sicherten^ Suppenschüsseln. Für deinen Spezialfall würden
wohl Teesiebe den örtlichen Bedürfnissen völlig genügen
können. Im übrigen geben Orientalinnen für ihre Bekleidung
nicht übermäßig viel aus, und mit chzo Mark läßt sich schon
so manches schaffen."
So kam es denn auch. Mimis zimmetbrauner Leib bot sich
mit Ausnahme weniger Prozente seines OberflächeninhalteS
den Augen schönheitsdurstiger Orientfreunde freigebig dar
und erregte berechtigtes Aufsehen. Selbst Beamte in ge-
hobener Stellung und sogar Bankdirektoren konnten sich nicht
enthalten, Mimis Körperverhältnisfe unter sachgemäßer
Kalkulation des goldenen Schnittes einer eingehenden Be-
achtung zu würdigen, blnter eidlicher Versicherung onkelhafter
Gefühle nahmen selbst Herren gesetzteren Alters die kleine
Orientalin auf die Knie und luden sie in menschenfreundlicher
Weise zu Sekt und Souper ein. Hier konnte man einmal
wieder mit Genugtuung feststellen, daß es noch edle, selbstlose
Männer auf der Welt gibt.
Mimi wurde allmählich geradezu gefeiert. In ihrem inneren
Wesen aber ging zu dieser Zeit eine merkliche Veränderung
vor. Es fiel mir zum erstenmal auf, als sie nicht mehr mit
dem Messer, sondern mit der Gabel aß. „Mimi", fragte ich
tief besorgt, „was ist dir?" Aber sie erklärte mir, daß sie
sich so gesund wie noch nie fühle. Ihr Wesen wurde von
ag zu Tag vornehmer und artete schließlich fast zu Hoch-
näsigkeit aus. „Wenn du mich wirklich lieb hättest", sagte
sie eines Tages zu mir, „so würdest du mich nicht mehr Mimi,
«sondern ,Semirami' heißen. Alle anderen Männer heißen mich
Semirami. Wer ist übrigens Semirami, und wo lebt sie?"
„Semirami, sprich Semiramis", erklärte ich, „ist nun auch
schon lange tot. Sie lebte weit hinten in Mesopotamien,
hatte hängende Gärten und war auch sonst lasterhaft geartet."
— „So, sie war lasterhaft?" meinte Mimi nachdenklich und
wälzte mit gespreizten Fingern ihre Weißwurst im Senf.
Von Tag zu Tag wurde Mimi vornehmer, und ihr Ruhm
stieg demgemäß. „Semiramis" wurde zum Feldgeschrei aller
Feste, und als sie die von der Faschingsatmosphäre oxydierten
Teesiebe wieder blank geputzt hatte, erhielt sie auf dem
Maskenballe des feudalen Klubs der „rückfälligen Automobil-
Schnellfahrer" auch offiziell den Titel einer Königin. Sie aß
jetzt sogar die Suppe mit der Gabel, rauchte aus einer arm-
langen Zigarettenspitze und berieb sich so intensiv mit Essenzen,
daß Hunde, soferne sie noch Reste von Geruchsinn besaßen,
bereits zehn Meter gegen den Wind vor Mimi den Schwanz
einkniffen. Don einem Studenten der Philologie über die
Kosmetik orientalischer Fürstinnen aufgeklärt, gestand sie mir,
daß sie von dem Laster des Bades übermäßigen Gebrauch
mache und ihm wöchentlich zweimal fröhne, daß sie die
Andeutungen ihrer weiblichen Brustpartie mit Goldstaub
bronziere und ihre Zehen mit Myrrhentinktur salbe.
In dem gleichen Maß, in dem Mimis FafchingSruhm
wuchs, steigerten sich ihre Ansprüche, die sie an mich stellte.
Nicht, als ob sie gefordert hätte, sondern sie erachtete eS als
selbstverständlich, daß sich die Zahl der von mir kredenzten
Weißwürste verdoppelte, und daß ich ihr sogar einmal Roast-
beef mit Erbsen vorsetzen ließ. So trieb ich denn mit offenen
Augen dem wirtschaftlichen Ruin zu. Wofür eigentlich? War
ihr ewiges Getue und Geflirte mit Münchens Bankmagnaten
und Automobilkönigen wirklich so harmloser Natur, wie sie
eS Hinstellte? Trug ich nicht vielleicht schon in dieser Stunde
das Brandmal einer in den Kot gezogenen Familienehre allen
sichtbarlich doppelseitig über meiner Stirne? War ich vielleicht
irgend so ein Hergelaufener? Stand ich nicht im Telefonbuch,
hatte bei meinem Friseur Kredit und ging schon zu einer Zeit
im Pfandhaus ein und aus, als dieser kuhäugige Haidhauser
Zigeunerbastard noch in den Windeln dampfte? Allerdings,
ich hatte mich schwer in NtimiS feuchtwarmen Blick verliebt,
der sich wie ein Prießnitzumfchlag auf mein Herz legte. Selbst-
achtung gebot mir jedoch endlich, einen entscheidenden Schritt
zu unternehmen. if
Was tut ein charaktervoller Mann, wenn er fühlt, daß chm
117
wohl Teesiebe den örtlichen Bedürfnissen völlig genügen
können. Im übrigen geben Orientalinnen für ihre Bekleidung
nicht übermäßig viel aus, und mit chzo Mark läßt sich schon
so manches schaffen."
