HALTET IHN!
Als man sah den Franken kranken,
immer tiefer abwärts wanken,
kricgtenS freilich die Franzosen
mit der Todesangst und schrie n:
„Hilfe! Hilfe! Fangt n! Aufn!
Laßt ihn nicht so weiter laufen!
Sonst geht alles in die Hofen!
Haltet ihn!"
Da, als wäre nichts geschehen,
blieb er ganz von selber stehen;
und man stieg zu ihm hinunter —
und Poincarö erschien,
fand ihn ziemlich wohl und munter
und beschick» die Angst-Bciuütztcn:
„Er erholt sich. Hebt'n! Stützt::!
Haltet ihn!"
Plötzlich aber, Donnerwetter,
fängt er ein Emporgeklettcr
an wie der Fassadenmaxe —
und ist windgeschwind dahin;
und nun schrei'n die Pleitophoben
wieder unten (weil er oben!)
mit gelungner Hand und Haxe:
„H a l t e t ihn!"
Ja, das ist nicht leicht, ihr Lcntl,
uut den Fäusten fest den Beutel
und z u g l e i ch den Dieb zu halten!
Wollt ihr nicht die Hände ziehn
endlich aus den vollen Taschen,
werdet ihr ihn nie erhaschen
nur mit eurem schnell verhallten
„H a l t c t ihn!"
A. De Nora
MÄDEL, MÄDEL!
Es fuß ein Mädchen nnf einer Bank,
War nicht zn üppig, war nicht zu schlank,
Ein lieber Kerl! Hab' sic gleich erkannt:
„Die Republik" ist sie genannt.
Da kain vorbei, astniathischen Schritts,
Oer alte Erbgras von Schnitzelpitz,
Schnarrte „hm, äh" in blasierten: Ton,
„Aeh, wer ist denn — hin — diese Person?"
Da sprang das Mädel vom Sitze sie.
Machte seinen crstcrbcndsteu Knix,
Wurde rot bis hinter die Ohren:
„Bitte, verzcihn Sie, daß ich geboren!"
Kanin saß sie wieder, da nahte ihr
Ein früherer Unteroffizier,
Zwirbelt den Schnurrbart kühn and verwegen,
Oer Kaiser von China ist gar nichts dagegen.
Hui, sprang da das Mädel vom Sitz,
Faktisch wie ein geölter Blitz,
Legte die Hände strannn an den Rock,
Stand so steif wie ein Ladestock.
lind ihr Herzchen klopft' so gepreßt,
Als hätte sic Angst vor Mittclarrest,
Jener aber knurrte erhaben:
„Oct wollt'k mir ooch ansjcbcten haben!"
Da trat ich selber lächelnd hinzu.
Habe mich neben sic hingesctzt.
Sagte: „Du liebdummce Mädel dic.
Wenn du doch nur mehr Rückgrat hüttst!!
Lasse das Wedeln vor rnorfchen Kolossen,
Spare dir endlich dic»Narrcusposse»,
Schaue nicht rückwärts nur immerzu,
Schau' in die Zukunft, du Oummerl du.
Sei nicht so blöde und zimperlich,
Donnerwetter, denk': Ich bin Ich!
Bist ja so kräftig an Seele »nd Leib!
Spiel' nicht den Backfisch! Erwache zum Weib!"
K a r l ch c n
Zeichnung von R, Grieß
Weihncichtsstiminuiig.
Ekelhaft, diese deutsche Sentimentalität! Alles
ist über Weihnachten nach Hause gefahren und kein
Mensch ist da, der einem zwanzig Mark pumpen
könnte.
DIE ZEITLUPE
Schnelle Hilfe für den Bauchtanz.
Oer türkische Minister des Innern hat auf Be-
fehl Kcmal Paschas de» Bauchtanz in der Türkei
strengstens verboten. Das Verbot gilt den: Bauch-
tanz in jeder Form, sowohl öffentlich wie im
trauten Familienkreise.
Der Orient beraubt sich daniit freiwillig einer
seiner Hauptsehenswürdigkeiten und Attraktionen
für die Mitglieder aller europäischen und ameri-
kanischen Reisegesellschaften. Hat der Fremdcnvcr-
kehrsvcrcin von Angora da kein ernstes
Wörtchen inikzuredcn gehabt?
Oie Psticht Europas ist cs, dieses
alte Kulturgut echt türkischer Volkheit
auf unseren Boden herüberzuretten. Wir
wollen in europäischen Ballsälcn dem
Bauchtanz einen Platz unter unserem
Herzen gewähren, aus daß durch ihn ein
jetzt durch eine widernatürliche Ncode ver-
nachlässtgter und entstellter Körperteil
wieder zu Ansehen und Fülle gelangt.
Die neue Wohnung.
Heiratslustige haben cs heute leicht mit
der Beschaffung des Mobiliars. Früher,
0a brauchte man Büfetts, Ilmbausofas,
Schreibtische und anderes gewichtiges
Eichenmöbel. Nichts davon ist geblie-
ben, wie stch jeder bei einen: modernen
Innenarchitekten überzeugen kann.
