Silvesterstimmung 1932
„Vaschtehst es, Toni, daß d' Leut’ no so lusti sei kinna, bei dera Gehalts-
kürzung?"
„Da no, d' Mietpreissenkung wirkt si halt a scho a weng aus!"
„Alsdann", sagt die Frau Staudinger zu
ihrer Tochter, „alsdann, Wetti, meint'weg'n
kannst über'n Sonntag rnit'n Rudolf Skifahr'n
geh n. .. Nur muaßt mir versprechen, daß di
brav aufführst... Er iS zwar a ganz a rarer
Mensch, der Rudolf, aber de Männer san
schlecht — und woll'n alle dasselbige...
Wann a Madl aa verlobt iS mit an — nach-
her laßt er's dann g'wiß sitzen!"
Am Montag kommt die Wetti wieder nach
Hause.
„Na — wie warS?" fragt die Mutter.
„Wunderschön . .. Prachtvoll ... Pulver-
schnee ... Einen Telemark Hab ich g'macht!"
„Davon versteh i nix!" unterbricht Frau
Staudinger den Begeisterungsausbruch der
Tochter, „i man nur, ob d' net vielleicht da
ob'n in dera Schutzhütt'n — net wahr ja —
eppa bein Übernachten —
„Aber, Mutter, was fallt dir ein!" ent-
gegnet die Wetti errötend, „wo werd ich
denn? .. . Iba — na — so dumm bin i net!"
blnd die Wetti wachselt versonnen die Brettln,
denkt dabei nach, wachselt, und hält plötzlich
inne.
„Du, Mutter, glaubst, ist der Rudolf ein
Christ?"
„No hörst", ereifert die Mutter sich, „das
siecht ma eahm do an — auf'n ersten Blick. . .
Na — so a Frag!"
Meint die Wetti nachdenklich:
„Siehst, wie man sich täuschen kann ... Ein
Jud ist er!" H. K. Breslauer
blnlängst sprach ein Spendensammler bei
mir vor, um Naturalspenden für die große
„Aktion Winterhilfe" zu erbitten. Ich gab ihm
ein paar alte Wäschestücke und Anzüge, dar-
unter auch eine sehr gut erhaltene Hose, die
für mich wertlos geworden war, da sie sich
der steigenden Tendenz meines Bäuchleins nicht
mehr anzupassen vermochte.
Der Spendensammler bewunderte die Hose,
lobte den guten Stoff, die moderne Fasson und
insbesondere natürlich meinen ausgeprägten
Wohltätigkeitssinn. blnd nachdem er mich genug
gelobt hatte, brachte er eine kleine Bitte vor.
„Wissens, Herr", sagte er, „daß Sie so an
schönen Anzug herschenken, das iS ja sehr lieb
und nett von Jhner! Aber was braucht a
schäbiger Obdachloser so a noblichte Hosn?
blnd drum möcht' i Jhner vorschlag'n: gebenS
die Hos'n lieber mir persönlich, i zahl Jhner
fufzehn Schilling dafür!" Salpeter
Ein Irrtum ist eS, zu glauben, der Mensch
beherrsche daS Auto. Es ist umgekehrt. Phan-
tastische Sachen wie Nockenwelle, Hub-Dolu-
men, Gleitlager, Vierradbremse and so on
haben einen Wirkungsradius, der über den
Wagen hinaus auf das Gehirn übergreift, all-
wo eine partielle Gehirnlähmung: paranoia
automobilia, erzeugt wird. Es tritt bei Frauen
häufiger auf als bei Männern.
Jngeborg, die nur noch in Kilometern dachte,
in Pferdekräften träumte, Jngeborg schrie be-
geistert, nachdem ihr Wagen mit 30 PS über
etliche Gänse, Feldhasen, Perlhühner und Jung-
schweine gegangen war: „Es geht doch nichts
über ein Auto!" Im Gegenteil. Da kann man
nichts machen.
Abends sagte ihr Gatte, stumpfen Jammer
im Blick: „Da hat jemand angerufen, du
hättest seine Katze überfahren, du sollst sie ihm
ersetzen."
„Verrückt! Ich kann doch keine Mäuse
fangen..." Rwld.
(^)röam/c
aiionen
immer
so
humorlos fein P !
Ein Berliner Reporter hat bei einer Sil-
vesternachtstreife durch vornehme Nachtlokale
die Feststellung gemacht, daß der Glanz und
die Eleganz früherer Jahre — trotz des Be-
triebs — fast völlig zu vermissen gewesen
seien; die Gäste hätten eher Leichenbittern als
Silvestergästen geglichen.
— Die Leichenbitter haben durch ihre
Spitzenorganisation.Beleidigungsklage erhoben.
