Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
schon seine zwanzig Jahrln ehrlich dient. Hörn's, den kann nia ja
nimmer anfmachn, wenn er einmal drunten ist, da müssenS a bisserl
tiefer in Sack greifen und auch an neuen Lüster kaufen. Da ist mein

Musterbuch. Den da nehmenS, der wird sehr gut passen. Und billig

iS er auch. Bloß 400 Schilling, gar ka Preis. Vor a paar Jahrln
hat ers Doppelte gekostet. So, bitte sehr, Sie brauchen bloß zu unter-
schreiben. Aber — ui je, daran Hab mer gar net gedacht! Jetzt paßt

der Lüster unmöglich zu Ihrer Schreibtischlampen. Die stehn wie Hund
und Katz gegeneinand. Da müssenS schon a Schreibtischlampn auch dazu
nehmen. In derselben Ausführung, bitt Sie, 400 oder 600 Schilling ist
doch kaum mehr der Rede wert."

Mir verging Hören und Sehen. Ich war in einen Hexenkessel ge-
raten und vermochte mich aus dem Treiben um mich nicht mehr zu
lösen. Ich wußte nicht inehr, waS ich tat, was ich sagte. Jedes meiner
Worte wurde mir im Munde verdreht, immer, wenn ich erwidern
loollte, lvurde mir die Rede kurz abgeschnitten. Und am selben Vach-
mittag kamen auch bereits der neue Lüster samt Schreibtischlampe. Und
als der Lieferant die Lampe auf den Tisch stellte, bemerkte er: „Zu so
einem Lüster und solch einer Lampe gehört eigentlich auch die richtige
Schreibtischgarnitur. Die alte ist ein Hohn und Spott. Mein Sohn, der
jetzt postenlos ist, hat eine Vertretung in Schreibtischgarnituren, ich werde
ihn in einer Stunde herschicken und damit Sie nicht etwas aussuchen, was
nicht zu Ihren Sachen paßt, werde ich gleich für Sie bestimmen, ja?"

Er bestimmte, sandte den Sohn und dieser türmte eine Schreibtisch-
garnitur vor mir aus, die mehr als die Hälfte meines alten Schreib-
tisches einnahm. „Um Gottes willen", rief ich entsetzt, „da bleibt mir

Zeiten . . .

Erbesberger bereist die Provinz.

Kommt ins Warenhaus Zawitschek.

„Herr Zawitschek", sagt er, „da hätt' ich einen prima Kammgarn —"

„Danke —", lehnt Zawitschek ab, „vorläufig bin ich versorgt!"

„Herr Zawitschek", drängt Erbeöberger, „wir geben Ihnen drei
Monate Ziel!"

Zawitschek sträubt sich verzweifelt.

„Herr Zawitschek", läßt Erbesberger nicht locker, „schau'n Sie sich
den Kammgarn an — und den Cheviot.. . Bestellen Sie, — von uns
können Sie das größte Entgegenkommen erwarten!"

Meint Zawitschek:

„Gut — ich bestell', wenn Sie mir versprechen, daß mir Ihre Firma
beim Ausgleich keine Schwierigkeiten inacht!"

II. K. B.

Modernes Gleichnis

Von Karl Kurt Wolter

Es war einmal ein ganz kleiner Staat (sein Name spielt hier keine
Rolle), der loollte auch so sein lvie die anderen, großen Nachbarn. Er
loollte auch kulturelle Ziele haben, für die er kämpfen könnte und eine
Tradition, Und richtige Straßen loollte er haben mit festen Brücken . . .
— nur Parteien wollte er keine haben, denn er besaß schon vier. Viele
Bürger des Staates aber meinten, das alles könne man nur erreichen,
loenn man eine Eisenbahn besitze. Obwohl eine Bahn eigentlich nicht
nötig gewesen wäre, weil der Staat bisher ganz gut mit seinen alteil
Verkehrsmitteln auSgekommen war, redeten einige vorlaute Bürger so
lange davon, bis es der Staat glaubte und sich eine Eisenbahn wünschte.
Da jedoch die Regierung des Staates selbst über wenig Geld verfügte,
übergab sie die Konzession für den Bahnball an einen fremdländischen
Unternehmer, der sich heftig darum bewarb. Dieser Unternehmer ließ
also die Vorarbeiten aus seine Kosten aussühren, daS Vermessen der
Wege, das Schienenlegen und schließlich auch die Wagen lind alle drei
Lokomotiven — kurzum, er bezahlte die ganze Bahn. Dafür sollte der
Unternehmer dann 33 Jahre lang alle Einnahmen der Bahn behalten
dürfen; und davon versprach er sich sehr viel.

Der Bahnbau verlangte ein großes Kapital und kostete beträchtliches
Geld. Deshalb konnten auch nicht alle Einrichtungen so gestaltet werden,
wie sie eigentlich dem neuesten Stand der Technik entsprochen hätten.

Als die Bahn fertiggestellt loar und ihren Betrieb ausnahm, sah sie
zloar aus wie eine richtige Eisenbahn, sie konnte laut pfeifen und Rauch

(Fortsetzung auf Seite 57)

ja zum Schreiben kein Platz." Doch der postenlose Sohn lächelte
ironisch: „Sie denken doch nicht daran, diese noble Garnitur aus einen
so ordinären Schreibtisch zu stellen? Jetzt müssen Sie natürlich einen
neuen Schreibtisch kaufen. Am besten, ich schicke Ihnen meinen Freund,
der handelt mit solchen Sachen und ist riesig billig."

Diese Nacht verbrachte ich schlaflos. Schweres Kopfweh plagte mich
und erst gegen 3 Uhr früh glaubte ich endlich etwas Ruhe zu finden,
da läutete es. Erstaunt öffnete ich. Ein kleiner, untersetzter Herr stand
vor mir. „Entschuldigen Sie", ölte seine Stimme, „daß ich so zeitig
komme, ich muß nämlich nachher fortfahren und da loollte ich Ihnen
die Garnitur gleich mitbringen. Ich bin der Möbelhändler." „Wer?"
entfette ich mich. — „Nun, Sie haben doch gestern einen neuen Schreib-
tisch bestellt, aber den können wir nicht allein liefern. Sie müssen auch
den Segel und den Tisch für die Klubmöbel dazunehmen. Und den
Bücherkasten." Vergeblich wehrte ich mich gegen sein Angebot. In einer
halben Stunde standen sämtliche Möbel in meiner Wohnung, am
selben Nachmittag brachte ein Jnnendekorateur alles übrige, was noch
gefehlt hatte, um meine Wohnting gänzlich zu verändern.

Die Rechnung, die nachher kam, betrug, auf mein Monatseinkommen
verteilt, das bürgerliche Gehalt von 3 Jahren, \ Monaten, 16 Tagen
und 2 Stunden.

Als mein Freund Alfred das nächsteinal kam und. ich ihm mein Leid
klagte, nicht ohne ihn dabei gehörig auSzuzanken, meinte er ganz entrüstet:

„Dir geschieht doch eigentlich recht, eine solche Kleinigkeit wie ein Loch
im Fußboden beachtet man einfach gar nicht. Dann kann einem der-
artiges nicht passieren."

Illustrierte Sprichwörter:

Bruno Gutensohn

I.

„L u nt e riechen!“

55
Register
Karl Kurt Wolter: Modernes Gleichnis
Bruno Gutensohn: Illustrierte Sprichwörter
H. K. B.: Zeiten...
 
Annotationen