volkstümlichen Erotik einbog. DaS Wort
„Deandl" fiel von des Assistenten jovialen
Lippen, und im selben Moment sprang der
Zeiger deS bisher unbeobachteten PsychometerS
klirrend auf 61 .. .
Eine Alarmglocke schrillte — Donnerhall eilte
herbei. Er sah das Geschehene, hörte von
Xavers psychischer Glanzleistung — und sank
weinend vor Glück an deS schlichten Analpha-
beten königstreue Brust.
Doch schon band sich der Zufall die Schick-
salsmaske vor. Dom Erfolg gestachelt, nicht
bangend vor der Götter Neid, beschloß der
Professor, mit seinen Jüngern vereint, Xavers
erotische DorstellungSwelt reicher zu beleben,
um den schlichten Burschen zu psychischen
Spitzenleistungen zu bewegen.
Aber allzu straff gespannt — zerspringt auch
der Bogen der Psychometrie. Xaver beun-
ruhigte das geschäftige Bemühen der preußisch
redenden Männer um ihn, Xaver wurde ver-
wirrt und, statt mit sanften Gefühlen den
lockenden Bildern der Lust zu folgen, ließ er sich
urplötzlich zu einer dräuenden Wildheit Hin-
reißen. Primitiven Regungen seines Stammes
nachgebend, schrie er den weißbekittelten Män-
nern eine Aufforderung zu, der keiner von ihnen
je nachzukommen gewillt war.
Im selben Moment, als das schreckliche
Wort Xavers Mund entfloh, sprang der Zeiger
deS PsychometerS auf die Ziffer 100, tänzelte
dort einen Augenblick erregt hin und her, und
hüpfte dann sogleich über die ioo hinaus, damit
die wundervolle Mechanik deS PsychometerS im
Nu zerstörend. Der Gefühlsüberschwang eines
schlichten ManneS hatte ihr den Garaus ge-
macht.
Nach seiner ursprünglichen Lehre hätte Pro-
fessor Donnerhall den Xaver auS den bayeri-
schen Bergen eigentlich als einen zukünftigen
Hölderlin preisen oder er hätte ihm zumindest
die Laufbahn eines höheren Klerikers eröffnen
müssen. Die psychometrische DersuchSanstalt
wurde jedoch für alle Zeiten geschlossen und
der völlig verwirrte Donnerhall selbst in ein
Irrenhaus überführt. Dort arbeitete er in
lichten Stunden an einem umfangreichen Werk,
das den Titel trug „Manische Emotionalper-
turbationen der alpinen, speziell der oberbayri-
schen Psyche".
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„Deandl" fiel von des Assistenten jovialen
Lippen, und im selben Moment sprang der
Zeiger deS bisher unbeobachteten PsychometerS
klirrend auf 61 .. .
Eine Alarmglocke schrillte — Donnerhall eilte
herbei. Er sah das Geschehene, hörte von
Xavers psychischer Glanzleistung — und sank
weinend vor Glück an deS schlichten Analpha-
beten königstreue Brust.
Doch schon band sich der Zufall die Schick-
salsmaske vor. Dom Erfolg gestachelt, nicht
bangend vor der Götter Neid, beschloß der
Professor, mit seinen Jüngern vereint, Xavers
erotische DorstellungSwelt reicher zu beleben,
um den schlichten Burschen zu psychischen
Spitzenleistungen zu bewegen.
Aber allzu straff gespannt — zerspringt auch
der Bogen der Psychometrie. Xaver beun-
ruhigte das geschäftige Bemühen der preußisch
redenden Männer um ihn, Xaver wurde ver-
wirrt und, statt mit sanften Gefühlen den
lockenden Bildern der Lust zu folgen, ließ er sich
urplötzlich zu einer dräuenden Wildheit Hin-
reißen. Primitiven Regungen seines Stammes
nachgebend, schrie er den weißbekittelten Män-
nern eine Aufforderung zu, der keiner von ihnen
je nachzukommen gewillt war.
Im selben Moment, als das schreckliche
Wort Xavers Mund entfloh, sprang der Zeiger
deS PsychometerS auf die Ziffer 100, tänzelte
dort einen Augenblick erregt hin und her, und
hüpfte dann sogleich über die ioo hinaus, damit
die wundervolle Mechanik deS PsychometerS im
Nu zerstörend. Der Gefühlsüberschwang eines
schlichten ManneS hatte ihr den Garaus ge-
macht.
Nach seiner ursprünglichen Lehre hätte Pro-
fessor Donnerhall den Xaver auS den bayeri-
schen Bergen eigentlich als einen zukünftigen
Hölderlin preisen oder er hätte ihm zumindest
die Laufbahn eines höheren Klerikers eröffnen
müssen. Die psychometrische DersuchSanstalt
wurde jedoch für alle Zeiten geschlossen und
der völlig verwirrte Donnerhall selbst in ein
Irrenhaus überführt. Dort arbeitete er in
lichten Stunden an einem umfangreichen Werk,
das den Titel trug „Manische Emotionalper-
turbationen der alpinen, speziell der oberbayri-
schen Psyche".
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