„Ja", habe ich schüchtern gesagt.
„Gut! Dann müßt ihr halt miteinander
eines lernen und es Ku zweit sagen, meinet-
wegen!" draus der Lehrer, „Setz' dich!"
Auf das hin hat er uns in die Dortragsliste
zur Christbaumfeier in Berg eingeschrieben.
Es ist nach eine ganze Woche hingewesen.
Mein Bruder Lenz hat zu mir ewig gesagt:
„Du damischer Hund, du damischer! ... I
lern' nix!" und ist mir storkfeind gewesen.
Hinwiederum aber, wie ich geweint habe, hat
der Vater gefragt, warum? bind da Hab ich
eS ihm gesagt, weil ich nicht mehr gewußt
habe, wie ich den Lenz dazu bringen könnte.
Der Lenz hat gejammert: „I kann gor nix
auSwendi lerna! I mog it. . . I scheiß' auf
dös Fufzgerl!"
Mein Vater aber war kurz bei der Hand
und hat gesagt: „Ah, do werd's awai
Gschichtn macha. . . Do sogtS einfach a
Veröl, dös wosds scho kinnt's! Aus!" Also
gut, die Woche ist verstrichen, der Lehrer hat
unS am Christbaumfeiertag noch kurz gefragt,
ob wir unser Gedicht auch können, und wir
haben „Ja" gesagt.
Die damalige Christbaumfeier war schon
was ganz besonderes, denn um dieselbige Zeit
haben wir einen Hilfslehrer gehabt, der wo
ein sehr großer König-LudwigS-Derehrer war.
Der hat der Heinzeller-Marie eigens ein Ge-
dicht gemacht, und dieses hat ihm alsdann die
Strafversetzung eingetragen, weil es — wie
die Leute gesagt haben — gegen den Prinz-
regent Luitpold gegangen ist, und weil ein
Verräter den kühnen Dichter bei einer höheren
Stelle deswegen angeschwärzt hat. Die Hein-
zeller-Marie ist vor uns gekommen, und das
war ihr Gedicht:
„Kennst du das Land, wo König Ludwig lebte?
Im dunklen See sein edler Geist entschwebte?
Berg und das Bayernvolk ihm ewige Treue
schwor,
denn er allein führt uns zum Licht empor!
blnS schwebt sein hehreS Bild voran,
umkränzt von Edelweiß,
und ewig flüstert eine Stimme leiS:
»Er lebt noch heut', trotz Monument und
Kränze,
nur zählt er heute zirka 61 Lenze/
Der wahren Liebe bleibet nichts verborgen,
drum weinet nicht und wartet auf den treuen
Ludwig,
bald schlägt die Stund' und bald der wahre
Bayernmorgen,
wo überall im Lande lacht das freud'ge
Königsglück!"
Ich muß schon sagen, daß das eine furcht-
bare Begeisterung hervorgerufen hat, und da
hat sich einmal wieder deutlich gezeigt, waS
ich am Anfang ausgeführt habe und was ein
echtes Bayernherz ist. Der Hofgärtner und
der Schloßverwalter, die haben zu munkeln
angefangen. Natürlicherweis', sie haben ja
von dem selbigen Prinzregent Luitpold ihre
Gehälter gekriegt, und da mußten sie das
Maul nach dem Wind drehen, aber der
Benglferdl hat ganz recht gehabt, wie er
geschrien hat: „Wohr is's scho, aba sogn soit
ma's net. .. Der Ludwig! lebt heunt no .. .
Dö Schlawma sogn's bloß it, wo er is!"
Es war schon direkt rebellisch, aber jetzt
hat der Lehrer uns aufgerufen, .und da ist eS
wieder ruhig geworden. Mein Bruder Lenz
und ich sind auf das Podium zugegangen,
hinaufgestiegen, geschnauft haben wir vor
lauter Aufregung, und endlich Hab ich an-
gefangen: „Ich hatt' einen Kameraden . . ."
Mein Bruder aber hat erst bei der zweiten
Zeile mitgeredet iund auf einmal zu singen
angefangen: „Einen bessern find'st du nicht!"
klnd das hat mich und ihn drausgebracht, wir
Haben gestottert, alsdann haben alle zu lachen
angefangen, und der damische Lehrer hat unö
gewinkt, wir sollen schauen, daß wir herunter-
kommen. DaS war alles.
Ein Fufzgerl haben wir nicht bekommen,
und der Lehrer hat uns wiederum „Faulpelze"
geheißen, aber das Rebellische hat sich auf
unseren Vortrag hin ganz und gar gelegt
gehabt.-
Weihnachts markt
M aria L u i k o
„Gut! Dann müßt ihr halt miteinander
eines lernen und es Ku zweit sagen, meinet-
wegen!" draus der Lehrer, „Setz' dich!"
