J\au£libar keiien
VON JOHN
Hunde, die nicht bellen, beißen! Menschen, die nicht rauchen, auch!
*
Sage mir, was du rauchst, und ich sage dir, wer du bist!
%
Ewiger Friede herrschte auf dieser Erde, wenn die Parole nicht hieße:
Proletarier, Kapitalisten oder Faschisten, sondern: Raucher aller Länder
vereinigt euch! *
Was dem einen sin Pfeif, ist dem andern sin Zigarett!
s
Wir gehen nicht unter, solange wir Rauchringe blasen! Wie oft sind diese
zierlichen Gebilde schon die Rettungsringe unserer Seele gewesen!
-s
Nikotinsreies Rauchen: Liebe ohne Gefahr!
Gott schuf den Menschen. Der Mensch aber schuf die Zigarette!
*
Wer wagt, gewinnt! Wer raucht, auch!
Ein edler Chef
„So sozial bin ick nu mal jestnnt, daß iek meinen Anjestellten hin
und wieder ne gute Importe vorrooche."
VON W. AUGUSTIN
Kürzlich fand ich im Materialbestand pietätvoll gesammelter Lebens-
erinnerungen zwischen Briefen, Photos, Schminkstiften, Strappes, Frag-
menten, Büstenhaltern und angebistenem Konfekt auch eine Zigarette. Ein
schwer lädiertes Stück, an einem Ende angekohlt, am anderen karmoistn-
rot verfärbt. — Lydia! Laßt mich von ihr sprechen!
Josef Hegenbarth
An jenem unwirtlichen Herbstabend feierten wir in einem Schwabinger
Atelier den fast realisierten Bildverkauf eines Freundes. Die prominente-
sten Vertreter der Schwabinger Künstlerschaft hatten sich zu dem rauschen-
den Fest beidgeschlechtig eingefunden, und katnn konnte das Sofa den
sechzehn Gästen genügend Raum bieten, blnter bacchantischem Jubel ging
das mit edelstem Kirsch gefüllte OdolglaS von Mund zu Mund, niemand
aber vermochte es mit solch edlem Anstand an die Lippen zu führen, wie
Lydia. Mit dem Ausdruck engelhafter Liebkosung griffen ihre lilien-
schlanken, an den sanft geschwungenen Nägeln von Nikotin verfärbten
Fingerchen um das GlaS, und
während sich die Vorhänge ihrer
tintenschwarz passepoilierten Au-
genlider wollüstig schlossen, sog
der glühende Spalt ihrer vollen
Lippen in kleinen, kindlichen Zügen.
Ach ja, diese Lydia!
Sie kam aus der Weltferne
russischer Steppen auf hohen
Beinen süllenhaft angestelzt, malte
seither den heiligen ChristophoruS,
wie er — das Jesuskindlein hucke-
pack — den Schwabinger Bach
traverstert, und trug bereits zu
einer Zeit Kosakenstiefelchen, als
stramme Waden selbst bei ver-
sierten Lebemännern noch gefragt
waren. Alle liebten das schöne,
schmalbeckige Mädchen, hinter des- .
sen schwach skizzierter Brust asia-/
tische Leidenschaft zu toben schien.
Mehrmals waren sogar fast ehren-
haft gemeinte Eheanträge an Lydia
herangetreten. Aber die Ruß in
wies legitime wie illegitime Ver-
lockungen mit jener Sanftmut zu-
rück, die zielbewußte Kavaliere
weit mehr als Schroffheit an den
Rand des Wahnsinns treibt. Nein,
weiß Gott, man hatte in der Tat
ein solches Übermaß von Tugend
in ganz Schwabing, vom Sieges-
tor bis zum lllngererbad, noch nie-
mals angetroffen. Es war einfach
scheußlich!
Gegen die vierte Morgensttinde
Die Genießer
„Nur hinauf mit der Tabaksteuer! Wenn nicht jeder Prolet ooch rauchen kann, schmeckt
uns die Zigarette nochmal so gut!"
