Die folgende Geschichte ift ein Musterbeispiel
für jene besonders listige Art von Streichen, mit
denen «Qiünf den armen Querl immer wieder
heimsucht.
An einem Sonnabendnachmittag sitzen die
beiden an einem Tische in ihrem Stammlokal
und lesen Zeitungen. Querl, der in den „Ge-
richtssaal" vertieft ist, vergißt dabei, daß er
einen Zigarrenstummel im Mundwinkel stecken
hat, und so kommt eS, daß er sich seinen Doll-
bart ansengt. Statt sich selber der Unachtsam-
keit anzuklagen, verwünscht er die männliche
Zier seines Gesichtes und schwört, er werde nun
endlich seinen Entschluß wahrmachen und diesen
lästigen Bart abschaffen. Er sei seiner längst
überdrüssig, er habe ihn einfach satt, und jünger
werde er auch auösehen.
Quint, der bis dahin ruhig weitergelesen hat,
wird plötzlich lebendig, rückt näher und sagt:
„Wie ich höre, lieber Querl, wollen Sie sich
Ihres Bartes entledigen. Darf ich Ihnen den
Vorschlag machen, ihn mir zu verkaufen?"
Querl staunt wie ein neugeborenes Kind.
„Lieber Quint", sagt er, „ich habe Sie schon
iinmer für verrückt gehalten, aber daß Sie
jv-" — „Keine Spur — ich habe nur
augenblicklich Interesse an einem Bart", ant-
wortet Quint, zieht die Brieftasche und legt
einen Zwanzigmarkschein aus den Tisch. „Halten
Sie dies für einen angemessenen Kaufpreis?"
Querl fällt fast vom Stuhle. „Lieber Quint,
verrückt ist gar kein Ausdruck — wahn-
sinnig — —" — „Verkaufen Sie oder ver-
kaufen Sie nicht?" fragt Quint eigensinnig lind
sehr bestimmt. Querl überlegt, ob hinter diesem
kuriosen Ansinnen irgendeine Teufelei stecken
könne, aber er wittert nichts, und zwanzig
Mark sind für ihn ein kleines Vermögen. Er
legt die Hand auf den Schein und sagt:
„Natürlich — ich verkaufe." — „Ausgezeich-
net", kräht Quint, „großartig! Meine Herren"
(und er wendet sich an alle Llmsitzenden), „Sie
sind also Zeugen dieses geschäftlichen Abschlusses:
ich erwerbe hiermit Querls Bart für die runde
Kleinigkeit von zwanzig Mark." Mit dem üb-
lichen Händedruck machen Querl und Quint den
Kauf perfekt.
„So, lieber Quint", sagt Querl und steht
aus, „ich eile sofort zum Friseur, lasse mir den
Bart abnehmen — überreiche ihn dann Ihnen
in einer Tüte — und die Sache ist in Ordnung."
„Was denn — wie denn", ereifert sich Quint,
„was heißt Friseur? Vergessen Sie nicht, daß
dieser Bart jetzt mein Eigentuni ist. Sie haben
nicht die geringsten VersügungSrechte über dieses
Objekt. Und ich muß Ihnen sagen, daß mir
in e i n Bart in Ihre m Gesichte ausnehmend
gut gefällt, und daß ich keinen Grund habe, ihn
entfernen zu laßen. Ohne ineine Einwilligung
darf ihm kein Schermesser zu nahe kommen -L
verstehen Sie — auch Kürzungen oder Be-
schneidungen dulde ich nicht — und ich werde
jeden Tag diesen Prachtforst auf seine Unver-
sehrtheit prüfen. Jede Verletzung meines Eigen-
tumes würde eine Klage nach sich ziehen!"
Querl sinkt vernichtet auf seinen Stuhl zu-
rück. Er weiß genau, daß es jetzt keinen Sinn
hat, weiter in Quint zu dringen. Die Gäste des
„Grünen Gockels" meinen vor Lachen umzu-
kommen. Querl fühlt den Geldschein in seiner
Tasche brennen und verläßt fluchend das Lokal.
Am nächsten Tage tut er, als wäre das
ganze nur ein Bierulk gewesen und hält Quint
die zwanzig Mark hin. Der aber will von allem
nichts wissen, betont den kaufmännischen Ernst
der Angelegenheit, und daß er sich auch aus
einen Rückkauf nicht einlassen könne. Er schätze
sich glücklich, ein solches Prachtexemplar von
Bart sein eigen zu nennen. Querl setzt sich ge-
kränkt in eine Ecke und grübelt schwerfällig
(Fortsetzung Seite 61)
, und nach der Bekanntgabe des höchst erfreulichen Geschäftsberichtes lassen Sie uns nun eine Min
lang schweigend der von uns ausgestellten Arbeitslosen gedenken!"
