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VON PETER SC H E R
Geschichtlich bin ich ja nicht sehr beschlagen,
aber das Notwendigste weiß' ich denn doch.
Immerhin — —
Eines Morgens erwachte ich in Italien von
festlichen Geräuschen. Schüsse krachten, Trom-
peten bliesen, Glöckchen bimmelten, Hemden-
inäke zogen in Paradeuniform vorüber und
sangen — was Man Fünfjährigen nicht ver-
denken kann —: Giovinezza, giovinezza,
primavera di bellezza.
Ich rieb mir die Augen — offenbar ein
Nationalfeiertag, dessen ich mir nicht bewußt
war.
Signor Duaguaro, mein Hauswirt, wünschte
mir Ln merkwürdig weicher Stimmung guten
Morgen — sozusagen mit Samtpfötchen; die
alte Mama sah mich gerührt an, die kleinen
Vexierbild: Die anglo ^indische Konfe
in London
r enz
Balilla-Rohnäschen betrachteten mich mi Dor-
übermarschieren mit nngervöhnlicher Scheu.
WaS um alles in der Welt ging vor?
F;ch wünschte Aufklärung, es beunruhigte
mich, keine Ahnung zu haben.
Signor Quaguaro wand sich wie ein Aal;
endlich gestand er mir, halbfeits vor Diskretion
und halbfeits vor Stolz errötend, daß fein
Vaterland heute den Tag des großen Sieges
über mein Vaterland festlich begehe; ich möge
es ihm nicht verübeln. . . einer
müsse schließlich immer unter-
liegen. Ich beruhigte Signor
Duaguaro und dankte ihm für
die Bereicherung meiner histori-
schen Kenntnisse. Aber leicht miß-
gestimmt war ich doch. Da läutet
ein ganzes siegreiches Volk die
Glocken, feuert unter Lebensgefahr
Böller ab, läßt Babys stramm-
stehn und gibt sich sogar Mühe,
dem Angehörigen des unterlegenen
Volkes nicht wehzutun. . . und
ich habe keine Ahnung! Sollte
sich Signor -Duaguaro getäuscht
haben? Nicht möglich, die Böller,
die Glocken, die blmzüge sprechen
für die Redlichkeit seines Triumph-
betriebs.
Also bin ich getäuscht worden;
mein Land hat mir innerhalb der
großen Serie von Niederlagen eine
Spezialniederlage durch Signor
DuaguaroS Land vorenthalten —
nicht schön von meinem Land.
Aber Lügen haben kurze Beine —
eines Tages kommt man dahinter
und ist verstimmt. Warum sagt
man einem daheim nicht offen, wie
es ist; bei soviel blnglück hätte
man das auch noch verschmerzen
können.
Beneidenswerter Signor Dua-
guaro! ^hm ist offen und ehrlich,
ohne zimperliche Rücksicht auf
sogenannte Tatsachen, mitgeteilt
worden, daß er gesiegt hat; er
kann ungetrübten Gemüts Evivva!
rufen und dem nächsten ähnlichen
Ereignis zuversichtlich cntgegen-
böllern. Ich aber sehe mich mit
einer Flasche Grignolo spumante,
der auch schäumt, wenn er richtig
geschüttelt wird, beiseite und ver-
liere mich in ungesunde pazifistische
Grübeleien. Vae victis!
Wo isi der wahre Inder?
c0ovnjDCid{
our
Man sprach über die Geschichte
Rußlands.
Graf Schuwaloff, der lange
^gahre sich der Gunst der Kaiserin
Elisabeth erfreut hatte, machte
einen Einwand.
„Sie müssen es ja wissen,
Graf", entgegnete Chabrillan,„Sie
waren ja d e r Pompadour dieses
Landes." J.H.R.
7 92
VON PETER SC H E R
Geschichtlich bin ich ja nicht sehr beschlagen,
aber das Notwendigste weiß' ich denn doch.
Immerhin — —
Eines Morgens erwachte ich in Italien von
festlichen Geräuschen. Schüsse krachten, Trom-
peten bliesen, Glöckchen bimmelten, Hemden-
inäke zogen in Paradeuniform vorüber und
sangen — was Man Fünfjährigen nicht ver-
denken kann —: Giovinezza, giovinezza,
primavera di bellezza.
Ich rieb mir die Augen — offenbar ein
Nationalfeiertag, dessen ich mir nicht bewußt
war.
Signor Duaguaro, mein Hauswirt, wünschte
mir Ln merkwürdig weicher Stimmung guten
Morgen — sozusagen mit Samtpfötchen; die
alte Mama sah mich gerührt an, die kleinen
Vexierbild: Die anglo ^indische Konfe
in London
r enz
Balilla-Rohnäschen betrachteten mich mi Dor-
übermarschieren mit nngervöhnlicher Scheu.
WaS um alles in der Welt ging vor?
F;ch wünschte Aufklärung, es beunruhigte
mich, keine Ahnung zu haben.
Signor Quaguaro wand sich wie ein Aal;
endlich gestand er mir, halbfeits vor Diskretion
und halbfeits vor Stolz errötend, daß fein
Vaterland heute den Tag des großen Sieges
über mein Vaterland festlich begehe; ich möge
es ihm nicht verübeln. . . einer
müsse schließlich immer unter-
liegen. Ich beruhigte Signor
Duaguaro und dankte ihm für
die Bereicherung meiner histori-
schen Kenntnisse. Aber leicht miß-
gestimmt war ich doch. Da läutet
ein ganzes siegreiches Volk die
Glocken, feuert unter Lebensgefahr
Böller ab, läßt Babys stramm-
stehn und gibt sich sogar Mühe,
dem Angehörigen des unterlegenen
Volkes nicht wehzutun. . . und
ich habe keine Ahnung! Sollte
sich Signor -Duaguaro getäuscht
haben? Nicht möglich, die Böller,
die Glocken, die blmzüge sprechen
für die Redlichkeit seines Triumph-
betriebs.
Also bin ich getäuscht worden;
mein Land hat mir innerhalb der
großen Serie von Niederlagen eine
Spezialniederlage durch Signor
DuaguaroS Land vorenthalten —
nicht schön von meinem Land.
Aber Lügen haben kurze Beine —
eines Tages kommt man dahinter
und ist verstimmt. Warum sagt
man einem daheim nicht offen, wie
es ist; bei soviel blnglück hätte
man das auch noch verschmerzen
können.
Beneidenswerter Signor Dua-
guaro! ^hm ist offen und ehrlich,
ohne zimperliche Rücksicht auf
sogenannte Tatsachen, mitgeteilt
worden, daß er gesiegt hat; er
kann ungetrübten Gemüts Evivva!
rufen und dem nächsten ähnlichen
Ereignis zuversichtlich cntgegen-
böllern. Ich aber sehe mich mit
einer Flasche Grignolo spumante,
der auch schäumt, wenn er richtig
geschüttelt wird, beiseite und ver-
liere mich in ungesunde pazifistische
Grübeleien. Vae victis!
Wo isi der wahre Inder?
c0ovnjDCid{
our
Man sprach über die Geschichte
Rußlands.
Graf Schuwaloff, der lange
^gahre sich der Gunst der Kaiserin
Elisabeth erfreut hatte, machte
einen Einwand.
„Sie müssen es ja wissen,
Graf", entgegnete Chabrillan,„Sie
waren ja d e r Pompadour dieses
Landes." J.H.R.
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