Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben — 34.1929, (Nr. 1-52)

DOI Heft:
Nr. 4
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.6761#0061
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Revue

„Sag' aufrichtig, Edi, gefallen dir diese nackten Mädchen?"

„Ree, aller sie Hallen mich endgültig zum Vegetarismus bekehrt ich kann kein Fleisch mehr )n!

sehe schon alles kommen! Du wirst unsere
Tochter, das Grünkäppchen, mit dem Napf-
kuchen zu seiner Großmutter schicken .. .!

Grünkäppchens Mutter: Ja, mit dem
Napfkuchen und einer Flasche Wein.

Grünkäppchens Vater: Einer Flasche Wein!
Das ist grauenhaft! Welch unerhört tragisches,
seltsames Zusammentreffen! Doch pst! Da
kommt Grünkäppchen aus der Schule.

Grünkäppchens Mutter (zum Grünkäpp-
chen): Geh jetzt zur Großmutter und sieh, wie
eö ihr geht. Bring ihr diesen Napfkuchen und
diese Flasche Wein.

Grünkäppchen (fröhlich): Gerade so, wie
das Rotkäppchen!

Grünkäppchens Mutter (ängstlich): Wie
das Rotkäppchen! DH! Niein Herz ist von
düsteren Ahnungen erfüllt. Soll ich sie Weg-
gehen lassen?

Grünkäppchen: Fürchtet nichts, liebe Eltern.
Das Grünkäppchen ist schlauer als das Rot-
käppchen. Wenn ich zufällig den Wolf Ln
Großmutters Bett finden sollte — mich wird
er nicht fressen können! Ich Halle eine Idee!
(Geht ab.)

2. Akt

Das schlaue Grünkäppchen
(DaS Innere des Hauses der Großmutter)

Der Wolf, der seinerzeit daö Rotkäppchen
fraß (liegt im Bett): Kaum habe ich das
Grünkäppchen auf das Haus seiner Groß-
mutter zugehen sehen, bin ich genau so vor-
gegangen, wie seinerzeit beim Rotkäppchen.
Ich bin noch vor dem Kind bei der Groß-
mutter angelangt und habe die alte Dame
rasch gefressen. Dann halle ich mich statt
ihrer ins Bett gelegt, wo ich jetzt das Grün-
käppchen erwarte, das jeden Augenblick
kommen muß.

Grünkäppchen (klopft an): Dein Enkelkind,
das Grünkäppchen, bringt dir einen Napf-
kuchen und eine Flasche Wein.

Der Wolf, der seinerzeit das Rotkäppchen
fraß (mit süßer Stimme): Drück nur auf die
Klinke, eS wird schon aufgehen. (DaS Grün-
käppchen tritt ein.) Stell' den Napfkuchen
und den Wein auf die Mehlkiste und leg dich
zu mir.

DaS Grünkäppchen (beiseite): Himmel, das
ist der Wolf! Mit denselben Worten hat er

60

einst das Rotkäppchen in sein Bett gelockt.
Der Elende verdaut gerade meine Großmutter,
aller dank meiner Idee wird eS ihm unmöglich
sein, auch mich zu fressen.

Der Wolf, der seinerzeit das Rotkäppchen
fraß: Nun, mein Kind, legst du dich nicht zu
mir . ..?

Grünkäppchen (legt sich zum Wolf): Da
bin ich. Oh! Großmutter, warum hast du so
große Arme?!

Der Wolf, der seinerzeit das Rotkäppchen
fraß: Damit ich dich besser umarmen kann.

Grünkäppchen: Großmutter, warum hast
du so große Beine?

Der Wolf, der seinerzeit daö Rotkäppchen
fraß: Damit ich besser lausen kann.

Grünkäppchen: Großmutter, warum hast
du so große Ohren?

Der Wolf, der seinerzeit das Rotkäppchen
fraß: Damit ich besser hören kann.

Grünkäppchen: Großmutter, warum
du so große Augen?

Der Wolf, der seinerzeit das Rotkäpj
fraß: Damit ich dich bester sehen kann;
feite) jetzt heißt eS auf dem Sprunge

(Fortsetzung Seite

I
Register
Dugo: Revue
 
Annotationen