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Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben — 35.1930, (Nr. 1-52)

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https://doi.org/10.11588/diglit.6762#0091
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immer nur eine ^parfei zahlen -muß. Als
Musik werden mit Vorliebe kriegerische
Rhythmen verwendet; nur nachher — im
gemütlichen Xeil — wird dann sogenannte
DölkerversöhnungSmusik gespielt.

Der Van-de-Velde-Onestep

Versinnbildlicht ungefähr die moderne Ehe
und wird deshalb auch Pas de trois genannt.
Die Paare finden sich ganz zufällig and
reichen sich die Hand zum Bunde. Daraufhin
taumeln sie einem Abgrund zu. Die Sache
darf nicht schwerer genommen werden, als
eben ein Tanz genommen werden soll. Beim
Van--de-Delde-Onestep legen die Damen Wert
darauf, daß ihr Partner von einem Eintänzer
assistiert wird. Nach den ersten wirbligen
Schritten dieses Dnestep wird das Tempo
bald sehr schläfrig. Nach einiger Zeit löst sich
das nahe Beisammensein der Tänzer, und
jeder beginnt seiner eigenen Wege zu gehen.
Die Damen machen hierauf einen Schritt
vom Wege, die Herren wagen einen Seiten-

L. Schönberg

Der Dauerkuß

„Macht doch u biskeu rasch, KinnerS, in vier Wochen haben wa schon Aschermittwoch!"

sprung. Besonders dekorativ macht es sich,
wenn in diesen Tanz ein Tennischampion
eingreift. Nachher trennen sich dann die Paare
vollständig. Dame und Herr werden von
Tisch und Cocktail getrennt. Aber der Tanz
kann beliebig oft wiederholt werden. Selbst-
verständlich mit immer neuen Partnern. Als
Begleitung dient am besten eine Jazzband,
welche die Melodie des Herzens nicht in
ihrem Repertoir hat. Schlagwerk ist nach
Möglichkeit zu vermeiden. Allerdings muß
man sagen, daß dieser Tanz nicht ganz neu
ist und bereits seit einiger Zeit sehr fleißig
geübt wird. Aber erst Ln letzter Zeit wurde
ihm der Name Van-de-Velde-Onestep zu-
gelegt, als besondere Huldigung für den
belgischen Forscher, der die vollkommene Ehe
vollkommen unmöglich gemacht hat.

Der Sklarek-Blues
Auch der Tanz um das goldene Kalb ge-
nannt. Unbedingt notwendig ist, daß der eine
Partner etwas erhöht postiert wird, weil es

ohne höhergestellte Herren keinen Sklarek-
Blues geben könnte. Dieser eine Herr wird
von drei Tänzern — die am besten Brüder
sind — so lange umgaukelt, bis er seine Part-
nerin in einen Pelz hüllt, dessen Billigkeit in
umgekehrtem Verhältnis zu seinem Wert
steht. Die Tänzer selbst stehen mit einem Fuß
im Kriminal, auf dem anderen leben sie ziem-
lich groß. Als Begleitung dient am besten ein
Salonorchester, das ihnen aber nicht an der
Wiege gesungen wurde. Der Schluß ist ein
Knalleffekt. Nach Beendigung des Tanzes
sitzen die Tänzer, Und weil die Ruhe unter
Umständen auch jahrelang dauern kann, muß
der Sklarek-Blues als der bequemste und
ruhigste Tanz bezeichnet werden, den man im
heurigen Fasching tanzt.

Wilhelm Lichtenberg

m

Qflünä,

en

Mählich in dem Blätterwald
Sind verrauscht die Ausverkäufe.
Fürder kommen nicht so bald
Umsatzreiche Zeitenläufe.

Ach! Wohin das Auge sieht,

Sieht es unverhoffte Pleiten:

Ach, das einzige Gebiet
Unbegrenzter Möglichkeiten!

Herz, wozu erhängst du dich,

Ehe alle Stricke reißen?

Sieh': Zum Fasching nahen sich
Schwalbengleich die ersten Preißen.

M oral:

Es läßt die Fremdenindustrie
Die ihren ganz im Stiche nie.

Max

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Register
Lotte Schönberg: Der Dauerkuß
Karl Holtz: Tanzende Geometrie
Max: Trost in München
 
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