^Hyas eine moderne cJvaii tragt
VON FRIEDRICH FREKSA
Da steht also Oskar Piependanz an der
Theke des Portiers vom Nordhotel Berlin
und ärgert sich über ein Telegramm, das die
Konferenz in Königsberg um zwei Tage ver-
schiebt.
Piependanz ist klar, scharf, geregelt und
haßt organisatorische Unzulänglichkeit. Auf-
bauen! heißt sein Leben. Mit dreiundzwanzig
Jahren siel seine sachliche Männlichkeit seiner
Chestn auf, der verwitweten Kasulowsky,
Chromleder en gros, Bremen. Er heiratete
sie aber nur unter der Bedingung, daß die
Firma heißen würde „Kasulowsky & Piepen-
danz", denn „die Leute müssen wissen, mit
wem sie eS zu tun haben". — So war er
nun einmal, und jetzt ärgerte er sich über zwei
ausgefallene Tage. Schnelles Calcul: Fahrt
Bremen hin und zurück, dagegen Hotelpreis
in Berlin — in Bremen geschäftlich nichts,
am Ort hier vielleicht noch Kleinigkeiten zu
machen.
Da ging, im schwarzen Samtcape und
langen Abendkleid, an ihm die Dame vorbei,
die ihm gegenüber auf Neununddreißig wohnte.
Piependanz faßte sich an den heiß werdenden
Hals. Die Dame erinnerte ihn daran, daß er
geregelt lebte- aber immerhin, das stand dafür
nicht: Differenz zwischen Bahnfahrt, Hotel-
aufenthalt, Chancen in Berlin. Er war nicht
der Mensch, Geld unnütz auszugeben. Ehren-
sache war es ihm, daß Frauen, und wäre es
die eigene, nur das genaue Äquivalent kosteten.
Einmal Kaufmann — immer Kaufmann!
Ser Portier sah ihn an, hatte seinen Blick
bemerkt und sagte schmalzig: „Feine Frau!
Lebt hier drei Wochen, ohne Anhang!"
Piependanz Entschluß war gefaßt. Er
zündete eine Zigarre an, ging ins Schreib-
zimmer und setzte den Brief auf:
„Verehrte, gnädige Frau! Beobachtung hat
mich gelehrt, in Ihnen einen modern denken-
den, aber vorsichtigen Menschen zu sehen. In
mir würden Sie einen gleichen Partner finden,
falls Sie einer Entspannung bedürften —
ich habe Van der Velde mit Erfolg gelesen
und empfehle mich, indem ich Ihre Vorzüge
bewundere, als Ihr ergebener
Oskar Piependanz."
Beinahe hätte er geschrieben „Chromleder
en gr08".
Der Portier, in Erwartung des erhöhten
Trinkgeldes, überreichte der Dame den Brief,
als jie in der Nacht aus der Stadt zurückkam.
Sie laS, kniff die Lippen, ging ins Schreib-
zimmer und schrieb alsbald:
„Sehr geehrter Herr! Sie irren, denn Sie
sind von vorgestern! Haben Sie nicht gesehen,
wie ich mich kleide? Mein Herr, ich trage
mich lang und mit Sele!" (Ja, sie schrieb
das Sele in der Aufregung, oder vielleicht,
weil sie ihr selbst noch so neu war, nur mit
einem e.)
Diesen Brief studierte Piependanz beim
Frühstück und wunderte sich. Nicht über die
Abweisung; das honorigste Offert kann ja
abgewiesen werden der Konjunktur halber.
Aber was war das für ein Artikel, den sie da
anführte: Sele! Etwas ganz Neues, etwas,
was man wissen mußte!
Er schrieb das Wort auf, zeigte es dem
Literarische Regeneration
„Was, meinen Sie, wird die nächste literarische
Mode sein?"
„Man findet bestimmt von der sterilen Kricgs-
h'teratur allmählich wieder zur aufbanenden Erotik
zurück."
Kommt rum
FASCHINGS-FEST
der
MÜNCHENER „JUGEND"
am 7. Februar 1930, abends 8 Uhr
im
Theater-Saal der Luitpold-Betriebe
Briennerstraße
Karten zum Preise von Mk. 5.— u. Mk. 5.— Verpflegungs-
Bon im Vorverkauf an der Kasse der Luitpold-Lichtspiele,
Briennerstraße und imG. Hirth Verlag A.G., Herrnstraße 10
Kategoriekarten gegen Ausweis zum Preise von Mk. 2.50
an den gleichen Verkaufsstellen.
