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Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben — 36.1931, (Nr. 1-52)

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Nr. 22 (Industrie und Wirtschaft)
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https://doi.org/10.11588/diglit.6763#0339
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Von einem sonnigen Sonntagnachmittag ver-
lockt, bestiegen wir in St. Augustine den Ver-
gnügungsdampfer „General Hoddle", aus wel-
ehem ein Volksfest stattfand; wir ahnten nicht,
daß wir dort in der Gesellschaft der Sekte der
Independenten waren. Nach halbstündiger Fahrt
wurden wir, da dieser frommen Gesellschaft
unser Benehmen mißfiel, ins Meer geworfen;
nach einer Weile flog uns ein Herr in weißem
Anzug nach. Die guten Seelen auf dem Deck
warfen uns drei Rettungsgürtel zu, dann ver-
ließen sie uns auf dem weiten Meer und fangen
fromme Hymnen.

„Schadet nichts, meine Herren", sagte der
Herr im weißen Anzug. „In sechs Stunden
werden wir, wenn der südwestliche Wind anhält,

das Festland erreichen." Dann stellte er sich uns
vor: „John Andrero Ripraton, Besitzer von
Plantagen und Fabriken in HubertStown." Er
war bei feiner Cousine in St. Augustin zu Be-
such. Dadurch, daß er auf „General Hoddle"
gegen unsere Ausguartierung protestiert hatte,
rvar es ihm, roenn auch unter ungewöhnlichen
Umständen, vergönnt, mit uns bekannt zu
roerden.

bind indes das unendliche Meer uns gleich-
gültig umbrauste und ein träger Wind uns
gegen das Festland zutrieb, erzählte Herr John
Andrew Ripraton von seinem letzten Aufenthalt
in Europa, wo er Bülow in Leipzig, Liszt und
Wagner in Berlin gehört, Schäffle, Smith,
Carey und Taillor studiert hatte, berichtete uns

von seinen Wallfahrten zu den heiligen Stätten
der Industrie, die durch die Ermordung seiner
Eltern durch streikende Arbeiter unterbrochen
worden waren.

Da entgegneten wir, die Sonntagsmenschen:
„O die Arbeiter! Sie sind ein soziales Opfer.
Der Arbeiter ist ein Fabriksprodukt des neun-
zehnten Jahrhunderts. Was soll man nach
einer hundertjährigen Überproduktion mit ihm
anfangen? Es gibt ihrer Millionen; ein jeder
von ihnen ist ein Mensch, ein Fragezeichen, ein
Problem und eine hundertjährige Gefahr; jede
arbeitende Hand ist eine Knospe, die zu einer
Faust aufblüht. Seit jeher existieren von uns
Oberen nur Zehntausend; wir vermehren uns
nicht, aber ihrer werden immer mehr. Ihnen,
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Karel Capek: Es lebe die Wirtschaft!
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