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Von R o d e r i cfi M ü 11 e r = G u 11 e n b r u n n
Professor Johann SchuleruS, der Grieche und Römer,
hatte als Vorstand der Prima des Gymnasiums zu
Rainthal ein schweres Leben. Seine grenzenlose Gut-
mütigkeit wurde von allen Schülern stets mißbraucht,
und er verstand eö nicht, seinen Worten den rechten
Nachdruck zu verleihen. Die Kurzsichtigkeit seiner wasser-
blauen Kinderaugen, sein Jähzorn, der aber nie vollen
Ernst machte, sondern gewissermaßen nur anstands-
halber ab und zu hervorbrach, trug dazu wesentlich bei.
Das blonde, struppige Haupthaar, der etwas komische
Tonsall seiner Stimme, die Art, in der er das „r" so
rollend gleich fernem Donner auszusprechen gewohnt
war, all das machte sich die Frechheit der Jungen zu-
nutze. Johann SchuleruS konnte aber keinem seiner
Schüler ernstlich böse sein, jedes harte Wort, das er
manchmal im Ingrimm des Augenblicks hervorstieß,
bereute er sogleich wieder.
Aber wenn die Güte eines Lehrers in haltlose Weich-
heit ausartet, so wird sie in der Schule nie gewürdigt,
sondern stets mißbraucht. Die ärgsten Bubenstreiche
spielten ihm die Jungen; so setzten sie ihm durch das
Loch der Tintenfaßaushöhlung einen Sperling in das
Pult, sperrten eine Katze hinter die Schubtür der Zim-
merlüftung, die dort greulich zu miauen begann, woraus
Johann Schulerug höchst erstaunt meinte: „Wer macht
dieses absonderliche Geräusch?"
Auf die Tafel, die hinter seinem Pulte an der weißen
Wand hing, malten die Buben mit Kreide einen Heiligen-
schein, genau über der Stelle, an die SchuleruS gerne,
sich zurückneigend, sein müdes Haupt anzulehnen pflegte.
seinen Glanz. Du würdest der Rose ihren Duft ableugnen. — ■— Ich
habe dir den Gefallen getan. Ich habe zugestimmt: „Ja, eS ist viel
schöner, Weihnachten allein zu feiern, so wie eS viel schöner ist, zu
lieben, ohne daß die Welt eS weiß-." Und ich erkrank in deinen
dankbaren Küssen.
Jetzt bist du fort. Und nach Neujahr kommst du wieder.-Ich
werde mir kein Bäumchen kaufen. Soll mich dieser eine Tag arm
machen? Ich bin reich, denn ich liebe!
(~I)i2 Q^flutler (pn[Lt
Mein Christkind du! Ein heiliger Abend war
Mein Hochzeitstag. Und als sie „Gloria" sangen
In ihren Höh'n, die Englein, licht und klar.
Da Hab' ich dich, GeliebtesteS, empfangen!
Zum ersten Mal nun spiegelt sich der Glanz
Des GotteSfestes auch in deinen Augen,
Die schmerzlich zucken, wirr vom Lichtertanz,
Und dennoch das Geleuchte in sich saugen!
Du ahnst noch nicht, du sanftes, junges Blut,
Wie dieser Tag dich später einmal bindet,
Und daß dein Herz bei allem Uebermut
Und Ungestüm sich zärtlich zu mir findet!
Und ziehst du auch dereinst, erwacht und groß,
Aus meinem Blick, von andern, Drang befeuert:
Du kehrst zurück in deiner Mutter Schoß,
Sooft der Tag des Gottes sich erneuert!
Beda Hafen
Junge Mutter
Paul Dahrenhorst
794
Ger (Slrifl,
iij dem • y'CalLei'L
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Von R o d e r i cfi M ü 11 e r = G u 11 e n b r u n n
Professor Johann SchuleruS, der Grieche und Römer,
hatte als Vorstand der Prima des Gymnasiums zu
Rainthal ein schweres Leben. Seine grenzenlose Gut-
mütigkeit wurde von allen Schülern stets mißbraucht,
und er verstand eö nicht, seinen Worten den rechten
Nachdruck zu verleihen. Die Kurzsichtigkeit seiner wasser-
blauen Kinderaugen, sein Jähzorn, der aber nie vollen
Ernst machte, sondern gewissermaßen nur anstands-
halber ab und zu hervorbrach, trug dazu wesentlich bei.
Das blonde, struppige Haupthaar, der etwas komische
Tonsall seiner Stimme, die Art, in der er das „r" so
rollend gleich fernem Donner auszusprechen gewohnt
war, all das machte sich die Frechheit der Jungen zu-
nutze. Johann SchuleruS konnte aber keinem seiner
Schüler ernstlich böse sein, jedes harte Wort, das er
manchmal im Ingrimm des Augenblicks hervorstieß,
bereute er sogleich wieder.
Aber wenn die Güte eines Lehrers in haltlose Weich-
heit ausartet, so wird sie in der Schule nie gewürdigt,
sondern stets mißbraucht. Die ärgsten Bubenstreiche
spielten ihm die Jungen; so setzten sie ihm durch das
Loch der Tintenfaßaushöhlung einen Sperling in das
Pult, sperrten eine Katze hinter die Schubtür der Zim-
merlüftung, die dort greulich zu miauen begann, woraus
Johann Schulerug höchst erstaunt meinte: „Wer macht
dieses absonderliche Geräusch?"
Auf die Tafel, die hinter seinem Pulte an der weißen
Wand hing, malten die Buben mit Kreide einen Heiligen-
schein, genau über der Stelle, an die SchuleruS gerne,
sich zurückneigend, sein müdes Haupt anzulehnen pflegte.
seinen Glanz. Du würdest der Rose ihren Duft ableugnen. — ■— Ich
habe dir den Gefallen getan. Ich habe zugestimmt: „Ja, eS ist viel
schöner, Weihnachten allein zu feiern, so wie eS viel schöner ist, zu
lieben, ohne daß die Welt eS weiß-." Und ich erkrank in deinen
dankbaren Küssen.
Jetzt bist du fort. Und nach Neujahr kommst du wieder.-Ich
werde mir kein Bäumchen kaufen. Soll mich dieser eine Tag arm
machen? Ich bin reich, denn ich liebe!
(~I)i2 Q^flutler (pn[Lt
Mein Christkind du! Ein heiliger Abend war
Mein Hochzeitstag. Und als sie „Gloria" sangen
In ihren Höh'n, die Englein, licht und klar.
Da Hab' ich dich, GeliebtesteS, empfangen!
Zum ersten Mal nun spiegelt sich der Glanz
Des GotteSfestes auch in deinen Augen,
Die schmerzlich zucken, wirr vom Lichtertanz,
Und dennoch das Geleuchte in sich saugen!
Du ahnst noch nicht, du sanftes, junges Blut,
Wie dieser Tag dich später einmal bindet,
Und daß dein Herz bei allem Uebermut
Und Ungestüm sich zärtlich zu mir findet!
Und ziehst du auch dereinst, erwacht und groß,
Aus meinem Blick, von andern, Drang befeuert:
Du kehrst zurück in deiner Mutter Schoß,
Sooft der Tag des Gottes sich erneuert!
Beda Hafen
Junge Mutter
Paul Dahrenhorst
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