775
VON JOHN
Hunde, die nicht bellen, beißen! Menschen, die nicht rauchen, auch!
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Sage mir, was du rauchst, und ich sage dir, wer du bist!
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Ewiger Friede herrschte auf dieser Erde, wenn die Parole nicht hieße:
Proletarier, Kapitalisten oder Faschisten, sondern: Raucher aller Länder
vereinigt euch! *
Was dem einen sin Pfeif, ist dem andern sin Zigarett!
s
Wir gehen nicht unter, solange wir Rauchringe blasen! Wie oft sind diese
zierlichen Gebilde schon die Rettungsringe unserer Seele gewesen!
-s
Nikotinsreies Rauchen: Liebe ohne Gefahr!
Gott schuf den Menschen. Der Mensch aber schuf die Zigarette!
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Wer wagt, gewinnt! Wer raucht, auch!
Ein edler Chef
„So sozial bin ick nu mal jestnnt, daß iek meinen Anjestellten hin
und wieder ne gute Importe vorrooche."
VON W. AUGUSTIN
Kürzlich fand ich im Materialbestand pietätvoll gesammelter Lebens-
erinnerungen zwischen Briefen, Photos, Schminkstiften, Strappes, Frag-
menten, Büstenhaltern und angebistenem Konfekt auch eine Zigarette. Ein
schwer lädiertes Stück, an einem Ende angekohlt, am anderen karmoistn-
rot verfärbt. — Lydia! Laßt mich von ihr sprechen!
Josef Hegenbarth
An jenem unwirtlichen Herbstabend feierten wir in einem Schwabinger
Atelier den fast realisierten Bildverkauf eines Freundes. Die prominente-
sten Vertreter der Schwabinger Künstlerschaft hatten sich zu dem rauschen-
den Fest beidgeschlechtig eingefunden, und katnn konnte das Sofa den
sechzehn Gästen genügend Raum bieten, blnter bacchantischem Jubel ging
das mit edelstem Kirsch gefüllte OdolglaS von Mund zu Mund, niemand
aber vermochte es mit solch edlem Anstand an die Lippen zu führen, wie
Lydia. Mit dem Ausdruck engelhafter Liebkosung griffen ihre lilien-
schlanken, an den sanft geschwungenen Nägeln von Nikotin verfärbten
Fingerchen um das GlaS, und
während sich die Vorhänge ihrer
tintenschwarz passepoilierten Au-
genlider wollüstig schlossen, sog
der glühende Spalt ihrer vollen
Lippen in kleinen, kindlichen Zügen.
Ach ja, diese Lydia!
Sie kam aus der Weltferne
russischer Steppen auf hohen
Beinen süllenhaft angestelzt, malte
seither den heiligen ChristophoruS,
wie er — das Jesuskindlein hucke-
pack — den Schwabinger Bach
traverstert, und trug bereits zu
einer Zeit Kosakenstiefelchen, als
stramme Waden selbst bei ver-
sierten Lebemännern noch gefragt
waren. Alle liebten das schöne,
schmalbeckige Mädchen, hinter des- .
sen schwach skizzierter Brust asia-/
tische Leidenschaft zu toben schien.
Mehrmals waren sogar fast ehren-
haft gemeinte Eheanträge an Lydia
herangetreten. Aber die Ruß in
wies legitime wie illegitime Ver-
lockungen mit jener Sanftmut zu-
rück, die zielbewußte Kavaliere
weit mehr als Schroffheit an den
Rand des Wahnsinns treibt. Nein,
weiß Gott, man hatte in der Tat
ein solches Übermaß von Tugend
in ganz Schwabing, vom Sieges-
tor bis zum lllngererbad, noch nie-
mals angetroffen. Es war einfach
scheußlich!
Gegen die vierte Morgensttinde
Die Genießer
„Nur hinauf mit der Tabaksteuer! Wenn nicht jeder Prolet ooch rauchen kann, schmeckt
uns die Zigarette nochmal so gut!"
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