Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext

ene von

Zu Köln am Neumarkt steht das Haus,
daraus man diese Tote trug.

Der Leiche folgt ein langer Zug
zur lezten Liegestatt hinaus.

Nordsturm und Schnee schlug eine Schlacht
als Ritter Aduchts adlig Weih
— jung war und frühlingsfrisch ihr Leib —
wurd in das eis'ge Bett gebracht.

Zusammenklagt der Glocken Chor.

Das Tragkreuz schwankt — Kirchfahnen

wehn —

Herold und Bannerträger gehn
im Wappenschmuck der Bahre vor.

Darnach, im Trauermantel, ritt
mit nacktem Schwert der Ehemann.

Die beiderseitigen Sippen dann
harnischumschlossen ziehen mit.

Zuletzt der Waffenmeister führt
zwei led'ge Rosse langsam nach.

Das Volk, am Wegrand wartend, spürt
dumpf ein Geheimnis, das da sprach. —

Die stolzen Häupter hebt und senkt
das Hengstepaar beim spanischen Tritt.

Es war als Morgengab geschenkt
der Edelfrau zum Falkenritt.

Am Gottesacker angelangt,
die Trauergäste stehn im Kreis.

Der Kirchhofhügel bläulich Weiß,
die Dämmerung mit Flor umrankt.

Acht Gugelmänner, schwarz vermummt,
im Erbbegräbnis bergen still
die Last. „Herr, es gescheh dein WillV
Gebet und Litanei verstummt.

Ausschwingt die große Glock vom Dom.
Einmündend in die Lebenssee
löst auf sich des Konduktes Strom.
Lautlos sinkt nieder Nacht und Schnee.

Verschmähend jedes Trostgelcit
trägt in das öde Heim zurück
der Gatte, der begrub sein Glück,
die Bürde der Verlassenheit.

Die Stiege schleppt er sich hinauf
und jede Stufe steigt ihm nach
Erinnrung an den leichten Lauf
beim Fackeltanz ins Brautgemach.

Nun ist die Ehekammer kalt
und kahl und freudeleer der Saal:

„Mein kindhaft froh und fromm Gemahl,
wie bin ich worden müd und alt!“

Trostlos zu Boden stumpf er stiert. —
Grell flackerts blau! Die Finsternis
blendend ein Blitzeszack zerriß,
das Erdreich bebt, als ob's gebiert:

Gewitter in der Winternacht!

Am Feuer fröstelt bis ins Mark

der Wittmann, der halb träumt, halb

wacht. —

Was heult der Hund so überstark?

Pocht wer um solche Stund ans Tor?
Der Hund heult rauher, gibt nicht Ruh.
„Tu auf, tu auf, die Tür ist zu,
tu auf!“ Den Ritter reißt empor

der Stimme leiser Wehelaut.

Zur Baje beugt er sich hinaus:

Im Sterbehemd steht da — ihm graut —
sein Weib und streckt die Arme aus.

626
Register
Ziska Luise Dresler geb. Schember: Die Auferstandene von Köln
Anton Leidl: Illustrationen zum Text "Die Auferstandene von Köln"
 
Annotationen