Man geht einfach in einen Blumen-
laden, kauft stch zwei Kakteen und einen
Gummibaum und verteilt diese drei
botanischen Möbel stilgerecht auf den:
Fußboden seiner Wohnung. Bilder an
dic Wand zu hängen entspricht ungefähr
der Verwendung von Häkcldcckchcn auf
Plüschsofas.
Fügt man den drei Pflanzen noch
einen Radioapparat und ein Grammo-
phon hinzu, entsteht die neue Sachlich-
keit des Wohnens. Fleißiges Begießen
des Gummibaums und Aufziehen des
Grammophons kann die Dame des
Hauses leicht ohne Dienstboten bewerk-
stelligen. Peter Pius,
BRAUTFAHRT OHNE
RÜCKFAHRKARTE
In Australien herrscht ein empfind-
licher Fraucnmangcl. Oie englische Re-
gierung hat sich daher entschlossen,
heiratsfähigen Engländerinnen Gratis-
Hinfahrtkartcn.für Australien anzubic-
rcn, jedoch keine Rückfahrkarten. Oie
Losung heißt also: „Verloben oder
Fahrkarte bezahlen!"
Ein sanfter Zwang, um die Damen
in den Hafen der Ehe zu lotsen! Es
werden ihm diejenigen umso williger
folgen, die in der Heimat nicht das
Glück hatten, ihren Namen bei der
Ehchafcnbehördc als angclangt melden
zu können. Die Australier werden also
ob dieser Schiffsladungen voll holder
Weiblichkeit in: großen und ganzen nicht
zu beneiden sein. Sic sollen gezwungen
werden, das Danaergeschenk, da» ihnen
die Regierung da gratis und franko
schickt, einzustecken, alldieweil dic Rück-
fracht auf eigene Kosten der Nutzlast
gehen soll. Diese wird sich aber natür-
lich hüten, in die eigene Tasche zu grei-
fen und wird sich weigern, dic Rückfahrt
zu bezahlen. Was aber dann? Na,
wahrscheinlich werden die Männer, dic
„das Paffende" nicht gefunden haben,
freudig einspringcn und das Dilemma
„Verloben oder Fahrkarte bezahlen!"
auf sich beziehen und zahlen. T.
Zeichnung von R. Rost
Mutti, kauf mir den Rauschengel, ich will ihm einen Bubi-
kopf und kniefreien Rock schneiden.
1012
Als man sah den Franken kranken,
immer tiefer abwärts wanken,
kricgtenS freilich die Franzosen
mit der Todesangst und schrie n:
„Hilfe! Hilfe! Fangt n! Aufn!
Laßt ihn nicht so weiter laufen!
Sonst geht alles in die Hofen!
Haltet ihn!"
Da, als wäre nichts geschehen,
blieb er ganz von selber stehen;
und man stieg zu ihm hinunter —
und Poincarö erschien,
fand ihn ziemlich wohl und munter
und beschick» die Angst-Bciuütztcn:
„Er erholt sich. Hebt'n! Stützt::!
Haltet ihn!"
Plötzlich aber, Donnerwetter,
fängt er ein Emporgeklettcr
an wie der Fassadenmaxe —
und ist windgeschwind dahin;
und nun schrei'n die Pleitophoben
wieder unten (weil er oben!)
mit gelungner Hand und Haxe:
„H a l t e t ihn!"
Ja, das ist nicht leicht, ihr Lcntl,
uut den Fäusten fest den Beutel
und z u g l e i ch den Dieb zu halten!
Wollt ihr nicht die Hände ziehn
endlich aus den vollen Taschen,
werdet ihr ihn nie erhaschen
nur mit eurem schnell verhallten
„H a l t c t ihn!"
A. De Nora
MÄDEL, MÄDEL!
Es fuß ein Mädchen nnf einer Bank,
War nicht zn üppig, war nicht zu schlank,
Ein lieber Kerl! Hab' sic gleich erkannt:
„Die Republik" ist sie genannt.
Da kain vorbei, astniathischen Schritts,
Oer alte Erbgras von Schnitzelpitz,
Schnarrte „hm, äh" in blasierten: Ton,
„Aeh, wer ist denn — hin — diese Person?"
Da sprang das Mädel vom Sitze sie.
Machte seinen crstcrbcndsteu Knix,
Wurde rot bis hinter die Ohren:
„Bitte, verzcihn Sie, daß ich geboren!"
Kanin saß sie wieder, da nahte ihr
Ein früherer Unteroffizier,
Zwirbelt den Schnurrbart kühn and verwegen,
Oer Kaiser von China ist gar nichts dagegen.
Hui, sprang da das Mädel vom Sitz,
Faktisch wie ein geölter Blitz,
Legte die Hände strannn an den Rock,
Stand so steif wie ein Ladestock.
lind ihr Herzchen klopft' so gepreßt,
Als hätte sic Angst vor Mittclarrest,
Jener aber knurrte erhaben:
„Oct wollt'k mir ooch ansjcbcten haben!"
