F: Heubner
eine
Sicherung gegen Beraubung
bemerkenswerte Neuerung, der man in den Kreisen der Juweliere wie des kaufenden Publikums durchaus verständnisvoll gegenübersteht
und grundlos wie das Rauschen in jenen See-
muscheln, die zuweilen alte Herren auf ihrem
Schreibtisch liegen haben.
Auch als der Vorhang aufging — man sah
in eine leichengrüne Dämmerung, die den
ganzen Abend nicht weichen sollte — bemerkte
ich nichts Aust'allendes. Das Summen legte
sich; die Lorgnons und Operngläser hoben sich;
auf der Bühne begannen die Gespräche wie
üblich; der kühle Luftzug, der die abendmüden
Stirnen der Zuschauer erfrischend anwehte,
stürzte von der Bühne ins Parkett.
Unter meiner Loge stand ein Programm-
verkäufer, die Glatze an einen gipsernen Putto
gelehnt, dessen Bauch ihm als Kopfkissen
diente. Der alte Mann schien regungslos in
die Spannung der Bühnenvorgänge ge-
schmiedet. Ich selbst folgte diesen, so gut ich
konnte, wobei ich gestehen muß, daß dreiviertel-
dunkle Bühnen meine Aufmerksamkeit gerade-
zu peinigend lähmen und meine Ohren giftig
gespannt machen. Allem Vernehmen nach
beklagte sich auf der Bühne ein alter Mann
über allerlei Mißstände seines Alters und
nahm diese zum Anlaß, in die schönere Zeit
seiner Jugend zurückzuschauen, wo er ein char-
manter und erfolgreicher Schürzenjäger ge-
wesen zu sein vorgab. Nun hörte ich, nach-
dem die Vorstellung geraume Zeit gedauert
hatte und die Pause, die das Programm vor-
sah, noch in grauer Ferne zu liegen schien, ein
Geräusch wie von fallendem Papier unter mir.
Ich blickte zu dem glatzköpfigen Logenschließer
hinunter; er lehnte immer noch am Bäuchlein
deS Putto und war, während seiner Hand die
Programme entfallen waren, selbst in die
gipserne Ruhe seines Kissens übergegangen.
Die Zettel waren den schrägen Gang entlang
gerutscht und lagen bis in die erste Parkett-
reihe. Aber merkwürdigerweise schien niemand
der in der Nähe Sitzenden den Vorgang zu
beachten; keiner wandte auch nur den Kopf.
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eine
Sicherung gegen Beraubung
bemerkenswerte Neuerung, der man in den Kreisen der Juweliere wie des kaufenden Publikums durchaus verständnisvoll gegenübersteht
und grundlos wie das Rauschen in jenen See-
muscheln, die zuweilen alte Herren auf ihrem
Schreibtisch liegen haben.
Auch als der Vorhang aufging — man sah
in eine leichengrüne Dämmerung, die den
ganzen Abend nicht weichen sollte — bemerkte
ich nichts Aust'allendes. Das Summen legte
sich; die Lorgnons und Operngläser hoben sich;
auf der Bühne begannen die Gespräche wie
üblich; der kühle Luftzug, der die abendmüden
Stirnen der Zuschauer erfrischend anwehte,
stürzte von der Bühne ins Parkett.
Unter meiner Loge stand ein Programm-
verkäufer, die Glatze an einen gipsernen Putto
gelehnt, dessen Bauch ihm als Kopfkissen
diente. Der alte Mann schien regungslos in
die Spannung der Bühnenvorgänge ge-
schmiedet. Ich selbst folgte diesen, so gut ich
konnte, wobei ich gestehen muß, daß dreiviertel-
dunkle Bühnen meine Aufmerksamkeit gerade-
zu peinigend lähmen und meine Ohren giftig
gespannt machen. Allem Vernehmen nach
beklagte sich auf der Bühne ein alter Mann
über allerlei Mißstände seines Alters und
nahm diese zum Anlaß, in die schönere Zeit
seiner Jugend zurückzuschauen, wo er ein char-
manter und erfolgreicher Schürzenjäger ge-
wesen zu sein vorgab. Nun hörte ich, nach-
dem die Vorstellung geraume Zeit gedauert
hatte und die Pause, die das Programm vor-
sah, noch in grauer Ferne zu liegen schien, ein
Geräusch wie von fallendem Papier unter mir.
Ich blickte zu dem glatzköpfigen Logenschließer
hinunter; er lehnte immer noch am Bäuchlein
deS Putto und war, während seiner Hand die
Programme entfallen waren, selbst in die
gipserne Ruhe seines Kissens übergegangen.
Die Zettel waren den schrägen Gang entlang
gerutscht und lagen bis in die erste Parkett-
reihe. Aber merkwürdigerweise schien niemand
der in der Nähe Sitzenden den Vorgang zu
beachten; keiner wandte auch nur den Kopf.
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