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J u

38. JAHRGANG

G E N D

1 9 3 3 / NR.32

WER ODER WAS IST IPUJOIL?

Diese Geschichte ist eine Denkaufgabe, und
ihr Kern — der infolgedessen erst ganz am
Ende hervortritt — ist ein Beweis für die
Kraft und die Macht des ReifegeisteS. Aber
auch für einiges mehr. Damen, welche die
Geschichte gelesen haben und ihre Männer auf
der Urlaubsreife begleiten, sollten das Denk-
spiel „Wer oder was ist Pujol?" mit ihrem
Gatten gleich dort anfangen, wo ich Pujol
kennen lernte, im D-Zug.

In einem Raucherabteil des FrühzugeS
Stuttgart—München—Wien stieß ich auf ihn,
und er rückte sofort, sobald die Wahl meines
Platzes feststand, mir gegenüber.

Bis Freilassing, wo ich umzusteigen hatte,
waren es zwei Stunden: nicht viel Zeit, mich
zu der Reporterfahrt vorzubereiten, deren
Ergebnis noch am selben Abend unter Dach
und Fach sein sollte.

„Wunderschöna Sag heut! Ischt lang' koi
so schöna Morga gwesa." — „Hm."

Er stand auf. Richtete sich fühlbar vor mir
auf und fiel mit einem Ruck des Zuges vorn-
über, fast in meinen offenen Photoapparat,
fing sich aber wieder mit erstaunlicher Zähig-
keit, die auf einen trainierten Körper schließen
ließ, und kam nun zum Ziel seines Unter-
nehmens: „Pujol". Er hatte sich vorgestellt.

Ich erwiderte den Ausfall; er nickte dankend
und ließ sich daraufhin korrekt nieder; die
Hände legte er vor sich auf die Knie. Ich las
die Landkarte.

„Kennet Sie mir sage, ob wir scho' bald
die Berga seha Werda, lieber Herr?"

„Gehn Sie nur hinaus. Man sieht sie
schon."

Er ging hinaus. »Lieber Herr', hat er gesagt.
Treuherziges Schwabenländle vielleicht noch
weiter westwärts, Baden, Elsaß . . . Seine
Hände sind feist und ein wenig unbeholfen,
verbrannt, aber nicht rauh wie die der Bauern.
Vielleicht ein Weinreisender? Ich erzähle ihm,

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Otto Nückel: Abendspaziergang
Hans Arthur Thies: Wer oder was ist Pujol?
 
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