Da trat ich selber lächelnd hinzu.
Habe mich neben sic hingesctzt.
Sagte: „Du liebdummce Mädel dic.
Wenn du doch nur mehr Rückgrat hüttst!!
Lasse das Wedeln vor rnorfchen Kolossen,
Spare dir endlich dic»Narrcusposse»,
Schaue nicht rückwärts nur immerzu,
Schau' in die Zukunft, du Oummerl du.
Sei nicht so blöde und zimperlich,
Donnerwetter, denk': Ich bin Ich!
Bist ja so kräftig an Seele »nd Leib!
Spiel' nicht den Backfisch! Erwache zum Weib!"
K a r l ch c n
Zeichnung von R, Grieß
Weihncichtsstiminuiig.
Ekelhaft, diese deutsche Sentimentalität! Alles
ist über Weihnachten nach Hause gefahren und kein
Mensch ist da, der einem zwanzig Mark pumpen
könnte.
DIE ZEITLUPE
Schnelle Hilfe für den Bauchtanz.
Oer türkische Minister des Innern hat auf Be-
fehl Kcmal Paschas de» Bauchtanz in der Türkei
strengstens verboten. Das Verbot gilt den: Bauch-
tanz in jeder Form, sowohl öffentlich wie im
trauten Familienkreise.
Der Orient beraubt sich daniit freiwillig einer
seiner Hauptsehenswürdigkeiten und Attraktionen
für die Mitglieder aller europäischen und ameri-
kanischen Reisegesellschaften. Hat der Fremdcnvcr-
kehrsvcrcin von Angora da kein ernstes
Wörtchen inikzuredcn gehabt?
Oie Psticht Europas ist cs, dieses
alte Kulturgut echt türkischer Volkheit
auf unseren Boden herüberzuretten. Wir
wollen in europäischen Ballsälcn dem
Bauchtanz einen Platz unter unserem
Herzen gewähren, aus daß durch ihn ein
jetzt durch eine widernatürliche Ncode ver-
nachlässtgter und entstellter Körperteil
wieder zu Ansehen und Fülle gelangt.
Die neue Wohnung.
Heiratslustige haben cs heute leicht mit
der Beschaffung des Mobiliars. Früher,
0a brauchte man Büfetts, Ilmbausofas,
Schreibtische und anderes gewichtiges
Eichenmöbel. Nichts davon ist geblie-
ben, wie stch jeder bei einen: modernen
Innenarchitekten überzeugen kann.
Man geht einfach in einen Blumen-
laden, kauft stch zwei Kakteen und einen
Gummibaum und verteilt diese drei
botanischen Möbel stilgerecht auf den:
Fußboden seiner Wohnung. Bilder an
dic Wand zu hängen entspricht ungefähr
der Verwendung von Häkcldcckchcn auf
Plüschsofas.
Fügt man den drei Pflanzen noch
einen Radioapparat und ein Grammo-
phon hinzu, entsteht die neue Sachlich-
keit des Wohnens. Fleißiges Begießen
des Gummibaums und Aufziehen des
Grammophons kann die Dame des
Hauses leicht ohne Dienstboten bewerk-
stelligen. Peter Pius,
BRAUTFAHRT OHNE
RÜCKFAHRKARTE
In Australien herrscht ein empfind-
licher Fraucnmangcl. Oie englische Re-
gierung hat sich daher entschlossen,
heiratsfähigen Engländerinnen Gratis-
Hinfahrtkartcn.für Australien anzubic-
rcn, jedoch keine Rückfahrkarten. Oie
Losung heißt also: „Verloben oder
Fahrkarte bezahlen!"
Ein sanfter Zwang, um die Damen
in den Hafen der Ehe zu lotsen! Es
werden ihm diejenigen umso williger
folgen, die in der Heimat nicht das
Glück hatten, ihren Namen bei der
Ehchafcnbehördc als angclangt melden
zu können. Die Australier werden also
ob dieser Schiffsladungen voll holder
Weiblichkeit in: großen und ganzen nicht
zu beneiden sein. Sic sollen gezwungen
werden, das Danaergeschenk, da» ihnen
die Regierung da gratis und franko
schickt, einzustecken, alldieweil dic Rück-
fracht auf eigene Kosten der Nutzlast
gehen soll. Diese wird sich aber natür-
lich hüten, in die eigene Tasche zu grei-
fen und wird sich weigern, dic Rückfahrt
zu bezahlen. Was aber dann? Na,
wahrscheinlich werden die Männer, dic
„das Paffende" nicht gefunden haben,
freudig einspringcn und das Dilemma
„Verloben oder Fahrkarte bezahlen!"
auf sich beziehen und zahlen. T.
Zeichnung von R. Rost
Mutti, kauf mir den Rauschengel, ich will ihm einen Bubi-
kopf und kniefreien Rock schneiden.
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