WEIHNACHTSFREUDEN ANNO PLEITE
Neujahrskorrespondenz 1931/3 2
„Wie könnte man sich denn nur so vorsichtig aus-
drücken, daß es nicht ironisch klingt, wenn man
heuer ein „Glückliches neues Dahr" wünscht?"
2jn Läden und ins Warenhaus marschieren
und dutzendweis Geschenkartikel kaufen,
die man dir reicht in bunten Packpapieren,
und wieder durch die vollen Straßen laufen
und nicht mal schimpfen, wenn der Arm vom Tragen
allmählich lahm wird —: DaS ist mal gewesen.
Die Weihnachtskauflust pflegt in unfern Tagen
stch zu erschöpfen im Annonrenlesen.
Da liest du dann: eS gibt wo billig Pelze,
beinah echt Biber, freilich aus Kanin, —
da gibt es Seiden von besonderm Farbenschmelze,
da wirkt ein Abendkleid berückend kühn,
da preist man Ia prima Perlenketten,
nicht richtige, doch ff. imitiert,
dann LuxuS-Ballschuh, Russen-Stiefeletten
und was die Mode-Industrie ansonst noch führt-
DaS liest du alles... bind du könntest flennen:
Don all dem Plunder kaufst du deiner Freundin nichts.
Sie wird in altem Lammfell, alten Schuhen rennen,
sie wird ihr GlaS-Kollier behalten angesichts
Glockengeläut und frohe Rufe drangen um die Mitternacht empor
zum Himmel.
„WaS ist denn nur los?" fragte Gottvater unwillig.
„Aber Herr! Weißt du das nicht?" antwortete Petrus, „bluten feiern
sie Neujahr und wünschen stch alles Gute!"
„Haben sie im vorigen Jahr auch schon also getan?"
„Gewiß, Herr!"
„blnbelehrbare Optimisten!" sprach sinnend der Herr ... -
H. S-t.
nungen
BankdirektorS haben Silvestergäste.
bim Elf schreitet man zu dem traditionellen, zukunftkündenden Blei-
gießen.
Herr Bankdirektor beginnt.
Schwappt unter größter Feierlichkeit das flüssige Metall in das kalte
Wasser. Zfchfchsch!
Holt das Klümpchen heraus, hält es so, daß eS einen deutlichen
Schatten wirft. Seltsam verschlungenes Gebilde!
„Aber das ist ja ein Paragraphenzeichen!" ruft jemand.
„Wahrhaftig! Ganz deutlich. Ein Paragraph!" stimmt alles zu.
Herr Bankdirektor murmelt nachdenklich:
„Wenn man wenigstens wüßte, welcher!"
H. Seiffert
Sr.
mm er wici
[ wieder:
^ere
Elschen, blühende 15 Jahre, steht dabei, als die Eltern nachmittags
die Tischordnung für die Silvestergäste beraten.
DaS übliche Hin und Her. Bei Mama ist es besonders schwierig.
Schließlich, als Papa sein Ziel erreicht hat und die Schönsten der
Schönen für den Abend neben sich weiß, gibt er nach: „Also gut, dann
nimm den Doktor Schönfelder zum rechten, den Baron Wildermut zum
linken Nebenmann."
Erledigt. Einzug der Gäste; Stuhlrücken; fertig.
„Gott, Mama", sagt Elschen entzückt, an die Mutter geschmiegt,
„was hat Papa doch für 'n paar hübsche Nebenfrauen!"
der Pleite, die in deinen Taschen haust.
Zu einem Christbaum wird eS knapp noch reichen,
wenn du dein Geld durch's Mikroskop beschaust-
DaS Leben ist zum Goldstandard-Erweichen!
Walther C. F. Lierke
Beratungen für 193 2.
„Wichtig ist in erster Linie, daß wir uns über die Zusammen-
setzung des Konziliums einig sind, welches das zu bildende Kon-
zilium zu bestimmen hat, welches sich über die zu stellende Dia-
gnose zu eipigen hat; sollte hier eine Einigung Zustandekommen,
so könnte sich ja dann ein anderes Konzilium mit der Art der
Ernährung befassen, doch müßte dieser Beschluß erst einem
Unterausschuß zur Begutachtung vorgelegt werden, worauf dieses
Resultat uns zur weiteren Beratung wieder vorzulegen wäre, ob-
wohl die Frage der Ernährung erst in fünfter Linie in Frage kom-
men dürfte" usw.