- L^ITpO^BfTfijEgf
Bei et Wagenbestellungen' bittet man auf die Münchner „Jugend“ Be.ug zu nehmen
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VON FRIEDRICH FREKSA
Da steht also Oskar Piependanz an der
Theke des Portiers vom Nordhotel Berlin
und ärgert sich über ein Telegramm, das die
Konferenz in Königsberg um zwei Tage ver-
schiebt.
Piependanz ist klar, scharf, geregelt und
haßt organisatorische Unzulänglichkeit. Auf-
bauen! heißt sein Leben. Mit dreiundzwanzig
Jahren siel seine sachliche Männlichkeit seiner
Chestn auf, der verwitweten Kasulowsky,
Chromleder en gros, Bremen. Er heiratete
sie aber nur unter der Bedingung, daß die
Firma heißen würde „Kasulowsky & Piepen-
danz", denn „die Leute müssen wissen, mit
wem sie eS zu tun haben". — So war er
nun einmal, und jetzt ärgerte er sich über zwei
ausgefallene Tage. Schnelles Calcul: Fahrt
Bremen hin und zurück, dagegen Hotelpreis
in Berlin — in Bremen geschäftlich nichts,
am Ort hier vielleicht noch Kleinigkeiten zu
machen.
Da ging, im schwarzen Samtcape und
langen Abendkleid, an ihm die Dame vorbei,
die ihm gegenüber auf Neununddreißig wohnte.
Piependanz faßte sich an den heiß werdenden
Hals. Die Dame erinnerte ihn daran, daß er
geregelt lebte- aber immerhin, das stand dafür
nicht: Differenz zwischen Bahnfahrt, Hotel-
aufenthalt, Chancen in Berlin. Er war nicht
der Mensch, Geld unnütz auszugeben. Ehren-
sache war es ihm, daß Frauen, und wäre es
die eigene, nur das genaue Äquivalent kosteten.
Einmal Kaufmann — immer Kaufmann!
Ser Portier sah ihn an, hatte seinen Blick
bemerkt und sagte schmalzig: „Feine Frau!
Lebt hier drei Wochen, ohne Anhang!"
Piependanz Entschluß war gefaßt. Er
zündete eine Zigarre an, ging ins Schreib-
zimmer und setzte den Brief auf:
„Verehrte, gnädige Frau! Beobachtung hat
mich gelehrt, in Ihnen einen modern denken-
den, aber vorsichtigen Menschen zu sehen. In
mir würden Sie einen gleichen Partner finden,
falls Sie einer Entspannung bedürften —
ich habe Van der Velde mit Erfolg gelesen
und empfehle mich, indem ich Ihre Vorzüge
bewundere, als Ihr ergebener
Oskar Piependanz."
Beinahe hätte er geschrieben „Chromleder
en gr08".
Der Portier, in Erwartung des erhöhten
Trinkgeldes, überreichte der Dame den Brief,
als jie in der Nacht aus der Stadt zurückkam.
Sie laS, kniff die Lippen, ging ins Schreib-
zimmer und schrieb alsbald:
„Sehr geehrter Herr! Sie irren, denn Sie
sind von vorgestern! Haben Sie nicht gesehen,
wie ich mich kleide? Mein Herr, ich trage
mich lang und mit Sele!" (Ja, sie schrieb
das Sele in der Aufregung, oder vielleicht,
weil sie ihr selbst noch so neu war, nur mit
einem e.)
Diesen Brief studierte Piependanz beim
Frühstück und wunderte sich. Nicht über die
Abweisung; das honorigste Offert kann ja
abgewiesen werden der Konjunktur halber.
Aber was war das für ein Artikel, den sie da
anführte: Sele! Etwas ganz Neues, etwas,
was man wissen mußte!
Er schrieb das Wort auf, zeigte es dem
Literarische Regeneration
„Was, meinen Sie, wird die nächste literarische
Mode sein?"
„Man findet bestimmt von der sterilen Kricgs-
h'teratur allmählich wieder zur aufbanenden Erotik
zurück."
Kommt rum
FASCHINGS-FEST
der
MÜNCHENER „JUGEND"
am 7. Februar 1930, abends 8 Uhr
im
Theater-Saal der Luitpold-Betriebe
Briennerstraße
Karten zum Preise von Mk. 5.— u. Mk. 5.— Verpflegungs-
Bon im Vorverkauf an der Kasse der Luitpold-Lichtspiele,
Briennerstraße und imG. Hirth Verlag A.G., Herrnstraße 10
Kategoriekarten gegen Ausweis zum Preise von Mk. 2.50
an den gleichen Verkaufsstellen.
- L^ITpO^BfTfijEgf
Bei et Wagenbestellungen' bittet man auf die Münchner „Jugend“ Be.ug zu nehmen
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