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„Vaschtehst es, Toni, daß d' Leut’ no so lusti sei kinna, bei dera Gehalts-
kürzung?"
„Da no, d' Mietpreissenkung wirkt si halt a scho a weng aus!"
„Alsdann", sagt die Frau Staudinger zu
ihrer Tochter, „alsdann, Wetti, meint'weg'n
kannst über'n Sonntag rnit'n Rudolf Skifahr'n
geh n. .. Nur muaßt mir versprechen, daß di
brav aufführst... Er iS zwar a ganz a rarer
Mensch, der Rudolf, aber de Männer san
schlecht — und woll'n alle dasselbige...
Wann a Madl aa verlobt iS mit an — nach-
her laßt er's dann g'wiß sitzen!"
Am Montag kommt die Wetti wieder nach
Hause.
„Na — wie warS?" fragt die Mutter.
„Wunderschön . .. Prachtvoll ... Pulver-
schnee ... Einen Telemark Hab ich g'macht!"
„Davon versteh i nix!" unterbricht Frau
Staudinger den Begeisterungsausbruch der
Tochter, „i man nur, ob d' net vielleicht da
ob'n in dera Schutzhütt'n — net wahr ja —
eppa bein Übernachten —
„Aber, Mutter, was fallt dir ein!" ent-
gegnet die Wetti errötend, „wo werd ich
denn? .. . Iba — na — so dumm bin i net!"
blnd die Wetti wachselt versonnen die Brettln,
denkt dabei nach, wachselt, und hält plötzlich
inne.
„Du, Mutter, glaubst, ist der Rudolf ein
Christ?"
„No hörst", ereifert die Mutter sich, „das
siecht ma eahm do an — auf'n ersten Blick. . .
Na — so a Frag!"
Meint die Wetti nachdenklich:
„Siehst, wie man sich täuschen kann ... Ein
Jud ist er!" H. K. Breslauer
blnlängst sprach ein Spendensammler bei
mir vor, um Naturalspenden für die große
„Aktion Winterhilfe" zu erbitten. Ich gab ihm
ein paar alte Wäschestücke und Anzüge, dar-
unter auch eine sehr gut erhaltene Hose, die
für mich wertlos geworden war, da sie sich
der steigenden Tendenz meines Bäuchleins nicht
mehr anzupassen vermochte.
Der Spendensammler bewunderte die Hose,
lobte den guten Stoff, die moderne Fasson und
insbesondere natürlich meinen ausgeprägten
Wohltätigkeitssinn. blnd nachdem er mich genug
gelobt hatte, brachte er eine kleine Bitte vor.
„Wissens, Herr", sagte er, „daß Sie so an
schönen Anzug herschenken, das iS ja sehr lieb
und nett von Jhner! Aber was braucht a
schäbiger Obdachloser so a noblichte Hosn?
blnd drum möcht' i Jhner vorschlag'n: gebenS
die Hos'n lieber mir persönlich, i zahl Jhner
fufzehn Schilling dafür!" Salpeter
Ein Irrtum ist eS, zu glauben, der Mensch
beherrsche daS Auto. Es ist umgekehrt. Phan-
tastische Sachen wie Nockenwelle, Hub-Dolu-
men, Gleitlager, Vierradbremse and so on
haben einen Wirkungsradius, der über den
Wagen hinaus auf das Gehirn übergreift, all-
wo eine partielle Gehirnlähmung: paranoia
automobilia, erzeugt wird. Es tritt bei Frauen
häufiger auf als bei Männern.
Jngeborg, die nur noch in Kilometern dachte,
in Pferdekräften träumte, Jngeborg schrie be-
geistert, nachdem ihr Wagen mit 30 PS über
etliche Gänse, Feldhasen, Perlhühner und Jung-
schweine gegangen war: „Es geht doch nichts
über ein Auto!" Im Gegenteil. Da kann man
nichts machen.
Abends sagte ihr Gatte, stumpfen Jammer
im Blick: „Da hat jemand angerufen, du
hättest seine Katze überfahren, du sollst sie ihm
ersetzen."
„Verrückt! Ich kann doch keine Mäuse
fangen..." Rwld.
(^)röam/c
aiionen
immer
so
humorlos fein P !
Ein Berliner Reporter hat bei einer Sil-
vesternachtstreife durch vornehme Nachtlokale
die Feststellung gemacht, daß der Glanz und
die Eleganz früherer Jahre — trotz des Be-
triebs — fast völlig zu vermissen gewesen
seien; die Gäste hätten eher Leichenbittern als
Silvestergästen geglichen.
— Die Leichenbitter haben durch ihre
Spitzenorganisation.Beleidigungsklage erhoben.
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