Der Kampf der Steckenpferde
VON WEARE HOLBROOK
Es ist kein bloßer Zufall, baß soviele leiden-
schaftliche Sammler Junggesellen sind. Ein
richtiges Steckenpferd ist ein so eifersüchtiges
Wesen, daß es keine Frau neben sich duldet.
Oie Frauen scheinen das zu wissen und hassen
zumeist die Steckenpferde der Männer. So
manche junge Dame, die sich nach langem
Widerstreben dazu überreden ließ, einen heirats-
fähigen Junggesellen in seiner Wohnung zu be-
suchen, weil er ihr versprochen hatte, ihr seine
Sammlung wertvoller alter Münzen zu zeigen,
ist zutiefst entrüstet darüber, daß er eben dies
tut und nichts weiter.
Verwickelt wird die Sache erst, wenn in einer
Ehe ein jeder Teil sein eigenes Steckenpferd
reitet. Manchmal kommt noch ein drittes
Steckenpferd hinzu und vermehrt die Verwir-
rung. Herr Milfret zum Beispiel sammelt
auSgestopste Tiere, Frau Milfret Kaktusse und
die auSgestopften Tiere sammeln Motten. Die
Schmidts versuchen Kaninchen- *und Tulpen-
zucht in ehelichen Einklang zu bringen; aber
die Kaninchen fraßen die Tulpen, die ihrerseits
wieder bei ihren Vertilgern heftige Verdauungs-
störungen hervorriesen, und die Schmidts waren
wieder dort, wo sie angesangen hatten. Herr
Otway wiederum sammelt Letztausgaben; wann
immer eine Zeitung oder ein Magazin ihr Er-
scheinen einstellen, kaust er sich ein Exemplar
der Abschiedsausgabe und bewahrt es für die
Nachwelt auf, während seine Frau daraus
Staub — zwar nicht sammelt — aber sich
ansammeln läßt.
Vor zwei Jahren verkauften Herr und Frau
Pendler ihre Stadtwohnung und zogen aufs
Land, wo sie sich ungestörter der Pflege ihrer
Steckenpferde — Hundezucht unb Sammeln
antiker Möbel — hingeben wollten.
Als ich unlängst die Pendlers besuchte, ritten
sie wie toll aus ihren Steckenpferden in ent-
gegengesetzte Richtungen. Kaum hatte ich das
Haus betreten, als ich fast in zwei Teile ge-
rissen wurde. Herr Pendler wollte mich sogleich
in den Hof führen, um seine Hunde zu besich-
tigen, wahrend mich Frau Pendler zur sofor-
tigen Besichtigung ihrer Sammlung alter
Möbel verhielt.
„Sehen Sie diese Mahagonistühle", sagte sie.
„Wie gerade ihre Beine und wie vierschrötig
die Lehnen sind. Und dieses stichelhaarige Sofa!
Als ich eS kaufte, mußte ich erst den rechten
Hinterfuß einrenken."
Während Frau Pendler fortfuhr, mir ihre
Kostbarkeiten vorzuführen, schnob ihr Gatte vor
Ungeduld und faßte mich schließlich beim Arm.
„Genug! WaS geht uns dieser Schund an!
Kommen Sie lieber zu meinen Hunden!"
Er führte mich in den Hinterhof, wo wir
von einem bellenden Chor begrüßt wurden.
Hunde verschiedenster Größen und Farben
(Fortsetzung Seite 750)
Hunde — —
Zwei Zeichner verkleinern große
Kurt Werth
Wenn man einen Mops mit ins Dampfbad
nimmt...
Statistik auf dem Hund
In den letzten zehn Jahren hat
sich der Hundereichtum Deutsch-
lands fast um zwei Drittel ver-
mindert. Die meisten Hunde gab
es gegen Ende der Inflation,
1923; in Berlin allein 300000.
— Die Statistik gewinnt doch
jeder Tatsache eine feine Nuance
ab: selbst der, wie sehr wir
damals auf den Hund gekommen
loaren.
