht
Erfüllung, um sich wandernd zu vollenden;
Gr greift mit unbesonnen wilden Händen
Jus Leben wie in einen Baum voll Frucht.
Doch dünkt ihm alles Leere, Lug und Flucht
blnd schal vorm Bild, das sich die Sehnsucht
wob;
Das Lied, das ihn auf goldne Berge hob,
Perhallt gedämpft wie Ruf aus tiefer Schlucht.
Er liegt im Gras, er betet: Gott, erbarme
Dich mein! Sieh her: wie bin ich, ach, allein!
Nichts ist mir Freund, nicht Tier, noch Baum,
noch Stein.
Was willst du, Welt? Du bist nicht Heim noch
Haus,
Du reißt mich täglich aus mir selbst heraus
lind wirfst mich wirrem Chaos in die Arme!
Ewald Swars.
2ang in sternloser Nacht . . .
Lang in sternloser Nacht wandl' ich und fürchte
nichts.
Fühl' es tief in der Brust, daß mir die Kraft
noch blieb,
Froh das Lichte zu ehren,
Wenn ich trüb auch und dunkel bin.
Doch du lächelst. Du brauchst ärmlichen Opfers
nicht,
Schreitest aufwärts den Pfad, den dir die
Himmlischen,
Ihrem strahlenden Liebling,
Hin zum sicheren Ziel bestimmt.
Alles Leiden erweckt, reift und begnadet tief,
Wenn es fast uns zerbricht. Siehe, du lehrtest
mich,
Wie noch edler als Liebe,
Reiner, stiller die Ehrfurcht ist.
Hermann W i n d s ch i l d.
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