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Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben — 35.1930, (Nr. 1-52)

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Nr. 50
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https://doi.org/10.11588/diglit.6762#0792
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Wie unser sofort entsandter Interviewer er-
fahren konnte, arbeitet die neugegründete Firma
bereits mit drei Schichten. Ford soll schwer
beteiligt sein und den Gummi zur Zusammen-
kittung der Parteiethik aus Abfallpräparaten
seiner deutschen Produktion in Niesenmengen
liefern.

„Denken S' Eahna, a Jüdin bringt er uns
auf amol ins Haus, der Bua!"

„Jo — die Kinda — die Kinda —"

„Wann's nur a G spusi ivar, no meint'weg'n,
aber a so — patu heirat'n will er's!"

„Alsdann, i an Eahnerer Stell, j mecht so
a Schand nia net zuageb'n! ... Mei Madl
schlawuzt a mit an Jud'n umanander!"

„Wissen S' — i sag allerweil, die jungen
Leit Ham ka nazional's G'fühl net! ... I Hab
scho g'fress'n, wann des Flitscherl anfangt:
Lüber Schwiegerbaba! ... Hörn S', guat auS-
schaun müaßt so a Kreizung Pomeisl-Sonnen-
fchain! ... De Heirat war mei Tod!"

„Des sog i a ... Net überleb'n kunnt i's,
wann mei Madl den Schiegerl Heirat!"

„Na jo — wann's no a Geld hätt', dann
kunnt ma jo drüber reden!"

„Ah — dann jo! ... Aber geh n S' hör n S'
auf, wann Heirat so a reicher Jud scho a arm's
Madl?"

„I red do von mein Buam!"

„Und i von meiner Tochter!"

H. K. B.

Franz K e 1 e m >e n

Zustimmung

„Siehste, Hein, recht ham'se mit den Sparmaßnahmen: Ich halte mir statt fünf
Bräuten o o c h nur mehr vier e."

Der Kellner

Preisabbau

Alle Sachen sinken im Preis.

Man kann es sogar in den Zeitungen lesen
und manche schreiben: das sei ein Beweis
und feien die „Hundertundsieben" gewesen,
und schreiben dunkel: Wer weiß...!

Manche Preise gelten fast gar nichts mehr.

So jene: für Menschen und so und dergleichen.
Und viele arbeiten ohne Salär
und geben sich preiswert wie Selbstmörderleichen
zu jeder Beschäftigung her.

Heute kannst du einen Diplomkaufmaun
gegen Vergütung der Straßenbahnspeseu
mit Kragenknöpfen und mit Salvarsan
hausieren schicken oder mit Besen
vielleicht oder einem Roman.

Ein Ingenieur fährt dir um achtzig Mark
vier Wochen lang (bei Tag und Nacht) deinen

Wagen.

Auch pflegt er nebenbei noch deinen Park.

Wie billig Tippmamsellen sind, ist nicht zum sagen
Jedoch was manche dafür tun, ist arg.

Ein Dr. phil. kommt billiger für dein Kind
alö ein Kindermädchen mit schlechten Manieren,
und daß Patrioten noch preiswerter sind,
wird man erst so recht und von Herzen verspüren,
wenn eö zu schneien beginnt.

Lediglich der Brotpreis bleibt sich ungefähr gleich
und Fleisch von Tieren ist im Wert noch gestiegen.
Doch sonst — Respekt vor dem Dritten Reich!
Wer weiß, was wir noch billiger kriegen
nach diesem gelungenen Streich.

Franz Zorn
Register
Franz Kelemen: Der Kellner
Karl Hubbuch: Zustimmung
H. K. B.: Rassenpolitik
Franz Zorn: Preisabbau
 
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