gesehen hat, bloßstellen, wenn Sir an bcm
guten ERuf einer ©ame nichts liegt , hieß es.
„Anständige Mcnscben machen dergleichen
anders ab."
Vornan Huber war ein anständiger .^leensch^
ihm lag an dem guten Ruf einer Dame.
Er Esel! Das kam davon, wenn man
nebenauS ging, um nicht nebenauS zu gehen.
Run, er behielt die Wohnung, es blieben
ihin der schöne Dollbart, die weiche Stimme
und seine Kunst, diese -sogar mit der Aussicht,
künftig von Damen noch mehr in Anspruch
genommen zu werden.
So wurde der schöne Roman geschieden.
C0O3C als .(/)
VON MAR
visu) eg
E
Ich liebe Sibyll. Sibyll ist dunkel und
schmal wie ein Strich und besteht nur aus
Augen und Beinen. Ihre seidenen Beine sind
immer nachlässig gekreuzt, -ihre samtenen
Augen sind überall. Sibyll ist reizend und zu
allem Unglück ganz unerhört klug.
Sie sieht durch mich hindurch wie durch
GlaS, man muß sich immer vor ihr schämen.
Damit soll gar nichts gegen mich gesagt sein,
die wenigsten Menschen vertragen eine see-
l i sche Du rch rön tgenu ng.
I.. Meitner
Voraussicht
„Mürden Sie vielleicht zu nem Däßchen Dee zu mir kommen?"
„Ree, Madame, ick habe ln zwei Woeben wieder kämpfen."
Ich sage zu Slbyll: „Sibyll, du wärst eine
ganz wunderbare Frau, wenn du nur ein
wenig dümmer wärst."
Sibyll lacht.
Zch liebe auch Bärbe. Bärbe ist mollig und
rosig, mit blondem Wuschelhaar und blauen,
runden Augen, sie sieht sehr lieb aus, so daß
inan immer „Schnuckchen" zu ihr sagen
möchte, was sehr unfein klingt.
Ich möchte einmal jemand, den ich nicht
leiden kann, veranlassen, zu Sibyll „Schnuck-
chen" zu sagen. Das wäre ein Spaß.
Sibyll weiß sogar, daß ich Bärbe liebe,
aber sie macht sich nichts draus. Manchmal
habe ich darum den Verdacht, daß sie sich
auch aus mir nichts inacht, denn das ist doch
sehr bedenklich, lch bitte Sie.
Sie amüsiert sich vielmehr königlich, wenn
ich ganz und gar geschlagen von BärbeS
Dummheit zu ihr koiiime. Daö ist doch wieder
ein gutes Zeichen, nicht wahr?
Zch sage auch zu Bärbe: „Bärbe, wenn du
nur ein ganz klein wenig klüger wärst, nur
ein ganz klein wenig, lvärst du eine ganz
erträgliche Frau."
Aber dann ist Bärbe bös, denn sie versteht
keinen Spaß, das ist das Vorrecht der
Dummheit.
Ich habe mir nun also Fox gekauft, denn
ich habe eS satt, mich abwechselnd zu schämen
und zu ärgern.
Er ist so lieb und possierlich wie Bärbe,
er hat sogar ihre Wuschelhaare, ohne daß er
mir durch Dummheit auf die Rerven fällt.
Er verlangt aber auch nicht, daß ich geist-
reich zu ihm bin, er besteht zwar auch nur
auS Augen .und Beinen, aber er hat keine
geistigen Ambitionen. Außerdem ist er eifer-
süchtig.
Bärbe sagte wütend: „Du glaubst wohl,
der Hund ist klüger als ich." Dann weinte sie.
Sibyll lachte: „Armer Fox, dein Herr bildet
sich loirklich ein, du seist dümmer als lch."
Beide sagten sie etwas anderes über den
Hund. Rur über inich sagten sie dasselbe:
„Feigling!" haben sie gesagt.
LApi,
>* cJ^iebesn-eislierf
aortsmen & vir
VON FRANZ BLEI
Wenn man einer Frau sagt, sie sei hübsch,
glaubt sie immer, es sei wahr.
Die Liebe vertreibt zmveilen die Zeit, immer
aber vertreibt die Zeit die Liebe. Leider rächt
sie ihren Mißbrauch nicht an jenen, welche
„die Zeit totschlagen", durch die entsprechende
G eg e nbe l v eg u ng.
s
Man fragt sich immer, sind die Genug-
tuungen, die eine Frau aus ihrer Schönheit
zieht, von der Angst, sie zu verlieren, kom-
pensiert?
s
Rur eine Mystikerin lvie Frau von Krü-
dener konnte sich, als sie in den Armen ihres
Geliebten die höchste Seligkeit des Fleisches
fühlte, den Ausruf erlauben: „Verzeih mir,
Gott, das Übermaß meines Glückes!"
