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Verhüllung, zu künstlerischem Erlebnis wird. Aus diesem Grunde er-
freuen sich Masken, die größtmögliche Enthüllungsmöglichkeiten bieten,
wie die einer DenuS, Eva, Leda, Danae einer besonderen Beliebtheit.
Unterschiede der Kostümlosigkeit bestehen hauptsächlich in der B e -
Zeichnung der Maske. Obschon mir die tagelang im Festraum
herrschende Dunkelheit exaktere wissenschaftliche Forschungen nicht er-
möglichte, glaube ich in meiner Analyse nicht fehlzugehen, wenn ich
den Münchener Atelierfesten einen leicht erotischen Einschlag zumesse.
§edatiKen eines MnbeKannten
Dokument A 49 sau/ die Rückseite einer Speisekarte mit Bleistift
notiert, trägt in Prof, van der Wolltes Handschrift den Ver-
merk: „Aufgefunden im Foyer des Münchener Kindlkellers“)
Von fünfzig Frauen auf einem Maskenfest ist nur eine hübsch,
und die hat bereits ihren Freund. Von den übrigen neunundvierzig
ist eine klug, und kluge Frauen soll man meiden. Bleiben dir also
nur mehr achtundvierzig zur Wahl!
Dränge niemals eine Dame dazu, sich zu demaskieren! Ist sie hübsch,
so bedarf es deiner Aufforderung nicht, und ist sie häßlich, so kann dir
die Feststellung dieser Tatsache die aufgewendeten Kosten auch nicht
mehr ersetzen.
Hüte dich vor Frauen, die bescheidene Ansprüche an deine Finanzen
stellen! Sie zielen auf deine Seele mit einer über Aschermittwoch
hinaus reichenden Konsequenz. Dich von seelischen Verpflichtungen
loszulösen, ist Sache deiner Brieftasche und der Uebung.
Binde dich während eines Maskenfestes niemals an eine Frau, denn
es sind noch hübschere da. Die hübscheren siehst du stets erst dann,
wenn du dich an eine miesere gebunden hast. Darin liegt die Tragik
des Faschings.
Ein demaskiertes Mädchen an der Hand ist besser als fünf belarvte
Frauen, die alt sind.
Wer anderen eine Dame ausführt, fällt meist selbst darauf herein.
„Wo wohnst du, Kind?" — „Ach, weit draußen in Schwabing." —
„Soll ich dich im Auto nach Hause bringen?" — „Ach nein, ich
bin heute zu müde."
■
N H;
Vf y
„Vorsicht, Liebling, daß mein Mann nicht sieht, wie ich mit
dir wegfrchre!"
„Ach nee, da hat schon meine Frau zu sehr Angst, daß i ch
sehe, wie sie mit deinem Mann wegfährt!"
Sin die Kenntnis
Blatt T 33 (Auf Hotelbriefbogen mit nervös hastenden Schrift-
zügen hingeworfen und durch graphologische Begutachtung
der Unterlängen des „g“ als Manifestation eines tiefen
Depressionszustandes charakterologisiert. Trägt von van der
Wolltes Hand den Vermerk: „Nicht für Veröffent-
lichung bestimmt!“ Wir glauben es jedoch dem Ge-
dächtnis des Gelehrten schuldig zu sein, daß wir das erschüt-
ternde Dokument reiner Menschlichkeit in das Werk des
Wissenschaftlers einreihen, um ihn damit auch dem
II erzen der Mitwelt näher zu bringen.)
Manchmal in stillen Stunden der Einkehr dünkt es mich fast,
als hätte ich bei der Analyse des Münchener Faschings meiner
Eigenschaft als Mensch doch allzu viel zugetraut. Fast muß
ich befürchten, daß ich mich bereits allzu weit in die erotische
Sphäre des Faschings vorgewagt habe, und mein objektiv wissen-
schaftliches Urteilsvermögen hierdurch eine Minderung erfahren
könnte. Die allerorts zu beobachtende, von den Münchnerinnen
offensichtlich aus indischen Lehrbüchern erlernte Art verfüh-
rerischer Liebkosung unter Einbeziehung der verschiedensten
erogenen Zonen, die Stimulans paarweise besetzter, von den
Festen nach Hause fahrender Automobile, drängen meiner Psyche
gebieterisch Wunschvorstellungen auf, denen ich nur mehr mit
Aufbietung meiner ganzen Willenskraft zu wehren vermag.
Es liegt in der Methodik meiner auf wissenschaftliche Konzen-
tration bedachten Art, wenn sich meine Wünsche und Neigungen
in einer Einzelerscheinung, einem Mädchen namens
Mizzi Kipflinger, manifestieren. Genannte Persönlichkeit bekleidet
die Stellung eines Wassermädchens im „Cafe Luitpold“ und birgt
hinter den erst sanft angedeuteten Kennzeichen der Frau seelische
Vorzüge von überraschendem Ausmaß. Ihre unter schelmischem
Lächeln geäußerte Bemerkung, daß sie mich bereits beim ersten
Blick als Lebemann erkannt habe, kräftigte die Ueberzeugung
meines Persönlichkeitswertes in mir ungemein. Mizzis dringende
Empfehlung, mich meines Vollbartes zu entledigen, um tiefere
Empfindungen in ihr auszulösen, werde ich einer sorgsamen
Prüfung unterziehen. Unterdessen erscheint mir ihr Einver-
ständnis, mit mir eine Redoute zu besuchen — (Fortsetzung fehlt.)
