Zeichnung von Izat
Sie ihn etwa haben —?" wandte sie
sich verzweifelt-höhnisch und doch wie
in aufflackernder Hoffnung an mich.
Das kleine, täppische Tier sah mich
mit dummcklugcn Augen neugierig
an-
„Bello!" sagt' ich — und das Vieh
kam, den Stein nachschleifend, zu mir.
„Gut, ich nehme ihn!"
Inzwischen hatte Bello das halb-
geöffnete Paket beschnuppert und mit
der Pfote das zweite Bügeleisen frei-
gelegt.
„Sagten Sie nicht, Ihr Mann sei
Schneider?" fragte ich verwirrt. „Ich
habe mir da gerade ein Bügeleisen ge-
kauft, um-um mir selbst meine
Hosen aufzubügeln — —" (Sott sei
Dank, daß es nur noch eines war —).
„Aber Sie haben recht, man muß den
ortsansässigen Handwerkern zu ver-
dienen geben! Wollen wir Hund
gegen Bügeleisen tauschen?"
Die Frau sah mich kopfschüttelnd an.
Sie überlegte scheinbar, ob es nicht
doch besser sei, den Hund zu ersäufen,
als ihn einem halben oder ganzen
Narren zu geben. Aber dann rang sie
sich zu der Erkenntnis durch, daß es
auch für einen jungen Hund besser sei,
unter der Obhut eines Narren zu
leben, als gar nicht. Und ging.
-Da saß ich nun —: eines der
lebenentziehenden Bügeleisen im Was-
ser, das andere bei der Schneiders-
srau — und statt dessen umkrabbelte
mich dies zärtlich-warme, junge
Hundeleben —!
Und der Himmel war grau wie ein
räudiges Eselsfell, und es regnete —
regnete — regnete-
Liebe Jugend!
In einer süddeutschen Kreisstadt ist
eine Gewerbeaussteltung. Ein Herr-
gottsschnitzer hat auch ausgestellt.
Sein Stand übt auf die Jugend eine
solche Anziehungskraft aus, daß der
Arme in seiner Angst ausrust: „Kin-
ner geht weg vom Stand, wie der
Wind is so e Herrgettle beim Deisel".
Ein indischer Missionar,
der aus den furchtbarsten Hunger-
distrikten des englischen Kaiserreiches
kam, hielt vor einigen Jahren vor der
inzwischen verstorbenen Königin Vik-
toria und dem Prinzen von Wales
, (nachmals Eduard VII.) einen Vor-
trag. In den grellsten Farben malte
er das Unglück und Elend der Hun-
gernden. Alle Zuhörer waren tief er-
griffen, selbst der in Modesachen stets
tonangebende Prinz von Wales war
gerührt und äußerte nach dem Vor-
trag zu den Umstehenden: „D a s
Elend in Indien muß ganz
schrecklich sein, der Missio-
nar scheint nicht einmal
einen Hosenträger zu be-
sitzen, wenigstens war das
eine Hosenbein viel länger
als das andere!"
-R-
F r e m d e n f a t f o tt 19 2 6
Zur Sintflut führt demnächst die Ueberschwemmung.
Aus Angst davor und seelischer Beklemmung
Verläßt das Volk den niedrigen Bezirk
Und wandert vorsichtshalber ins Gebirg.
Aus diesem Grunde wimmelt's dort von Fremden
In kurzer Wichs und in gescherten Hemden. —
Ich ziehe diese Tracht den andern vor:
Das Wasser schießt so schön durch's Hosenrohr!
Der Preuße zeigt sein Knickerbockers-Monstrum.
Der Sachse schleppt sein eh'liches Gesponst rum.
Und eifert mit dem Schwaben um die Wett',
Wer wohl iin Reich die — schönste Sprache hält'.
Im Hochgebirge herrscht ein wüstes Treiben:
Man feiert Orgien im — Kegelscheiben!
Sofern man nicht im Bette liegt, durchnäßt
Und seine letzte Hose trocknen läßt!
Doch, da die Wasser schon am Bergsuß lutschen,
So kommt vielleicht das Hochgebirg ins Rutschen.
Drum fordern, voll im Rechte, Mann und Frau,
Daß man zur Vorsicht eine Arche bau'.
Von unfern vierundzwanzig Reichsparteieu
Soll je ein Paar sich in den Kasten reihen,
Dazu das Viehzeug, wie es paarweis' laust,
Damit das Deutsche Reich nicht jäh ersauft!
Beda Hafen
Redensarten V
Zeichnung von I-r. Heuhner
„Jessas, a Haifisch — da heißt's — sich aus dem
Staube machen."
„O fein, — da woll'n ma mal aus dem „Vollen"
schöpfen.