FABEL
Fiffi, die Zwerghündin, und
Effi, die Scotchterrierin, trafen
sich in der Allee.
DaS Gespräch kam sofort —
worauf natürlich? aus ihre Ko-
stüme. Besonders Fiffi glänzte
in letztem Schick.
„Würden Sie mir nicht Ihre
Schneiderin verraten?" fragte
Effi, „Ihr Kleid sitzt ja ent-
zückend!"
„Ach, wissen Sie, liebe Freun-
din, erstens ist mein Atelier wahn-
sinnig teuer!" sprach Fiffi, „und
dann verlangen die Sachen eben
auch Figur und Haltung!" t.
,Ja ja, bräulein, immer schlechter geht
unser Geschäft, man kommt ganz herunter!“
,da, ich auch! Schauns bloß mein Hundert
das war früher ein Bernhardiner!“
- aber dafür werden die Dackel immer länger:
Onkel Kilian, Förster im
Chiemgau, kam „auf München"
und ließ sich durchs Deutsche
Museum führen.
Wir kamen an einigen Dino-
sauriern vorbei. „DaS längste
Wirbeltier der Welt!" murmelte
ich.
Da sprach Onkel Kilian mit
blitzenden Augen: „Naa, deeS
gibt's net! Deeö längste Wirbel-
tier der Welt, deeS iS mei Dackel!"
t.
»
„Seit Waldl groß ist", seufzte
Tante Brigitte, „kann ich mich
einfach nicht mehr init ihm in den
Verkehr trauen!"
„Aber nein, du bist doch z u
ängstlich!" ermunterte ich sie, „der
Verkehr wird vorbildlich geregelt,
die Autofahrer üben alle erdenk-
liche Rücksicht und außerdem —
ein Sprung von euch beiden
und ihr seid doch in Sicherheit!"
„Das ist's ja!" seufzte Tante
Brigitte mit dem ganzen Schmerz
l)er gequälten Kreatur, „wenn
wir vorne auch schon längst vom
Fahrdamm lveg sind, hinten sind
wir immer noch auf der drüberen
Seite!" f.
VON WEARE HOLBROOK
Es ist kein bloßer Zufall, baß soviele leiden-
schaftliche Sammler Junggesellen sind. Ein
richtiges Steckenpferd ist ein so eifersüchtiges
Wesen, daß es keine Frau neben sich duldet.
Oie Frauen scheinen das zu wissen und hassen
zumeist die Steckenpferde der Männer. So
manche junge Dame, die sich nach langem
Widerstreben dazu überreden ließ, einen heirats-
fähigen Junggesellen in seiner Wohnung zu be-
suchen, weil er ihr versprochen hatte, ihr seine
Sammlung wertvoller alter Münzen zu zeigen,
ist zutiefst entrüstet darüber, daß er eben dies
tut und nichts weiter.
Verwickelt wird die Sache erst, wenn in einer
Ehe ein jeder Teil sein eigenes Steckenpferd
reitet. Manchmal kommt noch ein drittes
Steckenpferd hinzu und vermehrt die Verwir-
rung. Herr Milfret zum Beispiel sammelt
auSgestopste Tiere, Frau Milfret Kaktusse und
die auSgestopften Tiere sammeln Motten. Die
Schmidts versuchen Kaninchen- *und Tulpen-
zucht in ehelichen Einklang zu bringen; aber
die Kaninchen fraßen die Tulpen, die ihrerseits
wieder bei ihren Vertilgern heftige Verdauungs-
störungen hervorriesen, und die Schmidts waren
wieder dort, wo sie angesangen hatten. Herr
Otway wiederum sammelt Letztausgaben; wann
immer eine Zeitung oder ein Magazin ihr Er-
scheinen einstellen, kaust er sich ein Exemplar
der Abschiedsausgabe und bewahrt es für die
Nachwelt auf, während seine Frau daraus
Staub — zwar nicht sammelt — aber sich
ansammeln läßt.
Vor zwei Jahren verkauften Herr und Frau
Pendler ihre Stadtwohnung und zogen aufs
Land, wo sie sich ungestörter der Pflege ihrer
Steckenpferde — Hundezucht unb Sammeln
antiker Möbel — hingeben wollten.
