Die gute alte Zeit 1932!
Wann wird man sagen:
„Mutti, da lese ich in einem alten Buch die Warte: Arbeitslosigkeit,
Tango und Radio — was bedeuten sie?"
„Als der Großvater die Großmutter nahm, flog er — denkt euch nur
— statt in zehn Minuten, in drei bis vier Stunden von Berlin nach
Wien."
Nach dem ersten Weltkriege kam eine Architektur auf, die wir heute
als Glattik oder Sachlik bezeichnen.
Eine sonderbare Verirrung der Medizin war die Lehre von den Vita-
minen, vergleichbar etwa dem Stein der Weisen des Mittelalters.
Man war der heute verbotenen Maschine so untertan, daß man so-
gar die sogenannten Liebesbriefe auf Schreibapparaten schrieb.
Der Lärm auf den Straßen inachte manche Menschen „schlaflos",
eine Krankheit, deren Namen wir heute kaum kennen.
Man fühlte sich nur wohl, wenn man die Luft in den Räumen ver-
mittels glimmender Röhrchen, gefüllt mit einem bräunlichen Staub un-
erforschter Zusammensetzung, mit blauem Rauch erfüllte.
Abends versammelte man sich in großen Häusern, um Menschen zu-
zusehen, die erfundene Szenen darstellten oder
solchen zuzuhören, die auf hölzernen oder metal-
lenen Instrumenten Töne hervorbrachten —
zu welchem Zweck das geschah, ist unklar
(wohl, wie der Forscher R/^29 behauptet,
auS religiösen Gründen).
Außer staatlichen Tiertötern gab eS noch
Privatleute, die dies aus Vergnügen taten.
Man hängte und stellte alte, nicht mehr benützbare Gegenstände in
den Wohnungen auf, mit Farben täuschend die Natur nachahmende
Leinwandflächen, aber auch andere Dinge aus früheren Jahrhunderten
— wahrscheinlich Andenken an Familienmitglieder.
Frauen verfälschten künstlich ihren natürlichen Drift. Die rotgefärb-
ten Lippen und Fingernägel unserer Damen von heute waren hingegen
darnals schon bekannt.
Viele der uns überlieferten Volks-Liedertexte sind völlig unverständ-
lich, etwa: „Brarine Madonna von Hawai, ach, alles ist uns einerlei"
oder: „Warum geht Dnkel Theodor sooft durchs Brandenburger Tor?"
Illnfer reizendes Kinderspiel: „Anna, Liese, Psycho" wurde damals von
Erwachsenen gespielt.
An Festtagen hängte man viereckige bunte Stücke Trrch zum Fenster
hinaus, rvodrirch sonderbarerweise das Herz rascher schlug.
Ach, die gute alte Zeit, da eS noch wilde Bäume gab!!!
Elb
Werbung
Der Mann ging mit dem Mädchen im Mondschein und in Liebe.
DaS Mädchen seufzte tief. Der Mann seufzte tief. „Darf ich Sie bei
Ihrem Vornamen nennen?" Das Mädchen meinte: „Gern. Wenn Sie
der Welt gestatten, mich mit Ihrem Familiennamen zu nennen."
keim Ausbleiben oder bei verspäteter Zustellung unserer Zeitschrift bitten wir die
Bezieher, sich sofort an den Zusteller oder an die zuständige Zustellpostanstalt zu
wenden und erst dann, wenn dies keinen Erfolg haben sollte, uns davon Mitteilung
zu machen.
VERLAG DER „JUGEND' MÜNCHEN, HERRNSTR. 10
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neue
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PR
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Wanderer-Verkauf durch: AUTO UNION FILIALEN G. m. b. H. Filiale München, Odeonsplatz 12
Fernruf 22 7 61 - 63 — Werkstätten Zennerstraße 20, Fernruf 70 9 84
Bei etwaigen Bestellungen bittet man auf die Münchner „Jugend“ Bezug zu nehmen
1933 / JUGEND Nr. 6
91
Wann wird man sagen:
„Mutti, da lese ich in einem alten Buch die Warte: Arbeitslosigkeit,
Tango und Radio — was bedeuten sie?"
„Als der Großvater die Großmutter nahm, flog er — denkt euch nur
— statt in zehn Minuten, in drei bis vier Stunden von Berlin nach
Wien."
Nach dem ersten Weltkriege kam eine Architektur auf, die wir heute
als Glattik oder Sachlik bezeichnen.
Eine sonderbare Verirrung der Medizin war die Lehre von den Vita-
minen, vergleichbar etwa dem Stein der Weisen des Mittelalters.
Man war der heute verbotenen Maschine so untertan, daß man so-
gar die sogenannten Liebesbriefe auf Schreibapparaten schrieb.
Der Lärm auf den Straßen inachte manche Menschen „schlaflos",
eine Krankheit, deren Namen wir heute kaum kennen.
Man fühlte sich nur wohl, wenn man die Luft in den Räumen ver-
mittels glimmender Röhrchen, gefüllt mit einem bräunlichen Staub un-
erforschter Zusammensetzung, mit blauem Rauch erfüllte.
Abends versammelte man sich in großen Häusern, um Menschen zu-
zusehen, die erfundene Szenen darstellten oder
solchen zuzuhören, die auf hölzernen oder metal-
lenen Instrumenten Töne hervorbrachten —
zu welchem Zweck das geschah, ist unklar
(wohl, wie der Forscher R/^29 behauptet,
auS religiösen Gründen).
Außer staatlichen Tiertötern gab eS noch
Privatleute, die dies aus Vergnügen taten.
Man hängte und stellte alte, nicht mehr benützbare Gegenstände in
den Wohnungen auf, mit Farben täuschend die Natur nachahmende
Leinwandflächen, aber auch andere Dinge aus früheren Jahrhunderten
— wahrscheinlich Andenken an Familienmitglieder.
Frauen verfälschten künstlich ihren natürlichen Drift. Die rotgefärb-
ten Lippen und Fingernägel unserer Damen von heute waren hingegen
darnals schon bekannt.
Viele der uns überlieferten Volks-Liedertexte sind völlig unverständ-
lich, etwa: „Brarine Madonna von Hawai, ach, alles ist uns einerlei"
oder: „Warum geht Dnkel Theodor sooft durchs Brandenburger Tor?"
Illnfer reizendes Kinderspiel: „Anna, Liese, Psycho" wurde damals von
Erwachsenen gespielt.
An Festtagen hängte man viereckige bunte Stücke Trrch zum Fenster
hinaus, rvodrirch sonderbarerweise das Herz rascher schlug.
Ach, die gute alte Zeit, da eS noch wilde Bäume gab!!!
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Der Mann ging mit dem Mädchen im Mondschein und in Liebe.
DaS Mädchen seufzte tief. Der Mann seufzte tief. „Darf ich Sie bei
Ihrem Vornamen nennen?" Das Mädchen meinte: „Gern. Wenn Sie
der Welt gestatten, mich mit Ihrem Familiennamen zu nennen."
keim Ausbleiben oder bei verspäteter Zustellung unserer Zeitschrift bitten wir die
Bezieher, sich sofort an den Zusteller oder an die zuständige Zustellpostanstalt zu
wenden und erst dann, wenn dies keinen Erfolg haben sollte, uns davon Mitteilung
zu machen.
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Fernruf 22 7 61 - 63 — Werkstätten Zennerstraße 20, Fernruf 70 9 84
Bei etwaigen Bestellungen bittet man auf die Münchner „Jugend“ Bezug zu nehmen
1933 / JUGEND Nr. 6
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