Helmuth v. Geyer
setzen. An Land konnte man glauben, wenn
man ihn reden hörte, daß die ganze Schöpfung
verkehrt auSgedacht war, und daß der Herrgott
besser ihm, Hein, alles hätte überlassen sollen.
An Bord war in Heins Augen der Kapitän
jemand, der überhaupt nichts verstand; immer
wieder fragte er, wozu das Fahren gut wäre,
was wir eigentlich aus See täten, und wenn
einmal eine Welle über Bord kam, dann konnte
man sicher sein, wollte man Hein glauben, daß
unser Ende nahe war. Wir hatten natürlich
alle eine Wut über diesen ewigen Ouengler,
und so hatte er schon ein paarmal von seinen
Kameraden tüchtig eins draufbekommen.
Ihr könnt euch denken, wie er auf dieser
Reise loslegte. Es stand glücklicherweise zuviel
Wind auf dem Schiff, als daß man ihn hätte
verstehen können, aber seine unglückliche Fratze
sagte mehr als alles, was er hätte erzählen
können. Was konnte er toben!
Und dann geschah es! Plötzlich ein Stoß,
daß wir alle durcheinanderpurzelten, und da
saßen wir — fest wie eine Mauer! Dolldampf
rückwärts! Jawoll, Kuchen! Wir saßen fest
und wir blieben fest sitzen. Drahtlose hatte man
damals noch nicht. Wir ließen ein paar Raketen
aufsteigen, die wir selber kaum sehen konnten,
und die kein Mensch dann auch jemals bemerkt
hat. Eine Sturzsee nach der andern schlug gegen
den Schiffsrand, daß es nur so krachte und
donnerte. Wir wußten nur, daß wir verloren
waren, daß es keine Rettung mehr gab, —
wenn nicht durch ein Wunder der Sturm sich
legte. Einen Augenblick schien es, als ob das
geschehen würde. Der Wind ließ etwas nach,
— man konnte wahrhaftig wieder fein Wort
verstehen.
bind davon machte Hein Mißbrauch. Am
Steven konnte man hören, was er am Bug
zusammenschimpfte: daß wir niemals mehr an
Wall kämen, daß wir elend in dem kalten
Wasser ersaufen würden, daß er nun niemals
feine Mutter und fein Mädel Wiedersehen
würde, und mehr solch Zeugs, das jeder bei sich
dachte, worüber man aber den Mund hielt.
,Steh nicht da und jammere, warte, bis es
geschieht!' brach Dirk endlich loS. ,Wenn wir
jemals wieder an Wall kommen, dann werde
ich dir eine Lektion geben, du Jammerlappen,
daß du drandenken sollst!'
,Ree, lieber jetzt', sagte ich, .jetzt, sonst ist eS
vielleicht zu spät!'
.Verflucht noch mal, du hast recht', ant-
wortete Dirk, und krempelte sich die Ärmel
herauf. .Warte, du Memme, du elender Feig-
ling, du Lump, — bevor du in die Ewigkeit
(Fortsetzung S. 701)
Q(yler JchiwifDfi P
Ein Berliner Theaterdirektor hatte auf
Grund einer Empfehlung und nach einer Probe,
die nicht schlecht ausgefallen war, einen jungen
Mann eingestellt, der kleinere Rollen spielte.
Rach einem halben Jahr sagte der Direktor
zu ihm:
„Ich kann Ihren Kontrakt leider nicht
erneuern. Dieses ewige Geschimpfe macht mich
nervös."
„Aber Herr Direktor", sagte empört der
Schauspieler, „ich schimpfe doch nie."
„Ich rede ja auch nicht von Ihnen, ich rede
ja von dem Publikum und der Kritik", gab
der Direktor zurück. K. M.
Tristan Bernard ist, wie alle Größen, ständig
von einer Menge hoffnungsvoller Jünglinge
umlagert, die sich ihrer Bekanntschaft mit dem
Meister brüsten und öfters auch dadurch
Karriere machen wollen.
Einst wurde Tristan Bernard ein solcher
Entlastung
„Hast di denn gar net g'schamt, Loisl,
a Rehkitz z' wuidern?"
„Oh mei, Herr Förster, in der harten Zeit
muaß ma ja froh sei, wann ma bald stirbt!0
Jüngling während eines Abendessens bei den
bekannten Humoristen, den Gebrüdern Mar
und Alex Fischer, vorgestellt.
Am nächsten Tage sieht der Jüngling den
Meister auf der Straße und will ihn anreden;
hält es aber doch für angebracht, ihn zuvor an
die Umstände der Bekanntschaft zu erinnern.
Mit dem Hut in der Hand tritt er auf den
Dichter zu und sagt: „Die Gebrüder Fischer .."
„Ich bin nicht die Gebrüder Fischer!" ruft
Tristan und enteilt. 0. B.
QOa ein Q0.lL iß...?
Die junge Kassiererin einer Wiener Operetten-
bühne hat eine Liebschaft mit einem seltsamen
Herrn. Der bestürmt sie oft und oft, einmal die
Tageslosung zu unterschlagen und mit ihm über
die Grenze zu fliehen, wo sie dann ein herrliches
Leben führen könnten.
Wie leicht erliegt ein liebendes Mädchenherz
den Einflüsterungen eines gewissenlosen Ver-
führers! Auch unsere Kassiererin ward von Tag
zu Tag geneigter und hatte sich mit dem ver-
brecherischen Plan schon ganz abgefunden
Übrigens sitzt sie noch heute an der Kasse.
Uber Hütteldorf hinaus wäre das Paar mit der
Tageslosung doch nie gekommen. L-m.
Qer
Quie
Der Maler Corot, Gott weiß warum, haßte
Ärzte glühend. Ein unfreundliches Schicksal
wollte es einst, daß ein Bauer des kleinen
Dorfes, in dem er zur Sommerfrische war, ihn
für einen Arzt hielt, ja sogar für einen Tierarzt.
Des Bauers Kuh beunruhigte den guten
Mann.
„Meine Kuh ist krank", sprach er Corot an,
„und ich weiß nicht, ob ich sie nicht erschlagen
soll. Was glauben Sie, Herr Doktor?"
„Erschlagen Sie sie nur", erwiderte Corot
wütend, „nachher wird man schon sehen."
Efa.
Der Bankier Fuxbaum möchte anläßlich
seines zwanzigsten Geschäftsjubiläums seinen
Angestellten eine Freude machen. Er teilt dies
seinen Beamten mit, und bittet um Vorschläge
unter Berücksichtigung folgender Punkte: erstens
dürfe eS nichts kosten, zweitens sollten sich die
Angestellten darüber freuen und drittens müsse
die Öffentlichkeit daran Interesse nehmen.
Der Kassierer schlägt einen gemeinsamen
Rheindampferausflug vor. — Wird als
unpraktisch abgelehnt.
Die Tippdame, Fräulein Hansi, ist für einen
Maskenball; die Idee wird ebenfalls als
unbrauchbar verworfen.
Da meint der junge Stift: „Am besten, Herr
Fuxbaum, Sie hängen sich auf! Erstens kostet
es nichts, zweitens freuen sich Ihre Angestellten
darüber, und drittens nimmt die Öffentlichkeit
Interesse daran."
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