Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Zeichnung von E. Senft

Der „Absall-Schuhmann".

„Zündhölzer, junger Mann, kommen da ob'n
net!"

Das Liegen auf den Bärenhäuten unterliegt
der polizeilichen Regelung."

Diese Bäume und diese Inschriften sind die
höchsten Heiligtümer der Germanen. An der
Spitze eines jeden Stammes steht ein Mann, den
sie den Polizeipräsidenten nennen. Er genießt
göttliche Verehrung. In Wallhalla wird sein Sitz
neben Wodan sein. st.

Rettet das Schamgefühl

Die Polizeidirektion München hat einen
ganzen Stoß neuer Polizeivorschriften
über den Gebrauch von Badeanstalten
und Badestätten erlassen.

In diesen ist natürlich auch das Ver-
bot enthalten, in Badeanstalten und Bade-
stätten zu photographieren und zu zeichnen.
Und das mit Recht. Wir glauben, daß
dieses Verbot doch nur ein Anfang sein
kann. Wenn man schon dem unsittlichen
Zuge der Zeit folgend, das leidige Baden
im Freien und in Gegenwart anderer so-
gar anders geschlechtlicher Personen ge-
statten mußte, so soll doch nicht noch
durch das Bild dieser Unsitte Vorschub
geleistet und die Mangelhaftigkeit unserer
Körper in die breite Oefsentlichkeit getra-
gen werden. Es ist zu erwarten, daß
endlich das Baden im Freien nur mit
einer dichtschließenden schwarzen Binde
vor den Augen gestattet wird.

P. P-

Dorindgen

Zwischen Püschen! Klee und Hekken!
wo ncrbottnc Beeren schmükken!
führt cyn streng verbottner Pssad
in cyn ohn-vertäubtes Bad.

Ticht darneben draumt Dorindgen!
das vcrtihbtc Zokkcr-Kindgen
unter eyncin Lindcn-Baum
rynen ohn-vertäubten Draum.

Itzt! so schlcych ich mich pir Mzged! l
da mir solches unter-sagct!
und ich küss sie hcytz und scharff!
weyl ich sic nicht küssen darff!

Und die Mutter! so sie ehret!
hat ihr dctto hartt ver-weheret!
datz he rynen wihder-kützt!
drümb! so hat sic üihs gemüht!

Und das Bad! vom Laub beschattet!
das war dorchauh ohn-vcrstattct!
drümb! so stihgrn wir mit Fleyh
in das nasse Baradcytz!

Sprach das Kindgcn unter Lachen
über die ver-bottncn Sachen:
man cs nicht vrr-botten war!
gab es kcyne Lihbe mehr!

Beda Hafen

Freien Maulkorb dem
Tüchtigen

Eine entsetzliche Gefahr droht dem vereinigten
Muckertum: die Gefahr, daß das geplante Reichs-
zensurgesetz „zum Schutze der Jugend vor
Schund und Schmutz" tatsächlich zum Schutze der
Jugend vor wirklichem Schund und Schmutz
angewandt werden könnte! Und dann wäre ja der
ganze Zweck der Uebung verfehlt! Auf so einGesetz
pfeift Pater Filuzius! Nein, das Deckmäntel-
chen „Schutz der Jugend vor Schund und
Schmutz" ist zwar allerliebst gewoben, aber
seinen wahren Zweck kann das Gesetz nur er-
füllen, wenn man 'die Begriffe „Schund und
Schmutz" richtig auslegt. Professor Hirnweich,
der berühmte Sachverständige in Kastratologie,
hat sich der mühsamen Aufgabe unterzogen, bin-
dende Leitsätze für die Anwendung des Gesetzes
aufzustellen. Hier sind sie:

1. Schund ist alles, was von selbständigem
Denken zeugt.

2. Schund ist alles, was den rechtsradikalen
Politikern oder dem Zentrum nicht in den
Kram paßt.

3. Schund sind überhaupt alle Schriftwerke,
die, statt einem gesunden Rückschritt zu
dienen, infamerweise geeignet sind, den
Gesichtskreis des Lesers zu erweitern.

4. Schmutz ist alles, was mit der geheiligten
Lehre vom Klapperstorch im Widerspruch
steht.

5. Schmutz ist alles, was sich zwischen Fuß-
sohle und Hut befindet.

6. Schmutz ist alles, was über das Wollen
und Können eines Eunuchen geht.

7. Schmutz ist überhaupt alles, was natürlich,
gesund und lebensstark ist.

Professor Hirnweich und seine Kampfgenossen

hoffen dringend, daß diese Leitsätze Gesetzeskraft
erhalten. Den Dichtern, Schriftstellern, Malern
und verwandten Bazi aber bleibt die tröstende
Gewißheit, daß laut Reichsverfassung die Zensur
in Deutschland abgeschafst ist...

K a r l ch e n.

Das Verbot auf dem 00

In unserer Penne war strengstes Gebot, wäh-
rend der Pause die Schulzimmer zu räumen.
Im Hofe und auf den Korridoren herrschte
strenge Kontrolle. Wohin also flüchten, um für
die nächste Stunde die „Hausaufgabe" verspätet
zu präparieren? Wir flüchteten mit Horaz und
der Grammatik in eines der verschließbaren
Kämmerchen.

Der Dierex grübelte, wie er diesem Unfug
steuern könnte. Eines Tages hing in jedem der
Zufluchtsörtchen ein Anschlag:

„Das Benützen von Schulbüchern ist hier
strengstens untersagt!"

Ri-Ri.

Die Hofen-Mode

(Eine wahre Geschichte.)

In Garmisch haben manche Damen peinliches
Aufsehen erregt, weil sie die Sportshosen auch
beim Fünf-Uhr-Tee-Tanz-Sport trugen. Und
beim Pousfier-Sport auf dem Marktplatz. Auch
beim Bridge-Sport in der Hotel-Halle. Und
schließlich auch beim Kirchenbesuch.

Die Garmischer haben gemurrt. Und sie haben
versucht, sich zu wehren. So gut wie man sich
eben wehren kann, wenn der Fremdenverkehr
auf dem Spiele steht. Auf die Behörde, zum
Beispiel, da durften s' nicht, die Damen in der
Sport-Maschkara. Der Herr Bezirksamtmann
verbat sichs und verbot es, und er ließ vom Ge-
meindediener ein Plakat anfertigen und vor die
Tür nageln.

Da hing es nun schon zwei Stunden, und
mancher las es und mußte lachen. Und weil des
Humors im Bezirksamt gar kein Ende mehr
wurde, ging der Herr Bezirksamtmann vor die
Tür und schaute sich das Plakat mal an, das
sein Faktotum verfaßt und angenagelt. Und er
las:

„Damen, die wo Hosen anhabn, ist
der Eintritt verboten!"

Ri-Ri.

Zeichnung von Jos. Geis

Was verboten sein sollte:

Der Etonkopf für Damen über 2 Zentner.

614
Index
Ri-Ri: Die Hosen-Mode
Ri-Ri: Das Verbot auf dem 00
P. P.: Rettet das Schamgefühl
Josef Geis: Was verboten sein sollte:
E. Senft: Der Abfall-Schutzmann
Karlchen: Freien Maulkorb dem Tüchtigen
Beda Hafen: Dorindgen
 
Annotationen