Das Christkind war da . . . Hermann Rombach
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Es ist schon ein paar Jahre her, seit ich einen
Weihnachtsmann gesehen habe — ich meine,
einen wirklichen, gabenverteilenden und nicht
einen Reklame-WeihnachtSmann, der in einem
Schaufenster Stiesel anpreist oder im Straßen-
schmutz dahintrottet, ein Paket aus dem Rücken,
aus dem verkündet wird, daß man die besten
Weihnachtsgeschenke bei der Firma so und so
bekommt und zwar zu den billigsten Preisen,
auch in Raten zahlbar. Den letzten echten
Weihnachtsmann sah ich vor einigen Jahren
in den Weinbergen. Er lies im Trab über die
Straße zu einer bekannten Familie, war weder
von einem Engel noch von einem Teusel be-
gleitet und schämte sich sichtlich.
QOelLnaäii
jj
svnann
sx^uwi
VON KAREL CAPEK
Glaube nicht, lieber Leser, daß ich mich nur
mit Literatur befasse! Manchmal fallen mir
auch ganz praktische Dinge und verschiedene
Unternehmungen ein, in die ich mich stürzen
würde, wenn ich nicht schon mein Handwerk
hätte. Vielleicht aber mochte jemand meine
guten Ideen durchführen, darum will ich sie
verraten:
Wie wäre es, wenn man zum Beispiel ein
Zentralbüro „Zum Weihnachtsmann" einrichten
würde? Ich stelle mir das ganz einfach so vor:
Am Morgen würde das Familienoberhaupt
schlicht telephonieren: „Hallo! Bitte, schicken
Sie mir heute abend um sieben blhr einen
Weihnachtsmann in meine Wohnung."
„Wünschen Sie einen Teusel und einen Engel
dazu?"
„Ist der Teufel nicht gar zu fürchterlich? Ich
meine, werden sich die Kinder nicht fürchten?"
„Oh, Sie können ganz ohne Sorge sein. Wir
haben Teufel in der feinsten Ausführung auf
Lager, die den Kindern großen Spaß machen.
Welche Klasse wünschen Sie, bitte?"
„Klasse??"
„Wir haben nämlich Weihnachtsmänner erster
Klasse. Die haben einen echten Bart, einen
prächtigen Ornat und ein silbernes Glöckchen.
Der Engel hat echte Flügel und der Teufel wird
drei Purzelbäume produzieren. Sie kommen per
Auto angefahren. DieTaxe beträgt hundert Mark.
J. Straub
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Es ist schon ein paar Jahre her, seit ich einen
Weihnachtsmann gesehen habe — ich meine,
einen wirklichen, gabenverteilenden und nicht
einen Reklame-WeihnachtSmann, der in einem
Schaufenster Stiesel anpreist oder im Straßen-
schmutz dahintrottet, ein Paket aus dem Rücken,
aus dem verkündet wird, daß man die besten
Weihnachtsgeschenke bei der Firma so und so
bekommt und zwar zu den billigsten Preisen,
auch in Raten zahlbar. Den letzten echten
Weihnachtsmann sah ich vor einigen Jahren
in den Weinbergen. Er lies im Trab über die
Straße zu einer bekannten Familie, war weder
von einem Engel noch von einem Teusel be-
gleitet und schämte sich sichtlich.
QOelLnaäii
jj
svnann
sx^uwi
VON KAREL CAPEK
Glaube nicht, lieber Leser, daß ich mich nur
mit Literatur befasse! Manchmal fallen mir
auch ganz praktische Dinge und verschiedene
Unternehmungen ein, in die ich mich stürzen
würde, wenn ich nicht schon mein Handwerk
hätte. Vielleicht aber mochte jemand meine
guten Ideen durchführen, darum will ich sie
verraten:
Wie wäre es, wenn man zum Beispiel ein
Zentralbüro „Zum Weihnachtsmann" einrichten
würde? Ich stelle mir das ganz einfach so vor:
Am Morgen würde das Familienoberhaupt
schlicht telephonieren: „Hallo! Bitte, schicken
Sie mir heute abend um sieben blhr einen
Weihnachtsmann in meine Wohnung."
„Wünschen Sie einen Teusel und einen Engel
dazu?"
„Ist der Teufel nicht gar zu fürchterlich? Ich
meine, werden sich die Kinder nicht fürchten?"
„Oh, Sie können ganz ohne Sorge sein. Wir
haben Teufel in der feinsten Ausführung auf
Lager, die den Kindern großen Spaß machen.
Welche Klasse wünschen Sie, bitte?"
„Klasse??"
„Wir haben nämlich Weihnachtsmänner erster
Klasse. Die haben einen echten Bart, einen
prächtigen Ornat und ein silbernes Glöckchen.
Der Engel hat echte Flügel und der Teufel wird
drei Purzelbäume produzieren. Sie kommen per
Auto angefahren. DieTaxe beträgt hundert Mark.
J. Straub