lj(nd abends in dem (deinen C.Jiadlelien
(J ollclilaö
Von Hartmann--Trepfea
Der junge Piependruck hatte in Berlin
Fräulein Lola Fimpel kennen, lieben und
schätzen gelernt. Die Dame trat als akroba-
tische Tänzerin in einer Revue auf. Wenn lie
während der Vorstellung dutzendemale in
Spagat ging, das heißt, sich mit gegrätschten
Beinen zu Boden plumpsen ließ, bekam jeder
sensible Mann um ihr Körperchen eine
Heidenangst.
Eine Frau, die ihr Brot selbst verdient,
rührt einen Junggesellen immer. Er fühlt sich
bei einem solchen Anblick stets einer dumpfen
Schuld bewußt, und es drängt ihn dann mäch-
tig, den Befreier aus Not und Unwürde zu
inimen. Als Piependruck Fräulein Fimpel sah,
empfand er ähnlich. Er sprach zwar nicht so-
fort von Heirat, unterbreitete aber der schnel-
ligen Lola den Vorschlag, einige Monate mit
ihm aufs Land zu rutschen. Das Fräulein
lehnte dieses Ansinnen jedoch messerscharf ab.
Lieber wolle sie sterben, als sich von einem
Herrn aushalten lasten. Es war natürlich
töricht, daß Lola Fimpel solche Redensarten
schwang, denn gestorben war sie ja noch nie,
konnte also nicht wissen, ob gut auögehalten
schließlich doch nicht besser wie tot sei. Als
Piependruck sah, daß die Künstlerin Schwierig-
keiten machte, bekam er erst den richtigen Heiß-
hunger. Fieber überstel ihn; seiner Sinne nicht
mehr Herr, begann er von Ehe zu murmeln.
Auch Fräulein Fimpel täuschte erhöhten Blut-
druck vor und behauptete, daß es ihr ebenfalls
blümerant sei. Piependruck jubelte, aber zu
früh, denn nach einigen Tagen bekam er von
Lola einen Abschiedsbrief. Sein Inhalt das
Uebliche: verwundetes Herz, doch nicht für
immer angehören können, daher Flucht vor
ihm und sich in die Einsamkeit, alles verloren
nur die Ehre nicht, Rest Geschmonze. Dieses
gelesen, raste Piependruck zu seinem Erzeuger
und machte dem nichtsahnenden Alten einen
furchtbaren Krach. Denn, um sich für Fräu-
lein Fimpel in die nötige Hitze steigern zu
können, brauchte der junge Piependruck un-
bedingt einen brutalen und ihn von Lola
trennenwollenden Vater. Und wirklich, der
Papa sträubte sich auch prompt gegen die
Verbindung seines Sohnes mit einer akroba-
tischen Tänzerin. Aber nun schwafelte der
junge Piependruck soviel von der herben
Tugend und dem süßen, magdlichen Getue
Fräulein Fimpels, daß der gute Alte gar bald
weichgekocht war. Endlichem gemeinsamen
Beschluß zufolge reisten am nächsten Tage
Vater und Sohn nach Moppengreifeld, dem
stillen Oertchen, in das sich Lola zurückgezogen
hatte. Jung Piependruck war selig, denn er
hoffte, daß sein alter Herr, der ja seinen
Segen an sich schon wurfbereit in der Hosen-
tasche trug, durch den Anblick Fräulein Fim-
pels noch ganz entwaffnet werden würde. Es
>vac schon ziemlich spät, als die beiden Piepen-
drucks in der kleinen Prvvinzstadt ankame»,
und sie hielten es für angebracht, Fräulein
Fimpel erst am nächsten Vormittag ihre Auf-
wartung zu machen. Aber wie konnte inan in
diesem gottverlassenen Nest den Abend tod-
schlagen?
Entschlossen gingen die beiden auf einen sehr
distinguiert aussehenden Passanten zu. „Ver-
zeihen Sie bitte eine Frage," sagte Piepen-
druck, der Vater, und lüftete den Hut, „wir
sind hier fremd, und möchten gerne wissen, wo
wir den angebrochenen Abend vergnüglich be-
enden können." Der Angesprochene lächelte
liebenswürdig: „... hier, gleich die zweite
Straße links," gab er freundlich Auskunft,
„Nummer sechs ini zweiten Stock . .. Lola
Fimpel heißt das Fräulein . .."
Glotzäugig hinter seiner Maß
Ain Ahorntisch der Stumpfsinn saß;
Frau Laune saß ihm gegenüber
Und gab ihm einen Nasenstüber.
Der Stumfsinn schwieg auf seinem Fleck;
Die Laune aber wurde keck
Und kitzelte den Kerl von Leder
Vermittelst einer Pfauenfeder.
Der Stumpfsinn schwieg auf seinem Fleck;
Und blieb auch ferner ziemlich stumpf:
Da sprang die Frau ihm in den Nacken,
Um bei den Ohren ihn zu packen.
Den Kopf gesenkt gleich einem Stier,
Bekannte nun das Monstertier
Die Wand mit wütender Gebärde. -—
Frau Laune siel zerguctscht zur Erde!
Beda Hafen
XV. tlerrdere
Bescheidenheit
„Wenn i mit Eahna tanz', Fräul'n Kathi, Hab' i 's G fühl, i hielt' ein Engerl im Arm!"
„Aber geh n S' zua, dafür schwitz' i ja vui z'vui!"
