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Zeichnung von Fr. Heubner

Teilanfnahme zu dem Kulturfilm „Gott im Zorn“

„Jetzt warten wir off die Lawine schon 5 Stunden, ich meine, diese blöde Gans is doch schließlich noch
lange keen Film-Star."

lieh ein? Hat der liebe Gott die
Menschen und besonders die Direk-
toren zum Rutschen auf einem eisen-
beschlagenen Brett geschaffen? Zu
seinem Ebenbilde hat er sie geschaf-
fen, aber wie konnte man Liffy und
dem verrückten Vabanquesahrer das
bei dem Tempo klarmachen?

Jetzt kam eine Kurve, Herr
Humbler erinnerte sich nicht, jemals
so wagerecht, geradezu quergesiellt,
gegen Gotteg herrliche Natur sich
weiterbewegt zu haben. Er wollte eS
auch ganz gewiß nicht wieder tun.
Gab eg denn hier keine Vierrad-
bremse und keine Verkehrsordnung
gegen zu schnelles Fahren? Natür-
lich wieder mal kein Schutzmann weit
und breit. Jetzt siogen sie durch den
Tannenwald, und die Tannen war-
fen ihre Schneelast von den Zweigen,
warfen sie zielsicher gerade zwischen
Herrn Direktor Humbler und dessen
lächerlichen Pullover hinten in den
Hals hinein, wodurch sich ein Bach
seinen Rücken entlang ergoß bis
dahin, wo Herr Humbler und das
Sihbrett zusammenstießen.

RODELSPORT

Der Rodel ist ein Wintersportartikel

Und funktioniert als Schneebahnrutschvehikel.

Er macht die jugendliche Menschheit froh.

Jedoch im — Anschluß nur an den Po ..

Doch lockert der Zusammenhang der zwei sich
So wirkt der Umstand auf den einen eisig;
Auch fühlt er einen starken -Trennungsschmerz.—
Der andre ist aus Holz und ohne Herz!

Man setzt sich paarweis’ gerne drauf und minnig.-
Doch ist das Rutschvehikel eigensinnig:

Es sucht die Bahn aus, die es selber will
Und hält auf einen Anruf niemals still I

Doch ist der Rodler künstlerisch veranlagt!
Wenn er in kühnem Schwung sich aus der Bahn

wagt:

Was macht er doch für Plastiken im Schnee
So eindrucksvoll in Form und Linie!!

E n t e r i ch

Er sah nicht rechts, er sah nicht
links, er stierte nur vor sich hin,
gerade aus die Stelle, wo aus der
Wolle die wertvolle Perlenkette an
Liffys Hals hervorleuchtete.

Zu Hause wollte er es ihr schon
sagen, daß man Perlenketten nicht
zu solchen Kindereien mitnimmt. Zu
Hause? Ob er jemals wieder nach
Hause käme? Ja, das ist der weiße
Tod, von dem man bisweilen unter
„Vermischtes" in der Zeitung las.

Und jetzt? Warum fuhr denn die-
ser Chauffeur so einen Zickzackkurs?
„Mensch, passen Sie doch ..."

„Liffy, Liffy," rief eine dunkle
Stimme.

„Ja, komm doch endlich raus!"

„Woraus denn? Wo ist denn
oben?"

Man hielt ihm ja die Beine fest
und zog ihn abwärts.

Nein, man zog den Herrn Direktor
nicht abwärts, sondern mit den
Beinen nach oben aus dem Schnee,
in den er wie ein Torpedo, mit dem
Kopfe voran, gefahren war.

Herr Humbler sah aus wie der
leibhaftige Amundsen.

Herr von Karwenöel bemühte sich
um die Herrschaften. „Kleiner Un-
fall, macht gar nichts, Bahn war
etwas verharscht, die gnädige Frau
hat versehentlich zu stark an meinem
rechten Arm gezogen. Das nächste-
mal ..."

„Was, nächstes Mal? Nie wieder
Krieg," klang es da aus der Walze,
„Herr, ich bin ein Finanzmann, ein
ernster Mensch, und den schmeißt
man nicht wie einen alten Stiesel in
der Gegend herum."

Die drei rutschten durch den Schnee
ins Hotel, wobei Herr Direktor
Humbler durchaus kein Interesse
mehr für die ewigen Berge bekundete,
die jetzt im hellsten Sonnenschein
lagen. Auch Liffy war etwas klein-
laut, da ihr die sieifgefrorene Lrepv-
clo-Oliine-Kombination wie ein Pan-
zer um die Hüften klirrte, was keine
Dame gern hat.

Im Hotel wurde das Ehepaar
mit Hilfe der Zentralheizung, einer
Wärm- und einer Kognakflasche auf-
getaut.

Als Liffy schon ziemlich weich ge-
worden war, rief sie plötzlich: „Um
Gottes willen, meine Perlenkette!"

Die Perlenkette war fort.

Herr von Karwendel mußte wissen,
wo sie war, denn Liffy erinnerte sich,
daß der Sportsmann bei dem Unfall
mit einer Hand in ihren Halsaus-
schnitt geraten war. Da mußte er an
der Perlenkette vorbeigekommen f""'

Aber Herr von Karwendel
auch fort. Er war mit dem ?'
zug plötzlich abgereifl, da er
einem anderen Sportplatz ne
im Bobfahren holen wollte

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Register
Friedrich (Fritz) Heubner: Teilaufnahme zu dem Kulturfilm "Gott im Zorn"
Enterich: Rodelsport
 
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