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für jene besonders listige Art von Streichen, mit
denen «Qiünf den armen Querl immer wieder
heimsucht.
An einem Sonnabendnachmittag sitzen die
beiden an einem Tische in ihrem Stammlokal
und lesen Zeitungen. Querl, der in den „Ge-
richtssaal" vertieft ist, vergißt dabei, daß er
einen Zigarrenstummel im Mundwinkel stecken
hat, und so kommt eS, daß er sich seinen Doll-
bart ansengt. Statt sich selber der Unachtsam-
keit anzuklagen, verwünscht er die männliche
Zier seines Gesichtes und schwört, er werde nun
endlich seinen Entschluß wahrmachen und diesen
lästigen Bart abschaffen. Er sei seiner längst
überdrüssig, er habe ihn einfach satt, und jünger
werde er auch auösehen.
Quint, der bis dahin ruhig weitergelesen hat,
wird plötzlich lebendig, rückt näher und sagt:
„Wie ich höre, lieber Querl, wollen Sie sich
Ihres Bartes entledigen. Darf ich Ihnen den
Vorschlag machen, ihn mir zu verkaufen?"
Querl staunt wie ein neugeborenes Kind.
„Lieber Quint", sagt er, „ich habe Sie schon
iinmer für verrückt gehalten, aber daß Sie
jv-" — „Keine Spur — ich habe nur
augenblicklich Interesse an einem Bart", ant-
wortet Quint, zieht die Brieftasche und legt
einen Zwanzigmarkschein aus den Tisch. „Halten
Sie dies für einen angemessenen Kaufpreis?"
Querl fällt fast vom Stuhle. „Lieber Quint,
verrückt ist gar kein Ausdruck — wahn-
sinnig — —" — „Verkaufen Sie oder ver-
kaufen Sie nicht?" fragt Quint eigensinnig lind
sehr bestimmt. Querl überlegt, ob hinter diesem
kuriosen Ansinnen irgendeine Teufelei stecken
könne, aber er wittert nichts, und zwanzig
Mark sind für ihn ein kleines Vermögen. Er
legt die Hand auf den Schein und sagt:
„Natürlich — ich verkaufe." — „Ausgezeich-
net", kräht Quint, „großartig! Meine Herren"
(und er wendet sich an alle Llmsitzenden), „Sie
sind also Zeugen dieses geschäftlichen Abschlusses:
ich erwerbe hiermit Querls Bart für die runde
Kleinigkeit von zwanzig Mark." Mit dem üb-
lichen Händedruck machen Querl und Quint den
Kauf perfekt.
„So, lieber Quint", sagt Querl und steht
aus, „ich eile sofort zum Friseur, lasse mir den
Bart abnehmen — überreiche ihn dann Ihnen
in einer Tüte — und die Sache ist in Ordnung."
„Was denn — wie denn", ereifert sich Quint,
„was heißt Friseur? Vergessen Sie nicht, daß
dieser Bart jetzt mein Eigentuni ist. Sie haben
nicht die geringsten VersügungSrechte über dieses
Objekt. Und ich muß Ihnen sagen, daß mir
in e i n Bart in Ihre m Gesichte ausnehmend
gut gefällt, und daß ich keinen Grund habe, ihn
entfernen zu laßen. Ohne ineine Einwilligung
darf ihm kein Schermesser zu nahe kommen -L
verstehen Sie — auch Kürzungen oder Be-
schneidungen dulde ich nicht — und ich werde
jeden Tag diesen Prachtforst auf seine Unver-
sehrtheit prüfen. Jede Verletzung meines Eigen-
tumes würde eine Klage nach sich ziehen!"
Querl sinkt vernichtet auf seinen Stuhl zu-
rück. Er weiß genau, daß es jetzt keinen Sinn
hat, weiter in Quint zu dringen. Die Gäste des
„Grünen Gockels" meinen vor Lachen umzu-
kommen. Querl fühlt den Geldschein in seiner
Tasche brennen und verläßt fluchend das Lokal.
Am nächsten Tage tut er, als wäre das
ganze nur ein Bierulk gewesen und hält Quint
die zwanzig Mark hin. Der aber will von allem
nichts wissen, betont den kaufmännischen Ernst
der Angelegenheit, und daß er sich auch aus
einen Rückkauf nicht einlassen könne. Er schätze
sich glücklich, ein solches Prachtexemplar von
Bart sein eigen zu nennen. Querl setzt sich ge-
kränkt in eine Ecke und grübelt schwerfällig
(Fortsetzung Seite 61)
, und nach der Bekanntgabe des höchst erfreulichen Geschäftsberichtes lassen Sie uns nun eine Min
lang schweigend der von uns ausgestellten Arbeitslosen gedenken!"
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