1008
(J ollclilaö
Von Hartmann--Trepfea
Der junge Piependruck hatte in Berlin
Fräulein Lola Fimpel kennen, lieben und
schätzen gelernt. Die Dame trat als akroba-
tische Tänzerin in einer Revue auf. Wenn lie
während der Vorstellung dutzendemale in
Spagat ging, das heißt, sich mit gegrätschten
Beinen zu Boden plumpsen ließ, bekam jeder
sensible Mann um ihr Körperchen eine
Heidenangst.
Eine Frau, die ihr Brot selbst verdient,
rührt einen Junggesellen immer. Er fühlt sich
bei einem solchen Anblick stets einer dumpfen
Schuld bewußt, und es drängt ihn dann mäch-
tig, den Befreier aus Not und Unwürde zu
inimen. Als Piependruck Fräulein Fimpel sah,
empfand er ähnlich. Er sprach zwar nicht so-
fort von Heirat, unterbreitete aber der schnel-
ligen Lola den Vorschlag, einige Monate mit
ihm aufs Land zu rutschen. Das Fräulein
lehnte dieses Ansinnen jedoch messerscharf ab.
Lieber wolle sie sterben, als sich von einem
Herrn aushalten lasten. Es war natürlich
töricht, daß Lola Fimpel solche Redensarten
schwang, denn gestorben war sie ja noch nie,
konnte also nicht wissen, ob gut auögehalten
schließlich doch nicht besser wie tot sei. Als
Piependruck sah, daß die Künstlerin Schwierig-
keiten machte, bekam er erst den richtigen Heiß-
hunger. Fieber überstel ihn; seiner Sinne nicht
mehr Herr, begann er von Ehe zu murmeln.
Auch Fräulein Fimpel täuschte erhöhten Blut-
druck vor und behauptete, daß es ihr ebenfalls
blümerant sei. Piependruck jubelte, aber zu
früh, denn nach einigen Tagen bekam er von
Lola einen Abschiedsbrief. Sein Inhalt das
Uebliche: verwundetes Herz, doch nicht für
immer angehören können, daher Flucht vor
ihm und sich in die Einsamkeit, alles verloren
nur die Ehre nicht, Rest Geschmonze. Dieses
gelesen, raste Piependruck zu seinem Erzeuger
und machte dem nichtsahnenden Alten einen
furchtbaren Krach. Denn, um sich für Fräu-
lein Fimpel in die nötige Hitze steigern zu
können, brauchte der junge Piependruck un-
bedingt einen brutalen und ihn von Lola
trennenwollenden Vater. Und wirklich, der
Papa sträubte sich auch prompt gegen die
Verbindung seines Sohnes mit einer akroba-
tischen Tänzerin. Aber nun schwafelte der
junge Piependruck soviel von der herben
Tugend und dem süßen, magdlichen Getue
Fräulein Fimpels, daß der gute Alte gar bald
weichgekocht war. Endlichem gemeinsamen
Beschluß zufolge reisten am nächsten Tage
Vater und Sohn nach Moppengreifeld, dem
stillen Oertchen, in das sich Lola zurückgezogen
hatte. Jung Piependruck war selig, denn er
hoffte, daß sein alter Herr, der ja seinen
Segen an sich schon wurfbereit in der Hosen-
tasche trug, durch den Anblick Fräulein Fim-
pels noch ganz entwaffnet werden würde. Es
>vac schon ziemlich spät, als die beiden Piepen-
drucks in der kleinen Prvvinzstadt ankame»,
und sie hielten es für angebracht, Fräulein
Fimpel erst am nächsten Vormittag ihre Auf-
wartung zu machen. Aber wie konnte inan in
diesem gottverlassenen Nest den Abend tod-
schlagen?
Entschlossen gingen die beiden auf einen sehr
distinguiert aussehenden Passanten zu. „Ver-
zeihen Sie bitte eine Frage," sagte Piepen-
druck, der Vater, und lüftete den Hut, „wir
sind hier fremd, und möchten gerne wissen, wo
wir den angebrochenen Abend vergnüglich be-
enden können." Der Angesprochene lächelte
liebenswürdig: „... hier, gleich die zweite
Straße links," gab er freundlich Auskunft,
„Nummer sechs ini zweiten Stock . .. Lola
Fimpel heißt das Fräulein . .."
Glotzäugig hinter seiner Maß
Ain Ahorntisch der Stumpfsinn saß;
Frau Laune saß ihm gegenüber
Und gab ihm einen Nasenstüber.
Der Stumfsinn schwieg auf seinem Fleck;
Die Laune aber wurde keck
Und kitzelte den Kerl von Leder
Vermittelst einer Pfauenfeder.
Der Stumpfsinn schwieg auf seinem Fleck;
Und blieb auch ferner ziemlich stumpf:
Da sprang die Frau ihm in den Nacken,
Um bei den Ohren ihn zu packen.
Den Kopf gesenkt gleich einem Stier,
Bekannte nun das Monstertier
Die Wand mit wütender Gebärde. -—
Frau Laune siel zerguctscht zur Erde!
Beda Hafen
XV. tlerrdere
Bescheidenheit
„Wenn i mit Eahna tanz', Fräul'n Kathi, Hab' i 's G fühl, i hielt' ein Engerl im Arm!"
„Aber geh n S' zua, dafür schwitz' i ja vui z'vui!"
1008