Inbrunst. Marietta holte die (Beiße und spielte. Ihr liebliches Gesicht wurde
strenß und edel, mit unfaßbar weichen Beweßunßen führte sie den Büßen.
Plötzlich weinte sie. Leßte die Geiße still zur Erde nieder und weinte und
weinte. „Er ist fort," schluchzte sie tonlos, „er ist fort." Und dann erßoß sich
in das wehrlose, ßlückhafte Herzschlaßen des Bucklißen eine ßroße Qual. Er
stand wie erstarrt. Nur lanßsam begriff er. Es war die alte Geschichte; ver-
lassene Liebe und ein werdendes Leben.
„Wie war es nur mößlich," flüsterte er verzweifelt mit erloschenen
Außen. Mit unßelenken Finßern versuchte er das blonde Haar zu streicheln.
Er hätte schreien können. Was war nur das alles? War er ein Tier?
Tiere wurden ab und zu ßeschlaßen von roher Hand, aber er, er wurde mit
ßlühenden Klammern lanßsam auseinanderßepslückt, wurde zerstückelt. Es
zuckte krampfartiß um seinen Mund, der blau ßeworden war und hänßende
Lippen bekommen hatte.
Mairetta richtete sich lanßsam auf. „Es is nit so schlimm," lächelte sie
unter Tränen. „I werd's schon durchbrinßen, das Kindel. A Mordhetz
wird's ja ßeben, weil i so arm bin, aber i schaff's schon." Ihr Gesicht wurde
verklärt und holdseliß. „Ein Dirndel muß es werden, ein Dirndel," flüsterte
sie leise und leßte die Hände ineinander. Sie wurde wieder ernst. „Wie's
ßekommen is?" fraßte sie. „Nun, halt so, er wollte es und da ßeschah es.
Jrßendwo im Walde da draußen. Wissen's Beppo, es war so feierlich. Der
Himmel war ein blasser Dom und der Wald kam wie ein dunkles Lächeln
aus einer silberßrauen Dämmerstunde. Weiden standen wie betende Frauen
um uns. Die Drau hat ßerauscht wie noch nie. Alles war ein Wunder und
ein Geheimnis. Und wissen's, Beppo, i lieb's halt so, wenns so is: Daß
man nit weiß, wo die Erd' aufhört und der Himmel anfanßt. Schon als
kleines Dirndel Hab i's ßern ß'mocht, das sehr Wunderbare und Seltsame.
I bin sortßelaufen in die Nacht, wenn's ßereßnet hatt' und der Himmel
violett durch die Stämme ßeßanßen kam, i Hab' mich in fremde Stuben ver-
krochen, wo fremde Uhren tickten und Hab' ßeträumt, die Madonna käm' zu
mir herein und fänd' mich. I Hab' mir alte, zerrissene Kleiderl anßezoßen
und bin auf den Jahrmarkt ßestanden und Hab' Blümerl verkauft, bloß, weil
mir's halt Spaß ß'macht hat. Ja, und so is halt jetzt auch wieder über mich
ß'kommen. Ein bissel trauriß wars ja, ein bissel trauriß."
Sie verstummte. Der Buckliße stand schwer atmend im Zimmer. „Ich
helfe Ihnen, Fräulein Marietta," saßte er dumpf und hob die Hand hoch
wie zum Schwur. „Schlafen's halt ßut jetzt und tun's nit sorßen." Dann
ßinß er leise hinaus mit schleppenden Schritten.
Es wurde richtiß ein Mädel. Und es wurde noch mehr, es wurde eine
ßroße Not. Denn Marietta blieb schwach und elend. Sie mußte ließen und
konnte nicht arbeiten. Beppo bekam ßehetzte, unruhiße Außen. Er saß bis
tief in die Nacht und arbeitete mit hastißen Händen an seinen Schuhen. Er
bezahlte die Miete für die Dachstube und kochte kräftiße Suppen für
Marietta. Mit unsaßbarem Lächeln sah sie zu ihm auf und seine häßlichen
Hände zitterten, wenn er ihren maßeren Körper hielt und sie stützte, wäh-
rend sie aß. Er hätte verßehen können, er hätte auslöschen können, wie ein
dunkler Fleck am Boden, der im Abenddämmern verschwindet, er hätte
sterben können für Marietta.
Nur das Kind sah er nie an. Ein einziges Mal hatte er sich über den
kleinen Korb ßebeußt. Da hatte es hell ßeschrieen und Beppo hatte auf-
ßekrächzt, rauh, verzerrt, wie ein heimtückisches Tier.
