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VOM SÄLTZAMEN DOHD

DIE UNGLÜCKSZAHL 6

Mareyken war eyn Koch-Mamsellgen
mit dorchauß angenehmem Fellgen /
der Guths-Herc hat for sie geschwärmbt
und osskerS sich an ihr gcivermbt!

Darsälbst war anch eyn Gayß-Bokk thätig /
der kaute Krcutter mehr / dan nöthig /
und eyne Wäsch-Frow war ümb Geldt
for Tüch und Linnen auff-gcsiellt.

Nun seynd die dreye ab-geschihden
und schlummren ohngemeyn im Frihden.

Itzt sagt mir / Leuttgen / waß ihr meynt /
>vie dihse drey vcr-siorben seynd?

ForS Erste sollt ihr dihseS wissen:
der Gayß-Bokk hat ins Graß gebissen!

ForS zweytte lvißt / daß in der That
das Wäsch-Weyb auß-gerungen hat!

Doch ratet itzt / wie kam zur Dritten
Hannß Mors auss seynem Gang geritten? —
Am Grahb-Stayn sieht eö öffentlich:
Mareyken nahm — der Herr zu sich!

Wie ist aufs dihser Welt hinihden
doch das Verscheyden so verschihden!
Truzzdäme gilt hihr das Recept:
man stirbt genau / >vie man gelebt!

ö. H.

X-

MOSKAUER
KUNST-STÜCKE

Der Direktor des historischen Museums in
Moskau, ein Sowjetbeamter, hat aus den
Gemäldebeständen eine Reihe von wertvollen
Stücken ins Ausland verkauft und dafür ganz
kleine Einnahmebeträge gebucht, für Raffael-
originale zum Beispiel pro Stück drei Rubel.

Nachdem bei den ideal geregelten Verhält-
nissen des Sowjetstaates eine Schiebung über-
haupt gar nicht in Frage stehen kann, ergibt
sich die Handlungsweise des Direktors als
einfache Folge der konsequenten Moskauer
Kunstpolitik. Da nämlich

1. die K u n s t dem Volke gehört, müssen
Kunstwerke möglichst billig sein, und zwar
um so billiger, je wertvoller sie sind; da ferner

2. die Kunst für alle ist, muß jeder
Russe seinen echten Raffael bekommen, eine
Forderung, aus die nur dann verzichtet lverden
darf, lvenn die gleichmäßige Verteilung (zwölf
Rastaels für 130 Millionen Einwohner) auf
technische Schwierigkeiten stößt; da endlich

3. das höchste ZiclderSowjetkunst
die Auslandspropaganda darstellt, so wurden
die Raffaels zum Volkspreise von drei Rubel
ins Ausland verkauft, woselbst man zum Bei-
spiel heute noch für die Dresdener Sixtinische
Madonna vielleicht Millionen von Mark an-
lcgen müßte!

Der Riesenunterschied zugunsten deg Sow-
jetsystems springt natürlich jedem Liebhaber
sofort in die Augen und so erklärt sich auch
gerade im kunstsinnigen Sachsen der begeisterte

Zulauf zur K. P. D.

I. A. Sowas

Die Liebe kommt auf den ersten Blick.

Er lernte sie stüchtig nur kennen

Und schon entschieden war sein Geschick —

Eö war beim Sechstagerennen.

In seinem Herzen welch ein Krawall!

Welch Kochen in seinem Blute!

Er sprach auf sie ein wie ein Wasserfall,
Die reinste Sechsstundenschnute!

Sie bot die blühenden Lippen ihm dar,

Er macht' es wie alle Männer,

Und küßte sie voll Begeist'rung. Es war
ein Sechsminutenbrenner.

Doch sie betrog ihn! Erst wollt' er vergehn
Vor Schmerz, dann schrie er: „Ich Blinder!
Du bist ein verworfenes Weib! Das sehn
Sogar die Sechsmonatskinder!"

Sie aber lachte: „Naives Gemüt,

Du Neuling im Großstadtbetriebe,

Aus einem Sechstagerennen erblüht
Nur Sechssekundenliebe!"

(Nachspiel.)

Sechs Wochen später stand es im Blatt,
Er hat sie beim Schopfe genommen.

Schlug ihr sechs Knochen entzwei und hat
Dafür sechs Jahre bekommen. . .

K a r l ch c n

*

BOLZENSCHIESSEN

Der Juwelenräuber Spruch sagte
vor Gericht: „Ich wollte höher

hinaus. Erst dachte ich an die Boxer-
laufbahn, dann an die politische."
—- Wieviel Klarheit bei solcher Ver-
wirrung!

In der Nähe von Koblenz hat
eine Frau ihren Ehemann drei Jahre
auf dem Heuboden gefangen ge-
halten. — Die Haftverschärfung
liegt lediglich in der Wahl des Ortes;
andere werden in der guten Stube,
dafür aber zeitlebens gefangen ge-
halten. T.

VOM AUSBRUCH
DES VESUVS

Auf die Nachricht vom Ausbruch
des Vesuvs hat sich Mussolini im
Expreßzug nach Neapel begeben, uni
eine donnernde Rede gegen die Op-
position des aufrührerischen Vulkans
zi, halten.

Der Vulkan stellte sofort seine
uinstürzlerische Tätigkeit ein. Mus-
solini hatte ihn tot geredet!

Zeichnung von R. Rost

UMTAUSCHWOCHE

„Sv rasch hast du dich verlobt: wird dich das nicht reuen?"
„Na, ich kann ihn ja nach den Feiertagen wieder Umtauschen."

AUS MEINEM
NOTIZBUCH

Bo» K a r l ch c n
Wie heißt das „Gesetz gegen den
Schund und Schmutz" abgekürzt?
Das Schundgesetz. — Ich habe
dieser Kritik nichts hinzuzufügen.

Einer Münchener Tageszeitung ist
es gelungen, den Dienstmann Nr. 73
über die Frage „Münchens Nieder-
gang als Kunststadt" zu interviewen.
Der Bericht über dieGerhart-Haupt-
mann-Premiere mußte deshalb in-
folge Platzmangels einen Tag zu-
rückgestellt werden.

Das zweite Weihnachtsheft der
„Jugend", die nächstwöchentlich er-
scheinende Nr. 32, bringt unseren
Lesern eine Weihnachtsfestgabe in
Form eines schönen Kunstblattes.
Verlag der „Jugend".

1040
Register
J. A. Sowas: Moskauer Kunst-Stücke
Karlchen: Die Unglückszahl 6
Karlchen: Aus meinem Notizbuch
T.: Bolzenschiessen
[nicht signierter Beitrag]: Vom Ausbruch des Vesuvs
B. H.: Vom sältzahmen Dohd
Richard Rost: Umtauschwoche
 
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