schien, um mit Margits, von aller Erden-
schwere befreiten Grazie wetteifern zu können.
Margit selbst bedurfte künstlicher Hilfs-
mittel nicht, denn ihr ganzer Tag war feit
Jahren ausschließlich dem Training geweiht.
Mit zielstrebiger Konsequenz schritt sie bereits
zum Morgenkaffee im Twostep, während des
MittagmahleS übte sie „Black bottom" unter
dem Tisch, ja selbst des Nachts noch markierte
sie an der Fußlade ihres Bettes die überaus
schwierige Beinstellung im „Tuist". Ihre
Leistungen reckten sich demgemäß zu Welt-
ruhm empor, und eS durfte nicht verwundern,
daß sie als „berufene Vertreterin des Deutsch-
tumes im Ausland" auf Staatskosten zum
internationalen Tanzturnier nach Chikago
entsandt wurde, wo sie sich gegen die scharfe
Konkurrenz der Hawaianerin Lupipuzzi mit
zweieinhalb Punkten den Sieg und goldenen
Coolidge-Pokal erringen konnte. Sehr zu-
treffend berichtete eine Zeitung hierüber:
„Vergleicht man mit diesem großen Erfolg,
der Deutschland wieder mit einem Male an
die Spitze der Nationen rückt, die mageren
Ergebnisse, die seinerzeit Stresemann aus
Locarno nach Haufe brachte-
Allerdings, dieser Triumph, der höchste,
dessen sich eine Frau unserer Sage zu rühmen
vermag, schien teuer erkauft, denn schon bald
nachher mußte von den Ärzten eine auffallende
Strukturveränderung an Margits Becken-
gerüste wahrgenommen werden. Für das
Verständnis des Laien berechnet, äußerte sich
das medizinische Gutachten etwa in der Weise,
daß „die Gelenkbänder des Beckens durch
übermäßige Beanspruchung gelockert seien,
wodurch eine seitliche Verlagerung der Darm-
beinfchaufeln jtattgesunden habe, die sich in
einem Auseinanderklaffen des Gesamtkom-
plexes bemerkbar mache" — „Ihre Beine
waren", so erklärte der Facharzt, „trotz ihrer
positiven Länge für die an sie gestellten
Anforderungen relativ noch immer zu
kurz, und so hat sich denn die stets hilfsbereite
Natur dadurch einen Ausweg zu schaffen
gesucht, daß sie Ihre Beckenpartie spaltete.
<Forts. S. 92>
avnevcii
VON ALFRED GRÜNEWALD
bl r t a n z: Im Aufruhr liegt die binter-
werfung. Er treibt euch zu Paaren.
Immer geht eS im Kreis. Wir können ihn
nicht sprengen. Ringsherum, wie ist das
schwer! *
Auch der Tausendsassa, Herr Niemand,
fand sich aus dem Maskenball ein. bind
gleich in fünfundzwanzig bis dreißig Exem-
plaren. *
Was nützt ihm die Mummerei! Immer
wieder sieht er sich ähnlich.
Anatomischer Greue
bart schwang daS Tanzbein.
Eine befrackte Finanzgröße, mit bunter
Papiermütze geschmückt, hopste durch den
Saal. Mir kamen die Worte „Anmut und
Würde" in den Sinn.
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schwere befreiten Grazie wetteifern zu können.
Margit selbst bedurfte künstlicher Hilfs-
mittel nicht, denn ihr ganzer Tag war feit
Jahren ausschließlich dem Training geweiht.
Mit zielstrebiger Konsequenz schritt sie bereits
zum Morgenkaffee im Twostep, während des
MittagmahleS übte sie „Black bottom" unter
dem Tisch, ja selbst des Nachts noch markierte
sie an der Fußlade ihres Bettes die überaus
schwierige Beinstellung im „Tuist". Ihre
Leistungen reckten sich demgemäß zu Welt-
ruhm empor, und eS durfte nicht verwundern,
daß sie als „berufene Vertreterin des Deutsch-
tumes im Ausland" auf Staatskosten zum
internationalen Tanzturnier nach Chikago
entsandt wurde, wo sie sich gegen die scharfe
Konkurrenz der Hawaianerin Lupipuzzi mit
zweieinhalb Punkten den Sieg und goldenen
Coolidge-Pokal erringen konnte. Sehr zu-
treffend berichtete eine Zeitung hierüber:
„Vergleicht man mit diesem großen Erfolg,
der Deutschland wieder mit einem Male an
die Spitze der Nationen rückt, die mageren
Ergebnisse, die seinerzeit Stresemann aus
Locarno nach Haufe brachte-
Allerdings, dieser Triumph, der höchste,
dessen sich eine Frau unserer Sage zu rühmen
vermag, schien teuer erkauft, denn schon bald
nachher mußte von den Ärzten eine auffallende
Strukturveränderung an Margits Becken-
gerüste wahrgenommen werden. Für das
Verständnis des Laien berechnet, äußerte sich
das medizinische Gutachten etwa in der Weise,
daß „die Gelenkbänder des Beckens durch
übermäßige Beanspruchung gelockert seien,
wodurch eine seitliche Verlagerung der Darm-
beinfchaufeln jtattgesunden habe, die sich in
einem Auseinanderklaffen des Gesamtkom-
plexes bemerkbar mache" — „Ihre Beine
waren", so erklärte der Facharzt, „trotz ihrer
positiven Länge für die an sie gestellten
Anforderungen relativ noch immer zu
kurz, und so hat sich denn die stets hilfsbereite
Natur dadurch einen Ausweg zu schaffen
gesucht, daß sie Ihre Beckenpartie spaltete.
<Forts. S. 92>
avnevcii
VON ALFRED GRÜNEWALD
bl r t a n z: Im Aufruhr liegt die binter-
werfung. Er treibt euch zu Paaren.
Immer geht eS im Kreis. Wir können ihn
nicht sprengen. Ringsherum, wie ist das
schwer! *
Auch der Tausendsassa, Herr Niemand,
fand sich aus dem Maskenball ein. bind
gleich in fünfundzwanzig bis dreißig Exem-
plaren. *
Was nützt ihm die Mummerei! Immer
wieder sieht er sich ähnlich.
Anatomischer Greue
bart schwang daS Tanzbein.
Eine befrackte Finanzgröße, mit bunter
Papiermütze geschmückt, hopste durch den
Saal. Mir kamen die Worte „Anmut und
Würde" in den Sinn.
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