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VON HERBERT SCHLÜTER

Sie Ehe von Elisabeth und Joachim gefiel den Leuten von Anfang
an nicht.

Don Elisabeth ist zu sagen, daß sie krauses Haar hatte, das dunkel-
braun, fa>t schwarz war und weit von ihrem runden Schädel abstand,
dazu tellergroße Augen und aufgeworfene, negerhaste Lippen.

Zweifellos vergröbert diese Beschreibung in Art der Nahausnahmen.
2« Wahrheit war Elisabeth keineswegs reizlos, und gewiß nicht für
Joachim.

Sie war fünfunddreißig Jahre alt, derart, daß sie morgens wie
vierzig, abends aber wie dreißig aussah. Er, Joachim, schlank, blond
und ohne Tadel, von seiner Kurzsichtigkeit abgesehen, war hingegen
fünfundzwanzig, derart, daß er morgens wie zwanzig, abends aber wie
dreißig aussah. Abends also hatten sie ein gemeinsames Alter, und nie-
mand, der sie nur abends gekannt hätte, hätte ihren Altersunterschied
skandalös finden können.

Was ihre beiderseitigen Freunde betraf, so hatten sie nach voll-
zogener Eheschließung einmütig geschworen, keine Störenfriede des
jungen Glücks länger zu sein. Ihre Ermahnungen hatte man in den
Wind geblasen, nun sollten sie sehen, wie sie allein mit sich fertig würden.

Aber da blieb Elisabeths Tochter aus erster Ehe, Eva. Die fand,
daß ihr neuer Dater nicht viel älter als sie selbst sei, obwohl, genau
gerechnet, neun Jahre sie trennten. Sie war in dem knospenhaften
Alter von sechzehn Jahren. Sie also konnte oder wollte sich nicht daran
gewöhnen, dem neuen Vater die ihm rechtens zukommende Anrede zu
geben. Sondern sie rief, wie ihre Mutter, ihn schlechthin Tutti.

„Eigentlich geht das nicht", meinte Elisabeth eines Tages, als Tutti

zum Abendepen müde und abgehetzt aus der Sprechstunde kam, im Kopf
noch die Körpergeräusche des letzten Patienten. „Eigentlich geht das
nicht an, daß Eva dich wie einen Bruder behandelt."

Tutti winkte müde ab. „Komische Vorurteile hast du", murmelte er,
„warum soll sie nicht?"

Eva war bei dieser Unterredung nicht zugegen. Sie erschien zu spät
beim Abendessen, weil sie bei Papa, „dem richtigen", dem nämlich, von
dem Elisabeth sich vor einem halben Jahre hatte scheiden lassen, Schul-
arbeiten gemacht hatte. Der richtige Papa nämlich war ein Mathe-
matikprofessor und auch sonst ganz nett. — „Wie verträgst du dich mit
deinem neuen Dater?" fragte er sie oft und sah halb heiter, halb ver-
drießlich drein. — „Dank der Nachfrage", erwiderte Eva, „er macht
sich, er geht, er ist ganz komisch. Weißt du, ich nenn ihn bloß Tutti."
— Der Herr Professor strich sich das Kinn, lächelte zweideutig und
bemerkte dazu: „Sehr vernünftig, mein Kind."

Es war soweit ein ganz harmonisches Familienleben, bis auf den
Umstand vielleicht, daß, wenn man zu dritt ausging (was Tutti liebte)
man die Leute oft bemerken hörte: „Gott, eine wie junge Mutter! Und
wie reizend sie mit ihren Kindern ist!" Frau Elisabeth war das keines-
wegs erfreulich, zu hören.

„Es geht nicht", bestand sie Eva gegenüber neuerlich, „daß du deinen
Vater in aller Öffentlichkeit Tutti rufst. Was sollen nur die Leute von
mir denken?!" Aber die beiden Kinder waren nicht zu belehren. Sie
blieben bei ihren geschwisterlichen Umgangsformen.

Bald verstieg sich denn Elisabeth zu der Behauptung, sie käme sich
vor, wie aufs Altenteil gesetzt, wie nur noch eben geduldet — und das









L. Berger

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Register
L. Berger: Zeichnung ohne Titel
Herbert Schlüter: Vaudeville
 
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