Verhüllung, zu künstlerischem Erlebnis wird. Aus diesem Grunde er-
freuen sich Masken, die größtmögliche Enthüllungsmöglichkeiten bieten,
wie die einer DenuS, Eva, Leda, Danae einer besonderen Beliebtheit.
Unterschiede der Kostümlosigkeit bestehen hauptsächlich in der B e -
Zeichnung der Maske. Obschon mir die tagelang im Festraum
herrschende Dunkelheit exaktere wissenschaftliche Forschungen nicht er-
möglichte, glaube ich in meiner Analyse nicht fehlzugehen, wenn ich
den Münchener Atelierfesten einen leicht erotischen Einschlag zumesse.
§edatiKen eines MnbeKannten
Dokument A 49 sau/ die Rückseite einer Speisekarte mit Bleistift
notiert, trägt in Prof, van der Wolltes Handschrift den Ver-
merk: „Aufgefunden im Foyer des Münchener Kindlkellers“)
Von fünfzig Frauen auf einem Maskenfest ist nur eine hübsch,
und die hat bereits ihren Freund. Von den übrigen neunundvierzig
ist eine klug, und kluge Frauen soll man meiden. Bleiben dir also
nur mehr achtundvierzig zur Wahl!
Dränge niemals eine Dame dazu, sich zu demaskieren! Ist sie hübsch,
so bedarf es deiner Aufforderung nicht, und ist sie häßlich, so kann dir
die Feststellung dieser Tatsache die aufgewendeten Kosten auch nicht
mehr ersetzen.
Hüte dich vor Frauen, die bescheidene Ansprüche an deine Finanzen
stellen! Sie zielen auf deine Seele mit einer über Aschermittwoch
hinaus reichenden Konsequenz. Dich von seelischen Verpflichtungen
loszulösen, ist Sache deiner Brieftasche und der Uebung.
Binde dich während eines Maskenfestes niemals an eine Frau, denn
es sind noch hübschere da. Die hübscheren siehst du stets erst dann,
wenn du dich an eine miesere gebunden hast. Darin liegt die Tragik
des Faschings.
Ein demaskiertes Mädchen an der Hand ist besser als fünf belarvte
Frauen, die alt sind.
Wer anderen eine Dame ausführt, fällt meist selbst darauf herein.
„Wo wohnst du, Kind?" — „Ach, weit draußen in Schwabing." —
„Soll ich dich im Auto nach Hause bringen?" — „Ach nein, ich
bin heute zu müde."
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„Vorsicht, Liebling, daß mein Mann nicht sieht, wie ich mit
dir wegfrchre!"
„Ach nee, da hat schon meine Frau zu sehr Angst, daß i ch
sehe, wie sie mit deinem Mann wegfährt!"
Sin die Kenntnis
Blatt T 33 (Auf Hotelbriefbogen mit nervös hastenden Schrift-
zügen hingeworfen und durch graphologische Begutachtung
der Unterlängen des „g“ als Manifestation eines tiefen
Depressionszustandes charakterologisiert. Trägt von van der
Wolltes Hand den Vermerk: „Nicht für Veröffent-
lichung bestimmt!“ Wir glauben es jedoch dem Ge-
dächtnis des Gelehrten schuldig zu sein, daß wir das erschüt-
ternde Dokument reiner Menschlichkeit in das Werk des
Wissenschaftlers einreihen, um ihn damit auch dem
II erzen der Mitwelt näher zu bringen.)
Manchmal in stillen Stunden der Einkehr dünkt es mich fast,
als hätte ich bei der Analyse des Münchener Faschings meiner
Eigenschaft als Mensch doch allzu viel zugetraut. Fast muß
ich befürchten, daß ich mich bereits allzu weit in die erotische
Sphäre des Faschings vorgewagt habe, und mein objektiv wissen-
schaftliches Urteilsvermögen hierdurch eine Minderung erfahren
könnte. Die allerorts zu beobachtende, von den Münchnerinnen
offensichtlich aus indischen Lehrbüchern erlernte Art verfüh-
rerischer Liebkosung unter Einbeziehung der verschiedensten
erogenen Zonen, die Stimulans paarweise besetzter, von den
Festen nach Hause fahrender Automobile, drängen meiner Psyche
gebieterisch Wunschvorstellungen auf, denen ich nur mehr mit
Aufbietung meiner ganzen Willenskraft zu wehren vermag.
Es liegt in der Methodik meiner auf wissenschaftliche Konzen-
tration bedachten Art, wenn sich meine Wünsche und Neigungen
in einer Einzelerscheinung, einem Mädchen namens
Mizzi Kipflinger, manifestieren. Genannte Persönlichkeit bekleidet
die Stellung eines Wassermädchens im „Cafe Luitpold“ und birgt
hinter den erst sanft angedeuteten Kennzeichen der Frau seelische
Vorzüge von überraschendem Ausmaß. Ihre unter schelmischem
Lächeln geäußerte Bemerkung, daß sie mich bereits beim ersten
Blick als Lebemann erkannt habe, kräftigte die Ueberzeugung
meines Persönlichkeitswertes in mir ungemein. Mizzis dringende
Empfehlung, mich meines Vollbartes zu entledigen, um tiefere
Empfindungen in ihr auszulösen, werde ich einer sorgsamen
Prüfung unterziehen. Unterdessen erscheint mir ihr Einver-
ständnis, mit mir eine Redoute zu besuchen — (Fortsetzung fehlt.)