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3 7. JAHRGANG
END
1 9 3 2 / N R. 49
JAHRES ^VERSAMMLUNG DER BLEISTIFTE
VON KARL HANS STROBL
Wenn die Bleistifte eine Versammlung ab-
halten, so machen sie eS genau so wie die Men-
schen. Sie wählen zunächst einen Präsidenten,
der die Verhandlungen leitet, damit alles seine
Ordnung hat und jeder in der Reihe so zu
Wort kommt, wie er sich gemeldet hat.
Auch dieses Jahr wurde natürlich wieder
der goldene Crayon mit dem Diamantenknauf
gewählt, der schon in einer ganzen Menge von
Versammlungen den Vorsitz gehabt hatte und
kraft seiner Erfahrung und des Ansehens, das
er besaß, der Berufenste dazu schien. Es ver-
steht sich, daß er, wie immer, mit der goldenen
klhr kam, an der er hing. Sie hatte ja eigent-
lich in einer Versammlung von Bleistiften nichts
zu suchen, sie war ein überflüssiges Anhängsel
des Crayons, und hinten bei den dicken Zim-
niermannsbleistiften erhob sich auch ein spötti-
sches Gemurmel. Es war eine Schwäche des
Crayons, immer die llhr mitzubringen, aber
bei seinen sonstigen Verdiensten mußte man sie
ihm wohl durchgehen lassen.
Die Jahresversammlung der Bleistifte findet
allemal in der Nacht zum ersten Mai statt,
und Ln dem Augenblick, als sich die Zeiger der
goldenen blhr, dieses Anhängsels des Crayons,
vereinigten, um beide mit ihren Spitzen auf
Zwölf zu zeigen, eröffnete der Präsident die
Sitzung. Er fragte zunächst, ob die Wahl eines
Schriftführers gewünscht werde. Aber sie wurde
nicht gewünscht, sie war unnötig, denn jeder
der Anwesenden war ja in seiner Art Schrift-
führer.
Man konnte also gleich in die Beratung ein-
gehen. Zunächst war der Bericht über das ab-
gelaufene Jahr zu erstatten, und der Vor-
sitzende bat den Eversharp, das Wort zu er-
greifen. Der Eversharp war bei den Tinten-
stiften, den Zimmermannsbleistiften, den Blei-
Der Feuerreiter
R. von Hoerschelmann
770
3 7. JAHRGANG
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JAHRES ^VERSAMMLUNG DER BLEISTIFTE
VON KARL HANS STROBL
Wenn die Bleistifte eine Versammlung ab-
halten, so machen sie eS genau so wie die Men-
schen. Sie wählen zunächst einen Präsidenten,
der die Verhandlungen leitet, damit alles seine
Ordnung hat und jeder in der Reihe so zu
Wort kommt, wie er sich gemeldet hat.
Auch dieses Jahr wurde natürlich wieder
der goldene Crayon mit dem Diamantenknauf
gewählt, der schon in einer ganzen Menge von
Versammlungen den Vorsitz gehabt hatte und
kraft seiner Erfahrung und des Ansehens, das
er besaß, der Berufenste dazu schien. Es ver-
steht sich, daß er, wie immer, mit der goldenen
klhr kam, an der er hing. Sie hatte ja eigent-
lich in einer Versammlung von Bleistiften nichts
zu suchen, sie war ein überflüssiges Anhängsel
des Crayons, und hinten bei den dicken Zim-
niermannsbleistiften erhob sich auch ein spötti-
sches Gemurmel. Es war eine Schwäche des
Crayons, immer die llhr mitzubringen, aber
bei seinen sonstigen Verdiensten mußte man sie
ihm wohl durchgehen lassen.
Die Jahresversammlung der Bleistifte findet
allemal in der Nacht zum ersten Mai statt,
und Ln dem Augenblick, als sich die Zeiger der
goldenen blhr, dieses Anhängsels des Crayons,
vereinigten, um beide mit ihren Spitzen auf
Zwölf zu zeigen, eröffnete der Präsident die
Sitzung. Er fragte zunächst, ob die Wahl eines
Schriftführers gewünscht werde. Aber sie wurde
nicht gewünscht, sie war unnötig, denn jeder
der Anwesenden war ja in seiner Art Schrift-
führer.
Man konnte also gleich in die Beratung ein-
gehen. Zunächst war der Bericht über das ab-
gelaufene Jahr zu erstatten, und der Vor-
sitzende bat den Eversharp, das Wort zu er-
greifen. Der Eversharp war bei den Tinten-
stiften, den Zimmermannsbleistiften, den Blei-
Der Feuerreiter
R. von Hoerschelmann
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