So kam es denn auch. Mimis zimmetbrauner Leib bot sich
mit Ausnahme weniger Prozente seines OberflächeninhalteS
den Augen schönheitsdurstiger Orientfreunde freigebig dar
und erregte berechtigtes Aufsehen. Selbst Beamte in ge-
hobener Stellung und sogar Bankdirektoren konnten sich nicht
enthalten, Mimis Körperverhältnisfe unter sachgemäßer
Kalkulation des goldenen Schnittes einer eingehenden Be-
achtung zu würdigen, blnter eidlicher Versicherung onkelhafter
Gefühle nahmen selbst Herren gesetzteren Alters die kleine
Orientalin auf die Knie und luden sie in menschenfreundlicher
Weise zu Sekt und Souper ein. Hier konnte man einmal
wieder mit Genugtuung feststellen, daß es noch edle, selbstlose
Männer auf der Welt gibt.
Mimi wurde allmählich geradezu gefeiert. In ihrem inneren
Wesen aber ging zu dieser Zeit eine merkliche Veränderung
vor. Es fiel mir zum erstenmal auf, als sie nicht mehr mit
dem Messer, sondern mit der Gabel aß. „Mimi", fragte ich
tief besorgt, „was ist dir?" Aber sie erklärte mir, daß sie
sich so gesund wie noch nie fühle. Ihr Wesen wurde von
ag zu Tag vornehmer und artete schließlich fast zu Hoch-
näsigkeit aus. „Wenn du mich wirklich lieb hättest", sagte
sie eines Tages zu mir, „so würdest du mich nicht mehr Mimi,
«sondern ,Semirami' heißen. Alle anderen Männer heißen mich
Semirami. Wer ist übrigens Semirami, und wo lebt sie?"
„Semirami, sprich Semiramis", erklärte ich, „ist nun auch
schon lange tot. Sie lebte weit hinten in Mesopotamien,
hatte hängende Gärten und war auch sonst lasterhaft geartet."
— „So, sie war lasterhaft?" meinte Mimi nachdenklich und
wälzte mit gespreizten Fingern ihre Weißwurst im Senf.
Von Tag zu Tag wurde Mimi vornehmer, und ihr Ruhm
stieg demgemäß. „Semiramis" wurde zum Feldgeschrei aller
Feste, und als sie die von der Faschingsatmosphäre oxydierten
Teesiebe wieder blank geputzt hatte, erhielt sie auf dem
Maskenballe des feudalen Klubs der „rückfälligen Automobil-
Schnellfahrer" auch offiziell den Titel einer Königin. Sie aß
jetzt sogar die Suppe mit der Gabel, rauchte aus einer arm-
langen Zigarettenspitze und berieb sich so intensiv mit Essenzen,
daß Hunde, soferne sie noch Reste von Geruchsinn besaßen,
bereits zehn Meter gegen den Wind vor Mimi den Schwanz
einkniffen. Don einem Studenten der Philologie über die
Kosmetik orientalischer Fürstinnen aufgeklärt, gestand sie mir,
daß sie von dem Laster des Bades übermäßigen Gebrauch
mache und ihm wöchentlich zweimal fröhne, daß sie die
Andeutungen ihrer weiblichen Brustpartie mit Goldstaub
bronziere und ihre Zehen mit Myrrhentinktur salbe.
In dem gleichen Maß, in dem Mimis FafchingSruhm
wuchs, steigerten sich ihre Ansprüche, die sie an mich stellte.
Nicht, als ob sie gefordert hätte, sondern sie erachtete eS als
selbstverständlich, daß sich die Zahl der von mir kredenzten
Weißwürste verdoppelte, und daß ich ihr sogar einmal Roast-
beef mit Erbsen vorsetzen ließ. So trieb ich denn mit offenen
Augen dem wirtschaftlichen Ruin zu. Wofür eigentlich? War
ihr ewiges Getue und Geflirte mit Münchens Bankmagnaten
und Automobilkönigen wirklich so harmloser Natur, wie sie
eS Hinstellte? Trug ich nicht vielleicht schon in dieser Stunde
das Brandmal einer in den Kot gezogenen Familienehre allen
sichtbarlich doppelseitig über meiner Stirne? War ich vielleicht
irgend so ein Hergelaufener? Stand ich nicht im Telefonbuch,
hatte bei meinem Friseur Kredit und ging schon zu einer Zeit
im Pfandhaus ein und aus, als dieser kuhäugige Haidhauser
Zigeunerbastard noch in den Windeln dampfte? Allerdings,
ich hatte mich schwer in NtimiS feuchtwarmen Blick verliebt,
der sich wie ein Prießnitzumfchlag auf mein Herz legte. Selbst-
achtung gebot mir jedoch endlich, einen entscheidenden Schritt
zu unternehmen. if
Was tut ein charaktervoller Mann, wenn er fühlt, daß chm
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