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Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben — 35.1930, (Nr. 1-52)

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https://doi.org/10.11588/diglit.6762#0007
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Jugend

Karl S cf) w alba ch

ja jetzt schon im Schwinden! Immer klarer
wird die Zwecklosigkeit des Abscheulichen wer-
den auf Erden, und allen wird die Uberflüssig-
keit des Ungeheuerlichen sichtbar.

Ich nahm alles von der Fülle des Lebens
und nehme noch immer, denn noch ist mein
Tag nicht erloschen!

Doch auch in daS Dunkel vergessenden LoS-
gelöstseins werde ich hinabtauchen mit einem
Lächeln aus den Lippen, als sähe ich jene
Abendsonne noch immer vor mir, and mit
einem Lächeln der Dankbarkeit im Antlitz, der
Dankbarkeit für daS Leben.

Herrlich war mein Leben, herrlich, denn ich
fand meinen Weg und habe es niemand zu
verdanken!

Lebt wohl!"

bind der Greis schritt still den Sonnengluten
entgegen, und die Kinder tollten jauchzend
hinter ihm her.

FRANZELIN f

Mit feinem Schmunzeln gingst du schweigend
Und aufrecht durch das Erdenreich,

Der Eitelkeiten Jahrmarkt zeigend,

Als Weiser und als Schalk zugleich.

Du wähltest keinen harten Klopfer,

Erwies sich „staubig" ein Gesell:

Du hattest Mitleid mit dem Opfer
Und strichest sachte nur sein Fell.

Entrüstung ziemt den Tugendbolden,

Doch turmhoch über ihnen stehn,

Die mit Humor den Tag vergolden
So reich, wie es durch dich geschehn.

Die Menschheit giftig durchzuhecheln,

Ist Misanthropen freigestellt.

Du aber mußtest heiter lächeln:

„Ja SowaS gibt es auf der Welt!"

Beda Hafen

Ql

oiausgang

VON ERICH

KÄSTNER

Es ist nicht grade leicht, vergnügt zu sein.
Und jedes Jahr wird es zehn Kilo schwerer.
DaS Leben droht und ist ein Oberlehrer,
und auch die Klassenbrüder sind nicht fein.

Das Lachen wird allmählich eingestellt.

Und wenn wir auch durch hundert Straßen

laufen —

im Kaufhaus ist das Lachen nicht zu kaufen.
Man führt es nicht. Man kriegt es nicht

für Geld.

Wir hätten gerne weniger Verstand.

Wir wüvden lieber gute Laune haben,
und haben sie doch mit Musik begraben!

Und um die Seele läuft ein Trauerrand.

Schon gut, die Zeit riecht sehr nach Konfektion.
Man kauft sein Dasein preiswert von der

Stange.

Es paßt nicht recht. Es trägt sich auch

nicht lange.

Und die Persönlichkeit wird zur Person!

Ein solcher Zustand ist kein Zustand mehr.
Man kann sich freilich drüber lustig machen
und durch die vorgehalTnen Finger lachen.
Doch dieses Lachen klingt zu ordinär.

Bleibt denn kein Ausweg, wie wir uns auch

drehn?

Ist denn von keiner Seite was zu hoffen?
Geehrte Gegenwart, ein Weg blieb offen!

Ein Weg bleibt offen. Diesen muß man gehn.

Man nehme seine Nerven in die Hand!
Noch auf dem letzten Loche darf man pfeifen!
Man lerne nur, daS Leben zu begreifen!

Es ist nicht schön. Es ist interessant.

Man schmeiße seinem Schmerz die Fenster ein!
Man frage nicht: „Wann regnet S

Schokolade?"

Man frage nicht! Man denke: „Nun gerade!"
Dann stellt die Trauer ihr Erscheinen ein. . .

Erich Wilke

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Index
Carl Schwalbach: Jugend
Beda Hafen: Hubert Franzelin †
Erich Wilke: Unser alter Mitarbeiter Hubert Franzelin
Erich Kästner: Notausgang für viele
 
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