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eason . .

Künstler sehen Dich an

V

Nervosität

„Dös sag' i dir, Roserl, den ersten Gast,
der zu ins eini kimmt, schmeiß' i wieder
'naus, aus Wuat, wei's der oanzige is!"

C^j3egvuncleie C03ec/enlcen

Während das Wiener Burgtheater, von
Kopf bis Fuß auf Klassiker eingestellt, schon
fast unter Ausschluß der Öffentlichkeit spielt,
gab es irn Akademietheater, der räumlich aller-
dings bedeutend kleineren Burgtheaterfiliale,
wochenlang volle Häuser.

Da plötzlich erhielt die Generalintendanz
einen Wink von höherer Seite, und eines
Tages wurde die Komödie „Die kleine Katha-
rina", das erfolgreiche Zugstuck des Akademie-
theaters, fang- und klanglos vom Spielplan
abgesetzt.

Ich erkundigte mich bei einem befreundeten
Funktionär der Bundestheaterverwaltung nach
dem geheimnisvollen Grund dieser vom fis-
kalischen Standpunkt aus unverzeihlichen Maß-
nahme.

„No, fchaun S', lieber Freund", klärte er
mich auf, „warum dieses Lustspiel abg'setzt
wordn iS, liegt do ans der Hand: wann a
Theaterstück dem Publikum gar so gut g'fallt,
net wahr, dann muß irgend a Schweinerei
dahinter stecken, die an einer staatlichen Bühne
natierlich nix zu suchen hat!"

Salpeter

Nachdem der steirische Heimwehrputsch mit
der Flucht Dr. PfrimerS ins sichere Ausland
ein rasches Ende gesunden hat, wandern schon
wieder allerlei Gerüchte von Mund zu Munde,
wonach ein neuer, zweiter Heimwehrputsch un-
mittelbar bevorstehen soll.

Die Entstehung dieser Gerüchte wird auf die
Tatsache zurückgeführt, daß sich die Heimwehr-
sührer Starhemberg und Dr. Steidle in den
letzten Tagen Automobile a n g e s ch a s s t
haben sollen.

s - t - r

Sponrath trifft seinen Freund Kargl.

„Du, Kargl", sagt Sponrath, „sei mir nicht
böse, aber schön langsam wirst du eine lächer-
liche Figur!"

„Was —" fährt Kargl auf, „und das sagst
du mir inS Gesicht?"

„Lieber Freund, beruhige dich, ich will dich
ja nicht beleidigen, aber als dein Freund habe
ich die Pflicht, dir die Augen zu öffnen. ..
Deine Frau betrügt dich!"

Atemzuglang ist Kargl stumm, dann bricht
er los.

„Sie betrügt mich ... Diese Person betrügt
mich ... Na — da wird die Welt etwas er-
leben ... Jetzt geh ich nach Hause — auf der
Stelle geh ich nach Hause —"

„Schau, Kargl", versucht Sponrath den
Tobenden zu beruhigen, „wenn ich das ge-
wußt hätte, daß du dich so aufregst —"

Schreit Kargl den Freund an:

„blnd mit wem betrügt sie mich? ... Weißt
du das vielleicht auch?"

„Ob ich's weiß... Mit deinem Kompag-
non — mit Kornitzer!"

Kargl wird bleich, seine Augen funkeln und
zähneknirschend stößt er hervor:

„Mit Kornitzer .. . Mit dem ... Na wart

— dem werd ich die Gemeinheit einsalzen .. .
Sponrath, irrst du dich nicht — bestimmt
nicht?"

„Wie kann ich mich irren!" beteuert Spon-
rath, „der Kornitzer hat mir's selbst gesagt!"

„Was —" staunt Kargl empört, „er brüstet
sich noch damit, der Halunke!"

„Nein, davon ist keine Rede, aber er hat
mich um tausend Schilling angepumpt, weil
deine Frau sich einen neuen Pelzmantel wünscht!"

„So —" grollt Kargl zornbebend, „und du

— du hast ihm das Geld gegeben?"

„Aber natürlich — der Kornitzer ist mir
gut!"

Wir haben kein Talent, uns einzurichten
in dieser Welt.

Wir malen, meißeln, komponieren, dichten —
Wo bringt daS Geld?

Ist Kunst alö Ware noch gefragt?

Ist Kunst zum Essen? —

Wir hoffen immer, daß es einmal tagt,
und wir vergessen,

daß unter tausend einer arriviert.

Gott weiß eS, wie!

Neunhundertneunnndneunzig bleiben ange-
schmiert.

Wie vegetieren die! —

Ach, wir verirrten Existenzen
vom Künstlertum!

Wonach bei uns die Hosenböden glänzen,
daS heißt nicht Ruhm.

DaS heißt: mit lasterhaftem Eigensinne,
der metaphysisch ist,

sich kratzen, beißen, bohr'n durch Dick und
Dünne

als Menschheits-Optimist. . .

Wem so ein Künstlertum der liebe Gott
ins Hauptbuch schmeißt,
der lebt ein Leben im Bankrott,
zu Deutsch: im Geist.

Walther C. F. Lierke

Da geht ein Leuchten über Kargls Gesicht,
er drückt Sponrath die Hand und atmet er-
leichtert aus.

„Ich danke dir, alter Freund, das werd ich
dir nie vergessen — einen neuen Pelz hat sie
wirklich schon dringend gebraucht!"

H. K. Breslauer

Hanns Scheller

Riviera-Träume

„Und wenn man endlich mal glaubt, man hätte sich mit 'nem Hochstapler verlobt,
dann ist es schließlich nur 'n wirklicher Kapitalist!"

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S-t-r: Sicheres Zeichen
[nicht signierter Beitrag]: Nervosität
Hanns Scheller: Riviera-Träume
Salpeter: Begründete Bedenken
Hans Karl Breslauer: Herbst Season...
Walther C. F. Lierke: Künstler sehen dich an
 
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