Als ich unlängst die Pendlers besuchte, ritten
sie wie toll aus ihren Steckenpferden in ent-
gegengesetzte Richtungen. Kaum hatte ich das
Haus betreten, als ich fast in zwei Teile ge-
rissen wurde. Herr Pendler wollte mich sogleich
in den Hof führen, um seine Hunde zu besich-
tigen, wahrend mich Frau Pendler zur sofor-
tigen Besichtigung ihrer Sammlung alter
Möbel verhielt.
„Sehen Sie diese Mahagonistühle", sagte sie.
„Wie gerade ihre Beine und wie vierschrötig
die Lehnen sind. Und dieses stichelhaarige Sofa!
Als ich eS kaufte, mußte ich erst den rechten
Hinterfuß einrenken."
Während Frau Pendler fortfuhr, mir ihre
Kostbarkeiten vorzuführen, schnob ihr Gatte vor
Ungeduld und faßte mich schließlich beim Arm.
„Genug! WaS geht uns dieser Schund an!
Kommen Sie lieber zu meinen Hunden!"
Er führte mich in den Hinterhof, wo wir
von einem bellenden Chor begrüßt wurden.
Hunde verschiedenster Größen und Farben
(Fortsetzung Seite 750)
Hunde — —
Zwei Zeichner verkleinern große
Kurt Werth
Wenn man einen Mops mit ins Dampfbad
nimmt...
Statistik auf dem Hund
In den letzten zehn Jahren hat
sich der Hundereichtum Deutsch-
lands fast um zwei Drittel ver-
mindert. Die meisten Hunde gab
es gegen Ende der Inflation,
1923; in Berlin allein 300000.
— Die Statistik gewinnt doch
jeder Tatsache eine feine Nuance
ab: selbst der, wie sehr wir
damals auf den Hund gekommen
loaren.
FABEL
Fiffi, die Zwerghündin, und
Effi, die Scotchterrierin, trafen
sich in der Allee.
DaS Gespräch kam sofort —
worauf natürlich? aus ihre Ko-
stüme. Besonders Fiffi glänzte
in letztem Schick.
„Würden Sie mir nicht Ihre
Schneiderin verraten?" fragte
Effi, „Ihr Kleid sitzt ja ent-
zückend!"
„Ach, wissen Sie, liebe Freun-
din, erstens ist mein Atelier wahn-
sinnig teuer!" sprach Fiffi, „und
dann verlangen die Sachen eben
auch Figur und Haltung!" t.
,Ja ja, bräulein, immer schlechter geht
unser Geschäft, man kommt ganz herunter!“
,da, ich auch! Schauns bloß mein Hundert
das war früher ein Bernhardiner!“
- aber dafür werden die Dackel immer länger:
Onkel Kilian, Förster im
Chiemgau, kam „auf München"
und ließ sich durchs Deutsche
Museum führen.
Wir kamen an einigen Dino-
sauriern vorbei. „DaS längste
Wirbeltier der Welt!" murmelte
ich.
Da sprach Onkel Kilian mit
blitzenden Augen: „Naa, deeS
gibt's net! Deeö längste Wirbel-
tier der Welt, deeS iS mei Dackel!"
t.
»
„Seit Waldl groß ist", seufzte
Tante Brigitte, „kann ich mich
einfach nicht mehr init ihm in den
Verkehr trauen!"
„Aber nein, du bist doch z u
ängstlich!" ermunterte ich sie, „der
Verkehr wird vorbildlich geregelt,
die Autofahrer üben alle erdenk-
liche Rücksicht und außerdem —
ein Sprung von euch beiden
und ihr seid doch in Sicherheit!"
„Das ist's ja!" seufzte Tante
Brigitte mit dem ganzen Schmerz
l)er gequälten Kreatur, „wenn
wir vorne auch schon längst vom
Fahrdamm lveg sind, hinten sind
wir immer noch auf der drüberen
Seite!" f.