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37. JAHRGANG

N D

>532 / NR. „

T IR A\ G I S C H E S S IP II IE IL

VON F. O. D E C L E S

Xo misch? — -Da 3 ist entschieden zu viel, ad er
für harmlos und ungefährlich hielt ich diese
männliche Inkonsequenz auch. Wir Frauen
schätzen sogar die Ungebundenheit an den .Män-
nern, weil wir in ihr vielleicht einen letzten Rest
uralter Raubinstinkte wittern. Für den Flirt
ist |ic köstlich, sie verleiht ihm Leichtigkeit und
Grazie im Haschen und Loslassen, sie macht
ihn unverbindlich für beide Teile. . . deshalb
taugen verläßliche Männer auch nicht zum
Flirt! Übrigens gibt es wohl keinen Mann,
der in der Liebe wirklich verläßlich wäre. Oie
Statur hat den Mann so gebaut, daß er von
uns verlangt: „Gib dich auf! Gib dich restlos
auf! Verschenke dich, daß nichts mehr von dir
übrigbleibt! Jede Falle,
jeder Winkel deiner Seele
muß mir gehören wie dein
Körper!" — Wir sehen zu
wie wir erobert werden,

Millimeter für Millimeter,
und wir wissen nicht, ob
wir entsetzt sein sollen oder
glücklich. Ist dann der Bo-
den unter uns verschwun-
den, in unserem Umkreis
leere Luft und einzig der
Mann, auf den wir uns
stützen, dann sagt er viel-
leicht: Dielen Dank, Ma-
dame! Und schwirrt ab wie
eine Bremse. Wir aber
treiben lvie Kinderballons
durch den blauen Äther und
sind froh, lvenn unü ein
gleichgültiger Telegraphen-
draht nicht zum Verhängnis
wird.

Ihre „komische Inkonse-
quenz", das ist ein böser
Konstruktionsfehlerder Liebe
und wir
büßen,

auch die Männer, denn sie
leiden selbst unter ihrer ein-
geborenen Uytreue.

Anstatt Lustspiele zu
schreiben und dies kölnisch
zu finden, sollte man in der
Schule den Mädchen bei-
bringen: erstens, der Mann,
den du liebst, darf nicht treu
sein! Zweitens mach dir

nichts daraus, daß er es nicht ist! (Wie du
das fertig bringst, ist freilich deine Sache! Beim
Kinderkriegen mußt du mit den Schmerzen auch
allein zu Rande kommen. Schön dumm aber
wärst du, lvenn du lvegen der Schmerzen auf
Kind und Liebe verzichtetest!) Endlich, erwarte
nichts von unserer Weisheit, lvas wir dir im
günstigsten Fall bieten können, sind Antiseptika,
gesund lverden inußt bii von alleine!

Adda hat ihre männliche Inkonsequenz auch
nicht ernst genommen. Sie hat sich überhaupt
nicht um Männer gekümmert, aber plötzlich
lvurde sie von der Liebe gestreift und die ist
über sie weggefahren wie ein vollgepfropfter
Autobus.

Sie kannten doch Paul? Ratürlich, jch
brauche Ihnen also nicht viel über ihn zu
erzählen. Sie fanden doch lvohl, daß er gut
aussah, und für einen lustigen, netten Xecl
hielten Sie ihn auch!

Wir sind gut ausgekommen, ich habe Paul
sehr gern gehabt, sehr, sehr gern sogar, aber
Liebe lvar das trotzdem nicht. Es wäre nicht
so glatt gegangen sonst!

Paul lvollte in mir nicht nur die Geliebte
sehn, er suchte die Mutter, den Freund, auch
den Sohn und noch ein Outzend andere Mög-
lichkeiten. Aber dies alles hinderte ihn absolut
nicht in seinem eingeborenen Hang zur Untreue.
Oer gute Paul! In den drei Jahren, die
wir zusammenlebten, hat
er mich sicher mit fünfzig
Frauen hintergangen und
sicher ist er heute noch über-
zeugt, daß er mich durch
sein Zartgefühl und sein
unerhörtes Raffinement vor
jeder Enttäuschung belvahrt
hat. Aber ich habe natür-
lich alles gemerkt, ange-
fangen von den Blicken in
der Untergrund, bis zu
seiner überaufmerksamen
Zärtlichkeit nach einer „drin-
genden Konferenz". Än-
fangs nahm ich es ihm sehr
übel, ich bildete mir ein, ihm
sehr viel gegeben zu haben
und die andern Männer
lvaren mir lvirklich so un-
interessant lvie Laternen-
Später habe ich
nur überlegt, lvie ich Paul
die elvigen Seitenwege ab-
gewöhnen könnte und fand
ein Mittel: sobald Paul
wieder im Begriff stand,
einer Versuchung zu erlie-
gen, lvählte ich vor seinen
Augen einen beliebigen Be-
kannten und begann mit
chm zu flirten, daß die
Oiagnose auf Ehebruch auf
hundert Kilometer zu stellen
war. OaS verträgt kein
Mann; ich glaube, mein
Skotch lvürde noch eher
ohne zu jaulen die neunte

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Register
F. O. de Cles: Tragisches Spiel
Franz Doll: Mutter und Kind
 
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