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Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben — 35.1930, (Nr. 1-52)

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https://doi.org/10.11588/diglit.6762#0079
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Cu er täßofiel und die vertiexien cfktev

VON A. V. KELLER Forts v. S.6h'
vollem Instinkt, und Ulla folgte ihm mit auf-
gerissenen Augen, weit vorgebeugt in rasender
Fahrt. Ihre gewölbten Knie stießen durch die
spröde Luft, und an der Rundung der Schenkel
setzte sich der Staubschnee an und gab ihrer
Gestalt Form und begehrenswerte Rundung.
Sie fühlte nicht das Backen des Schnees, sie
sah nicht die Gefahr bei der Sturmfahrt...
Gin toller Rausch hatte sie überkommen, und
ihre Schwünge waren von einer Natürlichkeit,
um die sie ein alter Fahrer restlos beneiden
konnte. Weit hinten kämpfte Ander! Wögerer
gegen hartnäckige Stämme und teuflisch zu-
rückschnellende Sträucher. Aber die Stille der
Berge trank seine Stimme wie das ewige
Meer den Mövenschrei...

Es war ein unleugbarer Vorteil, daß die
Hütte im Winter unbewohnt und offen war.
So faßen die drei endlich um das flackernde
Feuer, blickten in die Flammen und wurden
nachdenklich . .. Lange, lange Zeit.

„Ich", sagte das Mädchen endlich, und
stand auf, „ich pflege meine Kammertür nie-
mals zu versperren ..Sie stand vor dem
Apostel und blickte ihn starr an.

„Ah ...", nickte der junge Mann schmerz-
lich bewegt, und Ulla lachte herausfordernd.
Ihre Augen sprühten, aber sie versprachen in
dem Augenblick mehr, als vier Apostel jemals

halten konnten... So fuhr sich Josef Pflug-
mayer nur durch den gewellten Bart und
murmelte noch eine Weile. Seine Schienbeine
schmerzten ihn, und seine Augen waren voll
einer tiefen Trauer. Dann stieg er in seine
Kammer und warf sich auf das harte Bett.-..

Ulla schälte sich aus ihrem Pullover und
betrachtete beim Schein einer trüben Kerze
ihren straffen Körper. Sie verlöschte das
Licht, versank zwischen den Decken und horchte
auf den Wind, der uni die einsame Hütte strich
und sehr alte Geschichten erzählte. Und dann,
viel, viel später, ging die Kammertür leise auf,
und Ulla erschauerte. Ein langer Bart be-
rührte ihr Gesicht, und sie kettete ihre Arme
um einen Hals, der sich gierig zu ihr niederbog.

Die weiteren Ereignisse sind wenig inter-
essant; nur, ganz zum Schluß, einer Ein-
gebung der Laune folgend, biß das Mädchen
den Apostel in die Wange und kicherte dazu ..
Das sind Dinge, mit denen sich die Männer
eben abflnden müssen, und er sagte nichts.

Als die Sonne langsam über die Spitzen
heraufkam, und die zitternden, rosigen Lichter
mit den Nebelschwaden Fangen spielten, trat
Ulla erst aus der Hütte. Die Strahlen fuhren
kosend über die Attribute ihrer Weiblichkeit,
und die Augen des Mädchens waren klar wie
ein Bergsee. Sie hatte die Skier angeschnallt
und lechzte nach einer rasenden Abfahrt in die
Tiefe, die im milchigen Grau ungewiß vor ihr

lag ... Der Apostel wandte sich um — er-
schien den ersten Teil seiner Sonnenanbetung
eben vollendet zu haben, und sein Gesicht war
leicht gerötet... Dann kain Ander! Wögerer
laut und lärmend aus der Hütte, und Ulla
erstarrte. . . Auf der bärtigen Wange des
wilden Mannes brannte ein blutrotes Mal,
der Abdruck von sieben herrlichen Zähnen, und
Ander! sah selbstzufrieden auS, wie Männer,
die eine gute Arbeit getan . ..

Ulla, das Mädchen, nahm einen Anlauf
und fuhr ab. Mit einem schrillen, spitzen
Schrei, wie ein Vogel, der sich vor dem un-
erwarteten Angriff eines Räubers zu schützen
sucht... Sie verschwand in der Ferne in einer
Wolke von Pulverschnee gleich einer Fee im
Märchen ... Ander! Wögerer rieb sich wohl-
gefällig sein Kinn und grinste, und der Apostel
versuchte einen Sprung. Aber die Bretter
folgten ihm nicht mehr ... Sie schoben sich
zusammen wie der Balg einer Harmonika und
stemmten sich gegen den Schnee... Und es
kam nur zu einem mühseligen Stemmen, ganz
langsam ... Und Josef Pflugmayer seufzte,
denn die Bretter schienen jetzt seine Seele
widerzuspiegeln, die nach dem Leben haschte
wie Menschen mit viel zu kurzen Armen ...
Aber sie schienen nicht mehr verhext zu sein,
denn sie führten ihn abseits der scharfen Spur
des Mädchens, mitten hinein in das tiefe
Latschendickicht...

Der neue lustige Uzarski:

ZUM

£

PARADIES

s

„Das Hotel zum Paradies liegt an der
italienischen Riviera und beherbergt ein
Dutzend waschechter Spießer auS Hannover,
dem Rheinland und anderen prominenten
Gegenden unserer deutschen Heimat. Wie in
seinen früheren Romanen wendet sich UzarSkiS
Satire wieder gegen Pedanterie, Bürokratis-
mus, Halbbildung, Klatschsucht, Neid, Auf-
geblasenheit und Überheblichkeit unserer lieben
Mitmenschen. Der köstliche Stil ist gepfeffert
mit allen Derbheiten und Gehässigkeiten des
Spießerjargons. Der tollste Spaß, wie
Uzarski in Wort und Bild das Rencontre
seiner Landsleute mit einem Hochstapler schil-
dert, der als ,Baron' die ganzen Insassen
des »Paradieso' saftig beschwindelt. Wer Sinn
für grotesken Humor hat, greise nach diesem
ergötzlichen neuen Roman des rheinischen Maler-
dichterS. Kasseler Neueste Nachrichten.

„Deutsche^ Spießer in einem Riviera-Hotel, ihrer eigenen Dummheit und
»welscher Tücke wehrlos auSgeliesert, das gibt ein saftiges Thema für die scharfe
Feder und den spitzen Stift UzarSkis, der an den armen Hilflosen sein Mütchen
kiihlt, \\z mit der Lauge seines Spottes überschüttet und von einer »unmöglichen'
Situation gleich in eine noch unmöglichere hetzt." Berliner Tageblatt.

Das Hotel zum Paradies

von ADOLF UZARSKI

Der höchst ergötzliche und
in einem Riviera-Hotel.
Geheftet 4.- Mk.

amüsante Roman spießbürgerlicher Sommergäste
Mit 100 Federzeichnungen des Verfassers.

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1930 / JUGEND Nr. 5
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