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sie erleichtert durch ihr sündhaftes Beispiel
Germaines manchmal etwas schlechtes Ge-
wissen und tröstet sic durch ihr ähnliches
Geschick, zu einem langweiligen Gatten heim-
gehen zu müssen. Sie wird Germaine vertraut
wie ein Teil ihres Selbst und ihrer Liebe.

lind dies in solchem Grade, daß Germaine
ernstlich beunruhigt ist, als sie drei Abende
hintereinander der blonden Dame nicht be-
gegnet. In der Straße betrachtet sie die zwei
Fenster im Hochparterre, hinter denen sie die
Blonde glücklich wußte — (Sie sah sie einmal
aus der Türe treten mit einem verliebten Blick
zu diesem Fenster hinaus — ein Vorhang hatte
sich oben bewegt in diskretem Gruß). Keinerlei
Licht heute hinter den Vorhängen. Verreist?
Vielleicht. Jedoch Germaine fühlt leise Be-
klommenheit. Wie dumm, nicht?

Drei Tage lang sieht sie keinen Licht-
schimmer zwischen den Spalten der zu-
gezogenen Vorhänge. Am vierten Tage end-
lich wieder Licht, aber der blonden Dame ist
Germaine nicht begegnet. Gott, ivie dumm!
Germaine geht ganz langsam, wendet sich
nochmals um, bleibt stehen, obwohl sie, wie
immer, verspätet ist. Und nicht die Neuqierde
hält sie zurück: Sie möchte die blonde Dainc

gesehen haben; es würde sie etwas erleichtern.
Am nächsten Tage begegnet ihr eine große
Rotblonde. Eine hübsche, abscheuliche rot-
haarige Dame. Und sie kommt auS dem
bewußten Haus, und der Vorhang bewegt
sich zärtlich. Ach, diese entsetzliche Rote!
Germaine verabscheut sie vom ersten Tag an
auö ganzem Herzen.

Auch Maurice ist die neu Aufgetauchte zu-
wider. Und wie! Denn Germaine macht ihm,
durch Reflexwirkung beeinflußt, eine Szene:
„Ach diese Nlänner! Sie taugen alle nichts.
Schwöre mir, daß du mich nie betrügen wirst!
— Wirklich? Ach, ich glaube dir kein Wort!"

Schließlich, eines schönen Tages, beruhigt
sich alles. Die blonde Dame erscheint wieder
aus dem Trottoir der Rno cle lAbbö-Lafntiere.
Und sie hat ein leuchtend glückliches Gesicht.
Alles ist vergessen, alles ist wie vorher ...

Germaine lächelt ihr zu, mit strahlenden
Augen, den Mund zärtlich gebogen.

llnd nun dag Ende meiner Geschichte: Ger-
maine, wie Sie sich denken können, wohnt
nicht ausschließlich in der kl.no clo l’Abbe. Sic
hat eine Wohnung, einen Salon, Beziehungen,

lFortsctzung Seite 24)

Fritz, Massary als „Köniain" Marlicc Hinz

SCHWERER ALPDRUCK

Ich

schlafe, schnarche,
ivälze, wöltre

mich, säge sieben dicke Balken durch
und

träume.

Zwischen

Erde und Himmel,
der eine kohlschwarz, die andre
verschneit,

flimmernd, blitzend, schimmernd,
mit der Schneide nach oben ein riesiges
Rasiermesser.

Offen, gähnend,
unter ihm,
mit

Veilchen, Primeln und Rosen umkränzt,
gut . .. kilometerlang ... ein
Sarg.

Plötzlich,

tückisch . . . grauslich . . . teuflisch,

schlitzig,^

spaltet sich das. . . „Sterngewölbe".
Lauter

kleine, lauter süße, lauter arme,
drollige, mollige,
fallende, rutschende, wuselnde,
wutschende,

flitschende, flutschende, witschende,
gleitende, stürzende,
glitschende,

kopskugelnde, kopskcgelndc,
kopskullernde,

flügelchenbeknipste, flügelchenbeschnipste,
flügelchenbeschnittene
Engelchen!

VON ARNO HOLZ

Alle

lautlos, alle rücklings,
alle,

alle, alle,

o iveh, o weh, o jeh, o jeh,
mitten

durchs, quer durchs, schräg durchs
Popspöhchcn!

Porträt Arno.Holz K. Iscnstcin

ILindcn-Verla«)

' Der

scheußliche, widerwärtige, furchtbare
Sarkophag

>st

längst schon ganz voll;
der

greuliche, gräßliche,
guibbelnde,

guabbelnde, wabbelnde
Haufen

ivächst noch, wächst noch
und

. . . wächst.’. .

Und

... das will nu der große...
und

. . . das will nu der gute . . .
und

das will nu der
liebe

Chh!!... CHHN ... Chh!!... Chh!!..
CHH!I!"

Buff

knuff. . . puff;
eine

lvciche, warme,

wohlbekannte Hand, lachend, linksher,
weckt mich.

„Du!!

Kamel! .. . Wildschivein!

WaS ist dir denn??

Schnarch doch nicht so!!"

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Register
Kurt Harald Isenstein: Porträt Arno Holz
Arno Holz: Schwerer Alpdruck
Marlice Hinz: Fritzi Massary als "Königin"
 
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