Neujahrskorrespondenz 1931/3 2
„Wie könnte man sich denn nur so vorsichtig aus-
drücken, daß es nicht ironisch klingt, wenn man
heuer ein „Glückliches neues Dahr" wünscht?"
2jn Läden und ins Warenhaus marschieren
und dutzendweis Geschenkartikel kaufen,
die man dir reicht in bunten Packpapieren,
und wieder durch die vollen Straßen laufen
und nicht mal schimpfen, wenn der Arm vom Tragen
allmählich lahm wird —: DaS ist mal gewesen.
Die Weihnachtskauflust pflegt in unfern Tagen
stch zu erschöpfen im Annonrenlesen.
Da liest du dann: eS gibt wo billig Pelze,
beinah echt Biber, freilich aus Kanin, —
da gibt es Seiden von besonderm Farbenschmelze,
da wirkt ein Abendkleid berückend kühn,
da preist man Ia prima Perlenketten,
nicht richtige, doch ff. imitiert,
dann LuxuS-Ballschuh, Russen-Stiefeletten
und was die Mode-Industrie ansonst noch führt-
DaS liest du alles... bind du könntest flennen:
Don all dem Plunder kaufst du deiner Freundin nichts.
Sie wird in altem Lammfell, alten Schuhen rennen,
sie wird ihr GlaS-Kollier behalten angesichts
Glockengeläut und frohe Rufe drangen um die Mitternacht empor
zum Himmel.
„WaS ist denn nur los?" fragte Gottvater unwillig.
„Aber Herr! Weißt du das nicht?" antwortete Petrus, „bluten feiern
sie Neujahr und wünschen stch alles Gute!"
„Haben sie im vorigen Jahr auch schon also getan?"
„Gewiß, Herr!"
„blnbelehrbare Optimisten!" sprach sinnend der Herr ... -
H. S-t.
nungen
BankdirektorS haben Silvestergäste.
bim Elf schreitet man zu dem traditionellen, zukunftkündenden Blei-
gießen.
Herr Bankdirektor beginnt.
Schwappt unter größter Feierlichkeit das flüssige Metall in das kalte
Wasser. Zfchfchsch!
Holt das Klümpchen heraus, hält es so, daß eS einen deutlichen
Schatten wirft. Seltsam verschlungenes Gebilde!
„Aber das ist ja ein Paragraphenzeichen!" ruft jemand.
„Wahrhaftig! Ganz deutlich. Ein Paragraph!" stimmt alles zu.
Herr Bankdirektor murmelt nachdenklich:
„Wenn man wenigstens wüßte, welcher!"
H. Seiffert
Sr.
mm er wici
[ wieder:
^ere
Elschen, blühende 15 Jahre, steht dabei, als die Eltern nachmittags
die Tischordnung für die Silvestergäste beraten.
DaS übliche Hin und Her. Bei Mama ist es besonders schwierig.
Schließlich, als Papa sein Ziel erreicht hat und die Schönsten der
Schönen für den Abend neben sich weiß, gibt er nach: „Also gut, dann
nimm den Doktor Schönfelder zum rechten, den Baron Wildermut zum
linken Nebenmann."
Erledigt. Einzug der Gäste; Stuhlrücken; fertig.
„Gott, Mama", sagt Elschen entzückt, an die Mutter geschmiegt,
„was hat Papa doch für 'n paar hübsche Nebenfrauen!"
der Pleite, die in deinen Taschen haust.
Zu einem Christbaum wird eS knapp noch reichen,
wenn du dein Geld durch's Mikroskop beschaust-
DaS Leben ist zum Goldstandard-Erweichen!
Walther C. F. Lierke
Beratungen für 193 2.
„Wichtig ist in erster Linie, daß wir uns über die Zusammen-
setzung des Konziliums einig sind, welches das zu bildende Kon-
zilium zu bestimmen hat, welches sich über die zu stellende Dia-
gnose zu eipigen hat; sollte hier eine Einigung Zustandekommen,
so könnte sich ja dann ein anderes Konzilium mit der Art der
Ernährung befassen, doch müßte dieser Beschluß erst einem
Unterausschuß zur Begutachtung vorgelegt werden, worauf dieses
Resultat uns zur weiteren Beratung wieder vorzulegen wäre, ob-
wohl die Frage der Ernährung erst in fünfter Linie in Frage kom-
men dürfte" usw.