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guten ERuf einer ©ame nichts liegt , hieß es.
„Anständige Mcnscben machen dergleichen
anders ab."
Vornan Huber war ein anständiger .^leensch^
ihm lag an dem guten Ruf einer Dame.
Er Esel! Das kam davon, wenn man
nebenauS ging, um nicht nebenauS zu gehen.
Run, er behielt die Wohnung, es blieben
ihin der schöne Dollbart, die weiche Stimme
und seine Kunst, diese -sogar mit der Aussicht,
künftig von Damen noch mehr in Anspruch
genommen zu werden.
So wurde der schöne Roman geschieden.
C0O3C als .(/)
VON MAR
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E
Ich liebe Sibyll. Sibyll ist dunkel und
schmal wie ein Strich und besteht nur aus
Augen und Beinen. Ihre seidenen Beine sind
immer nachlässig gekreuzt, -ihre samtenen
Augen sind überall. Sibyll ist reizend und zu
allem Unglück ganz unerhört klug.
Sie sieht durch mich hindurch wie durch
GlaS, man muß sich immer vor ihr schämen.
Damit soll gar nichts gegen mich gesagt sein,
die wenigsten Menschen vertragen eine see-
l i sche Du rch rön tgenu ng.
I.. Meitner
Voraussicht
„Mürden Sie vielleicht zu nem Däßchen Dee zu mir kommen?"
„Ree, Madame, ick habe ln zwei Woeben wieder kämpfen."
Ich sage zu Slbyll: „Sibyll, du wärst eine
ganz wunderbare Frau, wenn du nur ein
wenig dümmer wärst."
Sibyll lacht.
Zch liebe auch Bärbe. Bärbe ist mollig und
rosig, mit blondem Wuschelhaar und blauen,
runden Augen, sie sieht sehr lieb aus, so daß
inan immer „Schnuckchen" zu ihr sagen
möchte, was sehr unfein klingt.
Ich möchte einmal jemand, den ich nicht
leiden kann, veranlassen, zu Sibyll „Schnuck-
chen" zu sagen. Das wäre ein Spaß.
Sibyll weiß sogar, daß ich Bärbe liebe,
aber sie macht sich nichts draus. Manchmal
habe ich darum den Verdacht, daß sie sich
auch aus mir nichts inacht, denn das ist doch
sehr bedenklich, lch bitte Sie.
Sie amüsiert sich vielmehr königlich, wenn
ich ganz und gar geschlagen von BärbeS
Dummheit zu ihr koiiime. Daö ist doch wieder
ein gutes Zeichen, nicht wahr?
Zch sage auch zu Bärbe: „Bärbe, wenn du
nur ein ganz klein wenig klüger wärst, nur
ein ganz klein wenig, lvärst du eine ganz
erträgliche Frau."
Aber dann ist Bärbe bös, denn sie versteht
keinen Spaß, das ist das Vorrecht der
Dummheit.
Ich habe mir nun also Fox gekauft, denn
ich habe eS satt, mich abwechselnd zu schämen
und zu ärgern.
Er ist so lieb und possierlich wie Bärbe,
er hat sogar ihre Wuschelhaare, ohne daß er
mir durch Dummheit auf die Rerven fällt.
Er verlangt aber auch nicht, daß ich geist-
reich zu ihm bin, er besteht zwar auch nur
auS Augen .und Beinen, aber er hat keine
geistigen Ambitionen. Außerdem ist er eifer-
süchtig.
Bärbe sagte wütend: „Du glaubst wohl,
der Hund ist klüger als ich." Dann weinte sie.
Sibyll lachte: „Armer Fox, dein Herr bildet
sich loirklich ein, du seist dümmer als lch."
Beide sagten sie etwas anderes über den
Hund. Rur über inich sagten sie dasselbe:
„Feigling!" haben sie gesagt.
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aortsmen & vir
VON FRANZ BLEI
Wenn man einer Frau sagt, sie sei hübsch,
glaubt sie immer, es sei wahr.
Die Liebe vertreibt zmveilen die Zeit, immer
aber vertreibt die Zeit die Liebe. Leider rächt
sie ihren Mißbrauch nicht an jenen, welche
„die Zeit totschlagen", durch die entsprechende
G eg e nbe l v eg u ng.
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Man fragt sich immer, sind die Genug-
tuungen, die eine Frau aus ihrer Schönheit
zieht, von der Angst, sie zu verlieren, kom-
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Rur eine Mystikerin lvie Frau von Krü-
dener konnte sich, als sie in den Armen ihres
Geliebten die höchste Seligkeit des Fleisches
fühlte, den Ausruf erlauben: „Verzeih mir,
Gott, das Übermaß meines Glückes!"
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