Auf das hin hat er uns in die Dortragsliste
zur Christbaumfeier in Berg eingeschrieben.
Es ist nach eine ganze Woche hingewesen.
Mein Bruder Lenz hat zu mir ewig gesagt:
„Du damischer Hund, du damischer! ... I
lern' nix!" und ist mir storkfeind gewesen.
Hinwiederum aber, wie ich geweint habe, hat
der Vater gefragt, warum? bind da Hab ich
eS ihm gesagt, weil ich nicht mehr gewußt
habe, wie ich den Lenz dazu bringen könnte.
Der Lenz hat gejammert: „I kann gor nix
auSwendi lerna! I mog it. . . I scheiß' auf
dös Fufzgerl!"
Mein Vater aber war kurz bei der Hand
und hat gesagt: „Ah, do werd's awai
Gschichtn macha. . . Do sogtS einfach a
Veröl, dös wosds scho kinnt's! Aus!" Also
gut, die Woche ist verstrichen, der Lehrer hat
unS am Christbaumfeiertag noch kurz gefragt,
ob wir unser Gedicht auch können, und wir
haben „Ja" gesagt.
Die damalige Christbaumfeier war schon
was ganz besonderes, denn um dieselbige Zeit
haben wir einen Hilfslehrer gehabt, der wo
ein sehr großer König-LudwigS-Derehrer war.
Der hat der Heinzeller-Marie eigens ein Ge-
dicht gemacht, und dieses hat ihm alsdann die
Strafversetzung eingetragen, weil es — wie
die Leute gesagt haben — gegen den Prinz-
regent Luitpold gegangen ist, und weil ein
Verräter den kühnen Dichter bei einer höheren
Stelle deswegen angeschwärzt hat. Die Hein-
zeller-Marie ist vor uns gekommen, und das
war ihr Gedicht:
„Kennst du das Land, wo König Ludwig lebte?
Im dunklen See sein edler Geist entschwebte?
Berg und das Bayernvolk ihm ewige Treue
schwor,
denn er allein führt uns zum Licht empor!
blnS schwebt sein hehreS Bild voran,
umkränzt von Edelweiß,
und ewig flüstert eine Stimme leiS:
»Er lebt noch heut', trotz Monument und
Kränze,
nur zählt er heute zirka 61 Lenze/
Der wahren Liebe bleibet nichts verborgen,
drum weinet nicht und wartet auf den treuen
Ludwig,
bald schlägt die Stund' und bald der wahre
Bayernmorgen,
wo überall im Lande lacht das freud'ge
Königsglück!"
Ich muß schon sagen, daß das eine furcht-
bare Begeisterung hervorgerufen hat, und da
hat sich einmal wieder deutlich gezeigt, waS
ich am Anfang ausgeführt habe und was ein
echtes Bayernherz ist. Der Hofgärtner und
der Schloßverwalter, die haben zu munkeln
angefangen. Natürlicherweis', sie haben ja
von dem selbigen Prinzregent Luitpold ihre
Gehälter gekriegt, und da mußten sie das
Maul nach dem Wind drehen, aber der
Benglferdl hat ganz recht gehabt, wie er
geschrien hat: „Wohr is's scho, aba sogn soit
ma's net. .. Der Ludwig! lebt heunt no .. .
Dö Schlawma sogn's bloß it, wo er is!"
Es war schon direkt rebellisch, aber jetzt
hat der Lehrer uns aufgerufen, .und da ist eS
wieder ruhig geworden. Mein Bruder Lenz
und ich sind auf das Podium zugegangen,
hinaufgestiegen, geschnauft haben wir vor
lauter Aufregung, und endlich Hab ich an-
gefangen: „Ich hatt' einen Kameraden . . ."
Mein Bruder aber hat erst bei der zweiten
Zeile mitgeredet iund auf einmal zu singen
angefangen: „Einen bessern find'st du nicht!"
klnd das hat mich und ihn drausgebracht, wir
Haben gestottert, alsdann haben alle zu lachen
angefangen, und der damische Lehrer hat unö
gewinkt, wir sollen schauen, daß wir herunter-
kommen. DaS war alles.
Ein Fufzgerl haben wir nicht bekommen,
und der Lehrer hat uns wiederum „Faulpelze"
geheißen, aber das Rebellische hat sich auf
unseren Vortrag hin ganz und gar gelegt
gehabt.-
Weihnachts markt
M aria L u i k o