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Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben — 32.1927, Band 1-2 (Nr. 1-54)

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hat, — ach, du lieber Jesus, war halt doch nur ein rohes Fleisch, —
anstatt schön gebraten."

Der Psarrer fängt zu lachen an. Er hat eine Lust an dem, was er
da angezetkelt hat. Sein Gesicht leuchtet. „Wie'ö jedem schmeckt,
nicht?" ruft er, und beginnt, mit fröhlichen, kurzen Schritten aus und
ab zu wandern, — immer so hin und her, — und grinst sich eins von
der Stirn bis in den Buckel. Die Idee, die er mit dieser Preisfrage
gehabt hat, wirklich, die vergoldet ihm den Sonntag! Und er reibt sich
die Hände. „Rohes Fleisch anstatt schön gebraten!" Dann aber dreht
er sich plötzlich wieder zum HierS: „Aber du, Hochgeschätzter, du
kannst nicht sinden, daß so ein gejagtes, gehetztes, verfolgtes, verstuchteS
Viech ein Dasein hat zum Gotterbarmen, wie?"

„Nein, ich kann's nicht sinden, Hochwürden. Der mit seine Füß —
und gehetzt? Der rennt schneller als ein Roß; Hochwürden wissen
daS selbst, — wann'ö nicht zufällig kommt, erwischt ihn keiner! —
Hat doch ein Leben wie ein König, — so wahr ich da steh'! Ich möcht'
tauschen mit ihm!"

„Schließlich aber," meint der Franz, wobei er langsam den Kopf
hebt und mit schielenden Augen zur Decke hinaufstiert, „schließlich
aber muß er häusiger bloßfüßig laufen als in feste Schuh ..."

„Haha!" macht der Pfarrer und möchte dem Franz eins auf die
Schulter hauen. „Häusiger bloßfüßig als in feste Schuh! Der Fuchs!

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Ist auch nicht schlecht! Gefallt mir! Gefallt mir wirklich! Ist aber,
mein Bester, noch sehr die Frag', ob sich der in Lackschuh besser fühlen
kät. Noch sehr die Frag'!"

„Fixteufelsakcrment!" schreit da der Hiers, dem das ganze Gerede
nicht mehr paßt. „Warum soll denn grad so ein Diech zu bedauern
sein, frag' ich. Natürlich, das heißt — natürlich ist so ein Viech ein
armes Luder, versteht sich, — aber so ein Menschenviech grad auch so,

Hochwürden. Ist ja alles beschi-Entschuldigen schon, Hoch-

würden! — aber weil'S wahr ist. Hast Plag auf Plag, — kommt
ein Hagel, haut dir alles hin. Kinder ziehst auf, — werden sie Falloten.
Baust dir ein Haus, — zahlt dir die Versicherung nix dafür. Malheur!
Nix als Malheur! Wo du hinschaust, — Malheur! Die reinste Höll',
so wahr mir Gott helf', — und für so ein' Fuchs auch nicht anders
wie für ein' jeden." Und spuckt aus.

Der Franz steht da und blinzelt den Fuchs an, recht seltsam und
angestrengt blinzelt er ihn an, und es ist ihm, als blinzle der Fuchs
wehmütig zurück. Dann sagt er, ohne ihn aus den Augen zu lasten:
„Trotzdem wird halt das größte Malheur sein, Hochwürden, — daß
er jetzt tot ist."

Wie der Psarrer das hört, da bekommt er feuerrote Backen, als ob
ihm diese Antwort das Herz heiß machte. „Bravo!" schreit er, „das
ist klar, — daß der Fuchs dir gehört, mein Lieber!"

ANEKDOTEN

Die Vorstelluna eines Schwankes, in




Vorahnung

„Und was befürchteten gnädige Frau, wenn Sie nun mit mir nach Haufe gingen?"
„Eben nichts!"

welchem der bekannte Schauspieler Adalbert
mitwirkte, war so schlecht besucht, daß von
dem Publikum beim besten Willen nichts zu
bemerken war.

Nichtsdestoweniger spielte Adalbert mit sei-
nem bekannten Humor. Plötzlich dröhnte aus
einer versteckten Ecke des ersten Ranges ein
starkes Gelächter. Adalbert machte eine Pause,
führte seinen Partner ganz vorn an die Rampe
und sagte tiefernst: „Du — ich glaube, dort
hinten belauscht uns jemand."

Auf einer Abendgesellschaft wird dem alten
Max Liebermann der junge österreichische
Dichter Lernet Holenia vorgestellt. Liebermann
klopft ihm aus die Schulter und sagt: „Famose
Idee, junger Mann — aber vorläufig noch
en bißcken viel verlangt."

Derblüstung. Man sieht den Witzteufel in
Liebermanns Gesicht kaltnadelstricheln: „Was
meinen Sie, Meister?" fragt der Dichter.

„Nu, Hernet Joethe" — det würde man
sich jefallen lasten, aber Sie sollten erst mal
,Leset Holenia^ schreiben."

Eine sehr hochmütige und prüde Herzogin
sagte kürzlich zu Tristan Bernard: „Sie haben
wohl das Theater gänzlich aufgegeben? —
Nirgendwo sieht man mehr Ihre Stücke."

„Entschuldigen Sie,gnädige Frau, ich be-
ende dieser Tage ein Lustspiel, das demnächst
zur Aufführung gelangen wird."

„Da schildern Sie wohl wieder diese Krea-
turen aus der Halbwelt?"

„Ganz im Gegenteil; das Stück behandelt
nur Damen der Gesellschaft und zwar der
besten."

„So? — Wo haben Sie denn diese
studiert?"

Da sagte Tristan Bernard mit einer höf-
lichen Verbeugung: „Bei mir, gnädige Frau."

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Bill Nagel: Vorahnung
[nicht signierter Beitrag]: Anekdoten
 
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