Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
J U G

37. JAHRGANG

END

1 93 2 / N R 52

Seit drei Tagen schleppten Ausgeher und
rote Radler Weihnachtspakete um Weihnachts-
pakete vor die WohnungStüre des Kommerzien-
rats Josef Kistel.

Die elektrische Klingel schwitzte vor vielein
Getriller, das Messingschild war von den Voten
der Hoflieferanten vor lauter Ablesen verwischt
und im Stiegenhaus blieb eine Wolke von auS-
geschnauftem Asthma zurück.

Am Morgen des Heiligen Abends wurde das

Geschenkzimmer gesperrt, damit niemand die
Fracht des Tannenbaumes, der vom ersten
Tapezierer und Auslagen-Dekorateur der Stadt
geschmückt war, vor dem Fest erschaue und die
Gaben den Duft der Überraschungen behalten
konnten.

An diesem Tage enthielten die Frühausgaben
der Börsenblätter zwischen den letzten KurS-
nachrichten auch herzige Weihnachtsgeschichten,
in denen geschrieben stand — wie einstens aus

Bethlehems Fluren das Christkind in aller
Armut zur Welt kam, wo eS noch keine Ab-
findungsschilder für Hausbettel gab und keine
Kommerzienrätin im „Wohltätigkeitsbazar für
deutsche Christkinder im Auslande" belegte
Brötchen streichen konnte. . .

klnd der Kommerzienrat Kistel las den
Seinen, um eine Oktave höher, als er sonst
Telefongespräche führte, all diese Geschichten
mit solcher Rührung vor, daß ihm Tränen in

f

Rudolf Kriesch

ü

m'. *; j h i; :;.i: {i,

MW


th

ij

II



iL

„(toll sei Dank, daß wir keine Kindei' haben, Ilse,

Weihnachten 1932

man wüßte wirklich nicht, was für eine Uniform man ihnen schenken sollte!11

818
Register
Rudolf Kriesch (Kriz): Weihnachten 1932
Ernst Hoferichter: Das Christkind im Salon
 
Annotationen