Sie ihn etwa haben —?" wandte sie
sich verzweifelt-höhnisch und doch wie
in aufflackernder Hoffnung an mich.
Das kleine, täppische Tier sah mich
mit dummcklugcn Augen neugierig
an-
„Bello!" sagt' ich — und das Vieh
kam, den Stein nachschleifend, zu mir.
„Gut, ich nehme ihn!"
Inzwischen hatte Bello das halb-
geöffnete Paket beschnuppert und mit
der Pfote das zweite Bügeleisen frei-
gelegt.
„Sagten Sie nicht, Ihr Mann sei
Schneider?" fragte ich verwirrt. „Ich
habe mir da gerade ein Bügeleisen ge-
kauft, um-um mir selbst meine
Hosen aufzubügeln — —" (Sott sei
Dank, daß es nur noch eines war —).
„Aber Sie haben recht, man muß den
ortsansässigen Handwerkern zu ver-
dienen geben! Wollen wir Hund
gegen Bügeleisen tauschen?"
Die Frau sah mich kopfschüttelnd an.
Sie überlegte scheinbar, ob es nicht
doch besser sei, den Hund zu ersäufen,
als ihn einem halben oder ganzen
Narren zu geben. Aber dann rang sie
sich zu der Erkenntnis durch, daß es
auch für einen jungen Hund besser sei,
unter der Obhut eines Narren zu
leben, als gar nicht. Und ging.
-Da saß ich nun —: eines der
lebenentziehenden Bügeleisen im Was-
ser, das andere bei der Schneiders-
srau — und statt dessen umkrabbelte
mich dies zärtlich-warme, junge
Hundeleben —!
Und der Himmel war grau wie ein
räudiges Eselsfell, und es regnete —
regnete — regnete-
Liebe Jugend!
In einer süddeutschen Kreisstadt ist
eine Gewerbeaussteltung. Ein Herr-
gottsschnitzer hat auch ausgestellt.
Sein Stand übt auf die Jugend eine
solche Anziehungskraft aus, daß der
Arme in seiner Angst ausrust: „Kin-
ner geht weg vom Stand, wie der
Wind is so e Herrgettle beim Deisel".
Ein indischer Missionar,
der aus den furchtbarsten Hunger-
distrikten des englischen Kaiserreiches
kam, hielt vor einigen Jahren vor der
inzwischen verstorbenen Königin Vik-
toria und dem Prinzen von Wales
, (nachmals Eduard VII.) einen Vor-
trag. In den grellsten Farben malte
er das Unglück und Elend der Hun-
gernden. Alle Zuhörer waren tief er-
griffen, selbst der in Modesachen stets
tonangebende Prinz von Wales war
gerührt und äußerte nach dem Vor-
trag zu den Umstehenden: „D a s
Elend in Indien muß ganz
schrecklich sein, der Missio-
nar scheint nicht einmal
einen Hosenträger zu be-
sitzen, wenigstens war das
eine Hosenbein viel länger
als das andere!"
-R-
F r e m d e n f a t f o tt 19 2 6
Zur Sintflut führt demnächst die Ueberschwemmung.
Aus Angst davor und seelischer Beklemmung
Verläßt das Volk den niedrigen Bezirk
Und wandert vorsichtshalber ins Gebirg.
Aus diesem Grunde wimmelt's dort von Fremden
In kurzer Wichs und in gescherten Hemden. —
Ich ziehe diese Tracht den andern vor:
Das Wasser schießt so schön durch's Hosenrohr!
Der Preuße zeigt sein Knickerbockers-Monstrum.
Der Sachse schleppt sein eh'liches Gesponst rum.
Und eifert mit dem Schwaben um die Wett',
Wer wohl iin Reich die — schönste Sprache hält'.
Im Hochgebirge herrscht ein wüstes Treiben:
Man feiert Orgien im — Kegelscheiben!
Sofern man nicht im Bette liegt, durchnäßt
Und seine letzte Hose trocknen läßt!
Doch, da die Wasser schon am Bergsuß lutschen,
So kommt vielleicht das Hochgebirg ins Rutschen.
Drum fordern, voll im Rechte, Mann und Frau,
Daß man zur Vorsicht eine Arche bau'.
Von unfern vierundzwanzig Reichsparteieu
Soll je ein Paar sich in den Kasten reihen,
Dazu das Viehzeug, wie es paarweis' laust,
Damit das Deutsche Reich nicht jäh ersauft!
Beda Hafen
Redensarten V
Zeichnung von I-r. Heuhner
„Jessas, a Haifisch — da heißt's — sich aus dem
Staube machen."
„O fein, — da woll'n ma mal aus dem „Vollen"
schöpfen.