Der kurzsichtige Herr
„Halt! Halt! Pssst, — Taxe, — sind Sie frei?!“
Meine Frau wird Doktor der Medizin
23 d n Friedrich Karinthy
Liebe Tonte!
Meine Frau hat mich gebeten, Dir statt ihrer zu schreiben, da Iolan
jetzt keine Zeit hat. Liebe Tante, ich teile Dir hocherfreut mit, daß für
den achtzehnten die Rigorosen meiner Frau angesetzt sind, die sie auch
aller Wahrscheinlichkeit nach gut bestehen wird. Meine arme Frau
lernt den ganzen Tag Biologie und Bakteriologie, was sehr schwer sein
muß; da neulich habe ich ein bißchen in diese medizinischen Bücher hinein-
geschaut, eS hat mir aber der Kopf davon weh getan. Meine Frau hat
mir deshalb die Bücher aus der Hand genommen und gesagt, daß ich
mich nicht mit so etwas beschäftigen soll, und dann hat sie mir aus
lateinisch die Krankheit gesagt, die man bekommen kann, wenn der
Mensch sich mit so etwas beschäftigt, bevor er Anatomie gelernt hat.
Meine Frau ist wirklich sehr gut zu mir und ich bin ihr sehr dankbar
und quäle sie nicht mit meiner blnruhe, denn sie hat doch soviel zu lernen!
Aber einem so einfältigen Menschen wie mir, nicht wahr, kommen aller-
hand dumme Gedanken, wenn er allein ist. Ich weiß ja, daß Iolan
recht hat, daß daS Ganze eine kleine hysterische Neurasthenie ist, die ver-
gehen wird, wenn ich gescheit sein und ihr folgen werde, aber immer
kann ich meinem Herzen nicht befehlen. Gestern abend als Iolan sehr
müde und erschöpft zu Bett ging und fragte, warum ich noch nicht
schlafe, wurde auf einmal mein Herz so schwer, ich begann zu klagen,
daß ich mich so einsam fühle. Iolan lächelte nur ernst und gütig hinter
ihrem Augenglas, fühlte meinen Puls und fragte, ob ich nicht in der
Gegend des nervus sympathicus einen fluktuierenden Druck fühle;
dann klopfte sie meinen Brustkorb ab und schrieb mir eine Salbe auf,
die mir sicher helfen werde, Ich war sehr glücklich, daß sie so gut zu mir
ist und wollte sie umfassen, aber ich bin wohl dumm und ungeschickt,
denn ich habe sie gerade an einer solchen Stelle berührt, die sehr heikel
ist, denn sie erklärte mir in ihrer gütigen und ernsten Weise, daß ich
andermal aufpassen möge, da an dieser Stelle die Lungenlymphdrüsen
im Kontakt sind mit dem kycirobielioZIobiDus ... leider habe ich das
Wort vergessen und sie hat mich'S doch zehnmal nachsagen lassen.
Schließlich haben wir uns doch versöhnt, liebe Tante, aber diese vielen
Bakterien verbittern mir mein Leben. Iolan nimmt nämlich die Bak-
terien sehr ernst und deshalb muß ich mich desinfizieren, ehe ich sie küssen
darf. Sie sagt, das ist eine Idiosynkrasie von mir, wenn ich mich so
wehre gegen ein bißchen Karbol-Sublimat, in das sie allabendlich meinen
Kopf bis zum Hals zu tunken pflegt.
Ich sitze am Fenster und schaue hinaus und zwischen allerhand anderen,
närrischen Gedanken geht mir durch den Kopf, wie gut eS wäre, wenn
zu der Zeit, wo Iolan die Rigorosen hat, jemand hier bei mir säße, ein
kleines, blondes Kindchen, ein herziges Baby; da könnten wir zu zweit
aus dem Fenster sehen und auf die Mama warten.
Du weißt ja, Tantchen, daß wir daS Baby für Anfang dieses Monats
erwartet hatten. Iolan sagte auch, daß eS am fünften da sein wird; sie
legte sich auch pünktlich nieder, obwohl sie soviel andere Arbeit hatte.
Sie umgab sich mit vielen medizinischen Fachbüchern über Geburten,
damit ja alles richtig werde, aber dann ist doch nichts aus der Sache
geworden. Iolan ist dann später daraufgekommen, daß nicht sie schuld
war, sondern daß in dem einen Fachbuch infolge eines Druckfehlers
-
A
-
f
wie oft liest man das in der
Zeitung. Ist denn ein Fünfziger
wenigertüchtig? Es ist auch nicht
das Alter: man will eben be-
wegliche Leute um sich haben.
Und was macht alt und träge?
Immer wieder das Fett! Darum
täglich Dr. Ernst Richters
Frühstückskräutertee.
Das räumt überflüssige Fettab-
lagerungcn fort u. bewahrt ju-
gendl. Schlankheit, Spannkraft,
u. Leistungsfähigkeit. Packg. M.
1.80. Kurp. M.9.—, exlrastark:
M.2.25 und M. 11.25. In alle*
Apotheken und Drogerien.
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FRÜHSTÜCKS-KRÄUTERTEE
„Hermes“ Fabrik pharmazeut Präparat«
Manchen 52 Güllitrafi* 7
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J3ayerstr. 9 Tel. 53 4 21.
Erforscht alles Erfolg-
reiche Ermittlungen und
heimliche Beobachtungen
überall. Auskünfte jeder
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Ehescheidungs- Alimen-
tations- u. a. Prozesse.
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die berühmte Mein kan st ßüA/ze
mg jn aie oeriwmte aieiri/
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M 1 /£ Sefre/?5h/u/
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sofort befreit wird. Alter
und Geschlecht angeben.
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ehrlichen Leser bei Be-
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Anzeigen erfolgen, sich
ausdrücklich auf die
„JUGEND"
berufen zu wollen.
VERLAG und REDAKTION
DER „JUGEND"
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München
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Paul-Heyse-Straße 28/1. ;
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(Telefon 59 62 18) Erste ]
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jederzeit zur Verfügung. I
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1933 / JUGEND Nr.5
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