Ulckcnlckc liv Walde B. Steinmetz
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strenß und edel, mit unfaßbar weichen Beweßunßen führte sie den Büßen.
Plötzlich weinte sie. Leßte die Geiße still zur Erde nieder und weinte und
weinte. „Er ist fort," schluchzte sie tonlos, „er ist fort." Und dann erßoß sich
in das wehrlose, ßlückhafte Herzschlaßen des Bucklißen eine ßroße Qual. Er
stand wie erstarrt. Nur lanßsam begriff er. Es war die alte Geschichte; ver-
lassene Liebe und ein werdendes Leben.
„Wie war es nur mößlich," flüsterte er verzweifelt mit erloschenen
Außen. Mit unßelenken Finßern versuchte er das blonde Haar zu streicheln.
Er hätte schreien können. Was war nur das alles? War er ein Tier?
Tiere wurden ab und zu ßeschlaßen von roher Hand, aber er, er wurde mit
ßlühenden Klammern lanßsam auseinanderßepslückt, wurde zerstückelt. Es
zuckte krampfartiß um seinen Mund, der blau ßeworden war und hänßende
Lippen bekommen hatte.
Mairetta richtete sich lanßsam auf. „Es is nit so schlimm," lächelte sie
unter Tränen. „I werd's schon durchbrinßen, das Kindel. A Mordhetz
wird's ja ßeben, weil i so arm bin, aber i schaff's schon." Ihr Gesicht wurde
verklärt und holdseliß. „Ein Dirndel muß es werden, ein Dirndel," flüsterte
sie leise und leßte die Hände ineinander. Sie wurde wieder ernst. „Wie's
ßekommen is?" fraßte sie. „Nun, halt so, er wollte es und da ßeschah es.
Jrßendwo im Walde da draußen. Wissen's Beppo, es war so feierlich. Der
Himmel war ein blasser Dom und der Wald kam wie ein dunkles Lächeln
aus einer silberßrauen Dämmerstunde. Weiden standen wie betende Frauen
um uns. Die Drau hat ßerauscht wie noch nie. Alles war ein Wunder und
ein Geheimnis. Und wissen's, Beppo, i lieb's halt so, wenns so is: Daß
man nit weiß, wo die Erd' aufhört und der Himmel anfanßt. Schon als
kleines Dirndel Hab i's ßern ß'mocht, das sehr Wunderbare und Seltsame.
I bin sortßelaufen in die Nacht, wenn's ßereßnet hatt' und der Himmel
violett durch die Stämme ßeßanßen kam, i Hab' mich in fremde Stuben ver-
krochen, wo fremde Uhren tickten und Hab' ßeträumt, die Madonna käm' zu
mir herein und fänd' mich. I Hab' mir alte, zerrissene Kleiderl anßezoßen
und bin auf den Jahrmarkt ßestanden und Hab' Blümerl verkauft, bloß, weil
mir's halt Spaß ß'macht hat. Ja, und so is halt jetzt auch wieder über mich
ß'kommen. Ein bissel trauriß wars ja, ein bissel trauriß."
Sie verstummte. Der Buckliße stand schwer atmend im Zimmer. „Ich
helfe Ihnen, Fräulein Marietta," saßte er dumpf und hob die Hand hoch
wie zum Schwur. „Schlafen's halt ßut jetzt und tun's nit sorßen." Dann
ßinß er leise hinaus mit schleppenden Schritten.
Es wurde richtiß ein Mädel. Und es wurde noch mehr, es wurde eine
ßroße Not. Denn Marietta blieb schwach und elend. Sie mußte ließen und
konnte nicht arbeiten. Beppo bekam ßehetzte, unruhiße Außen. Er saß bis
tief in die Nacht und arbeitete mit hastißen Händen an seinen Schuhen. Er
bezahlte die Miete für die Dachstube und kochte kräftiße Suppen für
Marietta. Mit unsaßbarem Lächeln sah sie zu ihm auf und seine häßlichen
Hände zitterten, wenn er ihren maßeren Körper hielt und sie stützte, wäh-
rend sie aß. Er hätte verßehen können, er hätte auslöschen können, wie ein
dunkler Fleck am Boden, der im Abenddämmern verschwindet, er hätte
sterben können für Marietta.
Nur das Kind sah er nie an. Ein einziges Mal hatte er sich über den
kleinen Korb ßebeußt. Da hatte es hell ßeschrieen und Beppo hatte auf-
ßekrächzt, rauh, verzerrt, wie ein heimtückisches Tier.
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