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(üier logische Beweise

I.

E s gab niemals lange Röcke

Hätte es jemals lange Röcke gegeben, so
hätten die Männer die Fcauenbcine kaum
gekannt. Hätten die Männer die Frauenbeine
kaum gekannt, so wäre deren Wirkung un-
geheuer gewesen. Wäre deren Wirkung un-
geheuer gewesen, so hätten die Frauen dieselbe
für besondere Gelegenheiten aufgespart. Die
Frauen haben aber überhaupt nichts auf-
gespart, ergo — gab eS niemals lange Röcke.

II.

Es gab auch keine kurzen Röcke

Gäbe es kurze Röcke, so sähen die Männer
die Frauenbeinc. Sähen die Männer die
Frauenbeine, so hätten sie sich längst daran
gewöhnt. Hätten sie sich längst daran gewöhnt,
so schweifte ihr Blick vornehmlich in den
oberen Regionen. Ihr Blick schweift aber vor-
nehmlich in den unteren Regionen, ergo —
gibt eS auch keine kurzen Röcke.

III.

Es gibt überhaupt keine Röcke

Gäbe cs Röcke, so gäbe es auch Hosen,
gäbe es Hosen, so hätten die Männer sie an.
Hätten die Männer sic an, so müßten die
Frauen ihnen folgen. Müßten die Frauen den
Männern folgen, gingen sie hinterdrein. Hinter-
drein gehen aber die Männer, ergo — gibt
es überhaupt keine Röcke.

IV.

Oie Frauen gehen sogar nackt

Gingen die Frauen nicht nackt, so trügen
sie Kleider. Trügen sie Kleider, so wären ihre
Reize verhüllt. Wären ihre Reize verhüllt,
so kämen sie bei einer zufälligen Entblößung
in Verlegenheit. Sie kommen aber weder bei
einer zufälligen noch absichtlichen Entblößung
in Verlegenheit, ergo —- gehen sie nackt.

sch-sch-,

•Aphorismen

Das Unglück vieler ehrbaren Frauen in der
Liebe: daß sie sich zum geduldigen Werkzeug
machen, wo man Lanne und Eigenwillen des
Künstlers von ihnen fordert.

Auf der Rennbahn des Lebens kommen viele
nicht ans Ziel, weil sie jedem Hindernis auS-
gewichcn sind.

Bester, sein Leben, seine Treue einem Irr-
tum, einer Lüge opfern, als die Konjunktur
jeder neuen Markt- und AllcrweltSwahrhcit
geschäftig ausnützen und auSposauncn.

Den Sieg über das Weib erleichtert dem
Mann nichts so sehr wie die Klugheit des
Weibes.

Unsere schlimmsten Gegner sind nicht die, die
imö Unrecht tun — sondern, die uns Unrecht
tun lasten.

Bacr-Oos

mondäne Verpflichtungen. Und wie es so
kommt, eines Abends geht sie mit Herrn Lucö,
dem abscheulichen Gatten, zu seinen Freunden
Bellicourt.

„Germaine komm', ich stelle dir eine ent-
zückende kleine Frau vor — Colette de
Bienne..." — Es ist (wie Sie wohl schon
geahnt haben) die blonde Dame. Und alles
wickelt sich ruhig ab, ohne den leisesten Ausruf
der Ueberraschung. Man weiß sich zu be-
herrschen —

Ohne Schwierigkeit zaubern die beiden
Damen ein Lächeln auf ihre Lippen —• aber
nicht ihr Lächeln aus der 8.ue de l’Abbe.
D nein — nichts als ein mondänes Lächeln;
das heißt, sehr gut gelungen war dieses Lächeln
eigentlich nicht.

Woher die Veränderung? Warum? Ach

— Darum...; sie sind nicht mehr dieselben.
Sie kennen jetzt ihre Namen, sie sehen ihre
Gatten. Das Wissen um ihr kleines Geheim-
nis ist eine gefährliche Waste geworden und
■— noch eine tiefere Wurzel hat diese plötzliche
Entfremdung: daß man das Glück der anderen
mit mißgünstigen Augen ansieht, wenn dieses
Glück nicht anonym ist.

„Wir wollen recht gute Freundinnen werden,
ja?" lächelt Colette.

„O, mit Vergnügen" — antwortet liebens-
würdig Germaine.

Aber sie fühlen, daß sie begonnen haben,
sich gegenseitig zu verabscheuen. Und jetzt
werden sie wohl kaum mehr ein süßes Glück
in Ihrer sündhaften und entzückenden Straße
genießen können — lieber Abbe Bajatiere. .

(Autorisierte Uebertraguna von Emmy L. Lesser.)

Franz Gaudcck

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Register
Franz Gaudeck: In der Loge
Sch-sch: Vier logische Beweise
Baer-Oos: Aphorismen
 
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