„Dann tfma mich?!" Der Photograph
begann zu beben. „So?!" wiederholte er
mehrmals, „so, so?!" Er erholte sich langsam,
ein rettender Einsall durchzuckte ihn. „So
einer sind Sie," sagte er, „Sie wollen sich
wohl davon drücken, den Rest zu bezahlen,
he? — Das kennt man schon."
Schrumps lachte aus; mit großartiger
Miene legte er Geld auf den Tisch. „Im
Gegenteile, ich bin gekommen, um zu be-
zahlen." Dann wandte er sich zum Gehen,
aber, die Hand schon aus der Klinke, drehte
er sich noch einmal um und sagte langsam,
genießerisch zerschmetternd: „Sie können schon
etwas, man glaubt es nur nicht." Er nickte
befriedigt, machte die Tür zu und schritt sehr-
rasch, nach oben horchend, die Treppe hinab.
Unverfolgt unten angclangk, begann seinem
Gesicht Heiterkeit zu entströmen, die zunahm,
so daß er herausfordernd den ihm Begegnen-
den ins Antlitz blickte. Er machte einen klm-
>veg durch den Park. Auf einer stillen Bank
zog er die Photographien aus der Tasche,
betrachtete sie eingehendst und hielt mit seinem
klrteil nicht zurück. „Ausgezeichnet!" lobte er
befriedigt, „ganz hervorragend in der Tat!"
Er hielt sic etwas von sich ab, und plötzlich
tauchte ein Gedanke in ihm aus: Hatte dieses
feine, durchgeistigte Gesicht nicht etwas von
einem Christuskops; •— glattrasiert natürlich?
Der Photograph fiel ihm ein; dem hatte er'ö
aber wahrlich gut besorgt, und nicht zu knapp!
Schrumpf strahlte; mit Gott und der Welt
ausgesöhnt, malte er sich sehr nüanziert aus,
wie er seiner Frau von dem Zusammenstoß
berichten werde; nicht zu knapp!
en von un
terwegs
Von Fred Endrikat
Vor der Kunsthandlung Gerstenberger in
Chemnitz steht ein sächsisches Ehepaar und
betrachtet interessiert ein Gemälde, Elche im
Winter. Nach einer Weile fragt sie. Er doziert.
„Du, horche mal, was sind n das da fr-
Viecher?"
„Das sin Renndicre."
„Wo läm die dnn?"
„Nu, da om in GenigSberg."
„Iss dnn da so gald?"
„Freilich, das iS ganz gurz am Nordbol."
Pause.
„Nu wer gauft dnn da so Zcich?"
„MrschdndeclS Landwrde."
Zn der Buchhandlung C. L. Krüger in
Dortmund verlange ich die Blcchschmiedc von
Arno Holz.
Der junge Verkäufer mustert mich leise,j
ironisch, und sagt:
„Bedaure sehr, wir führen keine technische
Literatur."
Vor einem Hinterhanse der Augsburger-
straße in Berlin spielen die Schulkinder. Der
kleine Paul Handke hat im Religionsunter-
richt von der Kreuzigung Christi erfahren.
Er ist darüber auf das Tiefste empört, geht
auf den kleinen Moritz Silberberg zu und
spuckt vor ihm aus mit den Worten: „Pfui
Deibel, ihr Juden sollt eich lvat scheemn, unsa
Lehrarin hat jesacht, ihr habt unsan Heiland
an det Kreiz jenagelt."
Moritz blickt den Ankläger erstaunt an und
verteidigt sich dann: „Zs ja janich wahr, det
wan wia ja janich, det Wan die KohnS auö'n
viaten Stock."
Wegelagerer
Auf der Hohenstraße in Köln fährt eine
Radlerin hinterrücks in einen jungen Mann.
Der rheinische Jüngling fliegt in einem ele-
985
Magnus Zeller
begann zu beben. „So?!" wiederholte er
mehrmals, „so, so?!" Er erholte sich langsam,
ein rettender Einsall durchzuckte ihn. „So
einer sind Sie," sagte er, „Sie wollen sich
wohl davon drücken, den Rest zu bezahlen,
he? — Das kennt man schon."
Schrumps lachte aus; mit großartiger
Miene legte er Geld auf den Tisch. „Im
Gegenteile, ich bin gekommen, um zu be-
zahlen." Dann wandte er sich zum Gehen,
aber, die Hand schon aus der Klinke, drehte
er sich noch einmal um und sagte langsam,
genießerisch zerschmetternd: „Sie können schon
etwas, man glaubt es nur nicht." Er nickte
befriedigt, machte die Tür zu und schritt sehr-
rasch, nach oben horchend, die Treppe hinab.
Unverfolgt unten angclangk, begann seinem
Gesicht Heiterkeit zu entströmen, die zunahm,
so daß er herausfordernd den ihm Begegnen-
den ins Antlitz blickte. Er machte einen klm-
>veg durch den Park. Auf einer stillen Bank
zog er die Photographien aus der Tasche,
betrachtete sie eingehendst und hielt mit seinem
klrteil nicht zurück. „Ausgezeichnet!" lobte er
befriedigt, „ganz hervorragend in der Tat!"
Er hielt sic etwas von sich ab, und plötzlich
tauchte ein Gedanke in ihm aus: Hatte dieses
feine, durchgeistigte Gesicht nicht etwas von
einem Christuskops; •— glattrasiert natürlich?
Der Photograph fiel ihm ein; dem hatte er'ö
aber wahrlich gut besorgt, und nicht zu knapp!
Schrumpf strahlte; mit Gott und der Welt
ausgesöhnt, malte er sich sehr nüanziert aus,
wie er seiner Frau von dem Zusammenstoß
berichten werde; nicht zu knapp!
en von un
terwegs
Von Fred Endrikat
Vor der Kunsthandlung Gerstenberger in
Chemnitz steht ein sächsisches Ehepaar und
betrachtet interessiert ein Gemälde, Elche im
Winter. Nach einer Weile fragt sie. Er doziert.
„Du, horche mal, was sind n das da fr-
Viecher?"
„Das sin Renndicre."
„Wo läm die dnn?"
„Nu, da om in GenigSberg."
„Iss dnn da so gald?"
„Freilich, das iS ganz gurz am Nordbol."
Pause.
„Nu wer gauft dnn da so Zcich?"
„MrschdndeclS Landwrde."
Zn der Buchhandlung C. L. Krüger in
Dortmund verlange ich die Blcchschmiedc von
Arno Holz.
Der junge Verkäufer mustert mich leise,j
ironisch, und sagt:
„Bedaure sehr, wir führen keine technische
Literatur."
Vor einem Hinterhanse der Augsburger-
straße in Berlin spielen die Schulkinder. Der
kleine Paul Handke hat im Religionsunter-
richt von der Kreuzigung Christi erfahren.
Er ist darüber auf das Tiefste empört, geht
auf den kleinen Moritz Silberberg zu und
spuckt vor ihm aus mit den Worten: „Pfui
Deibel, ihr Juden sollt eich lvat scheemn, unsa
Lehrarin hat jesacht, ihr habt unsan Heiland
an det Kreiz jenagelt."
Moritz blickt den Ankläger erstaunt an und
verteidigt sich dann: „Zs ja janich wahr, det
wan wia ja janich, det Wan die KohnS auö'n
viaten Stock."
Wegelagerer
Auf der Hohenstraße in Köln fährt eine
Radlerin hinterrücks in einen jungen Mann.
Der rheinische Jüngling fliegt in einem ele-
985
Magnus Zeller