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verkroch sich vor Angst hinter
ein Stempelkissen und leckte in
seinem Schmerz die blaue
Stempelfarbe ab. Einem Kol-
legen, welcher Emil hierüber
Vorwürfe machte und ihn zu
hänseln versuchte, schlug er
mit einem Zeichenbrett so in-
tensiv aus den Kopf, daß
letzterer zwischen den Schul-
terblättern verschwand. Mit
Hilfe eines PrcßluftvecfahrenS brachte man ihn wieder zum Vorschein.
Als sein Chef ihn auf sein unkollegiales Verhalten aufmerksam machte,
warf ihm Emil den Geldschrank ins Kreuz.

Am Abend dieses ereignisvollcn Tages saß Emil in der Tobzelle des
Gefängnisses, nachdem er unterwegs noch einen Schutzmann zwischen
seinen Händen zu Schnupftabak zerrieben hatte. In der Nacht nahm
er in seiner Verzweiflung zwei Prisen aus einmal. Da bemächtigte sich
seiner ein wahnsinniger Schaffensdrang, er drückte die Außenwand
des Gefängnisses ein, warf die beiden Wärter auf das Dach und

flüchtete in entlegene Wälder. Hier riß er Bäume aus, baute sich
daraus eine Hütte und beschloß, von der letzten Flasche des Goliath-
SalzeS sein Leben zu. fristen. Eines Tages nahm er wieder aus
Versehen eine doppelte Prise. Da erfaßte ihn eine ungeheuerliche
Betätigungswut und unbändige Kräfte durchrieselten ihn. In seiner
Not sing er mit sich selbst Sreit an, der in einem wüsten Boxkampf
endigte. Im dritten Gang versetzte er sich einen mächtigen Kinnhaken,
dem im siebenten ein furchtbarer Knock out folgte.

Da keine Hilfe zur Stelle war, starb Emil.

Ein Professor der Botanik, der auf der Suche
nach Stinkmorcheln war und der über einen
Forschungsauftrag, den er von der Regierung
erhalten hatte, grübelte, fand schließlich seine
Leiche, die in der linken Hand noch die leere
Flasche mit der Aufschrift „Goliath-Salz" um-
krampfte. Da der Professor sehr kurzsichtig
war, so glaubte er, er habe ein besonders wert-
volles Stinkmorchel-Exemplar vor sich. Er steckte
Emil in seinen Sack, preßte ihn zu Hause und
klebte ihn schließlich in ein Herbarium.

«EH DICHTER HANKS
VON filllIPPKNBERG

Dir wuchs im Lenz schon Lorbeer ums Haupt;
Den hat kein Sommer, kein Herbst geraubt.
Und zauste auch mancher an deinem Kranz:
Die grüne Krone blieb frisch und ganz!

Du trugst sie würdig, du trugst sie bewußt
In aufrechtem Gang, mit gehobener Brust,
Die Stirne den Sternen zugekehrt,

Den Sternen, die dir das — Glück verwehrt!

Du konntest lachen, wie keiner lacht
Im Kreis der Freunde bis in die Nacht
Bei Spiel und Scherz und lustigem Streit
In göttlicher Ausgelassenheit!

Scher enschniit von E. Wilke

ZUM SECHZIGSTEN
GEBURTSTAG (4. DEZ.)

Du konntest sinnen, wie keiner sann,

Wenn der Morgen begann, derTag verrann,
Dich sah die Mitternacht über dem Pult
Die Feder noch führen in harter Geduld!

Du hist durch alle Welten gestürmt,

Du hast uns Werke auf Werke getürmt.
Und schreitest heute einsam und stumm,
Den Weg zum Ziele und schaust dich nicht um!

Wenn auch die Sterne dir feindlich sind
Und die Augen des Tages kalt und blind:
Dein Lorbeer windet sich unentlaubt
Und immergrün um dein Dichterhaupt!

Beda Hafen

WELCHEN MANN TRÄGT MAN WANN?

(z ii nebenstehenden Bildern o o n M « f Schwarzer)

I.

Zur kurzen sportlichen Pelzjacke trägt man am besten den
trainierten Sportsmann, wobei man dem ausgesprochenen
Boxertyp unbedingt den Vorzug gibt. Ganz unmöglich
ist für diesen Zweck der geistgeschwängerte Künstlertyp,

2.

welcher jedoch zur Unterstreichung der phantastischen Note
öeS individuell gewählten TeegownS von vielen Damen
auch heute noch gern gewählt wird. Der intellektuelle
Hornbrillentyp ist zurzeit sehr beliebt.

3-

Beim großen Abendkleid wird die Tiefe des Dekolletes
nicht unwesentlich durch den seriösen Herrn in reiferen
Jahren gehoben. Besonders in kleinerem vollen Format
gewählt, wirkt die modische schlanke Silhouette dadurch
erst vorbildlich elegant.

4-

Zum pikanten Tanzkleid ist der junge Gent mit kleinem
Kops und entgegengesetzt ausgebildeten unteren Extremi-
täten für die Dame von Geschmack unerläßlich. Der ideale
Mangel an Gehirnsubstanz verhindert jede überflüssige
Hntcrhaltung und Ablenkung vom Tanz, der ja ihre Robe
erst voll zur Geltung bringen soll.

3-

Verhältnismäßig wenig wird der eigene Gatte getragen,
da er höchst selten zu der beliebten Linie paßt. Zum be-
guemen Pyjama, zum leichten Hauskleid findet er jedoch
auch hin und wieder 2J*-r ng. Daß er bei dieser Gelegenheit
mit einigen Säb' mgen bekannt gemacht werden

kann, läßt da. llose Bild in milderem Lichte

neu.

990
Register
Guga: Illustration zum Text "Das Goliath-Salz"
Beda Hafen: Dem Dichter Hanns von Gumppenberg zum sechzigsten Geburtstag
Erich Wilke: Scherenschnitt
[nicht signierter Beitrag]: Welchen Mann trägt man wann?
 
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