(Bayerimche Seiten i
De« Schwere Nette«
Alan muh heute schon mindestens in
den Dreißigern stehen, um sich die Er-
innerung an die Münchner „Ersten
Schweren Reiter" wieder ganz bildhaft
inachen zu können, an die Soldaten
jenes Kavallerieregiments, das in der
bayerischen Haupt- und Residenzstadt
garnisoniert war. (Das Zweite Schwere
Reiterregiment lag in Landshut.) Es
könnte der heutigen Jugend wohl er-
klärt werden, daß der Schwere Reiter
eine himmelblaue Montur und zinnober-
rote Streifen an der Ausgeh-Hose trug,
daß er mit einem ungewöhnlich
schweren, an weißem Lederzeug hängen-
den Säbel bewehrt war, daß ihm das
Rescrvatrecht zustand, seine Mütze küh-
ner zu tragen als jedes andere Regi-
ment — man wird trotzdem dem Wesen
des Schweren Reiters, ja, man darf
kühnlich sagen, dem Zauber seiner Er-
scheinung nicht nahekommen. Zumeist
dem Stande einer rossezüchtenden, alt-
bayerischen Bauernschaft entsprossen,
war der Schwere Reiter, schon ehe er
den himmelblauen Rock anlegte, mit
dein Pferde vertraut und verwuchs nun
mit ihm noch mehr, als dem treuen Ge-
fährten seines Dienstes. So lag ein
Fluidum der Ritterlichkeit über dem
„Schweren", dem sich nieinand, am
ivenigstens natürlich die Münchner
Weiblichkeit entziehen konnte. Daß der
Schwere Reiter den anderen Waffen-
gattungen gute soldatische Kamerad-
schaft hielt, ist selbstverständlich. Trotz-
dem lag ein Selbstbewußtsein in seinem
Blut, das der Infanterie und „Atollerie"
gegenüber eine merkliche, durch Wohl-
wollen überbrückte Distanz schuf. Die
Kaserne des Ersten Schweren Reiter-
regiments lag am Isarstrand, und auch
diese zentrale Lage zwischen Altstadt
und Vorstädten trug zu dem innigen
Verhältnis bei, das zwischen den schnei-
digen Kavalleristen und der Münchner
Bevölkerung, insonderheit seiner weib-
lichen, bestand. Nachfolgender Dialog
mag in den Anlagen stattgefunden
haben, die gegenüber der Kaserne die
Isar begleiten.
„Guten Abend, Fräulein! Holn S'
g'wiß g'rad 's zwoate Bier für Ehana
Herrschaft? Ja, ja, bei dera Hitz kriagt
ina Durscht. Da ko ma scho a Maß ver-
trag'n!"
„Lassen S' ma mein Ruah, i bi koane
vo dene, wo si anreden laßt!"
„I red' Ehana ja gar net o, i frag ja
bloß, ob Ehana Herrschaft Durscht hat.
Dös werd ma do no frag n derfa. Ko
ja nix dafür, bal der gnä Herr no was
z' Saufa hab'n wui."
„Der Herr Oberregierungsrat „sauft"
net, sondern der „trinkt"! Merka's
Ehana dös! Und jetz' lassen S' ma mei'
Ruah! Überhaupts werd glei der Zapfa-
streich blasen werd'n, und i wui net,
daß Sie z'wegen meiner in Arrest
kemma. So bi i aa wieder net!"
„Hat no guate fünf Minuten bis zuin
„Locka"! Bis dahi laßt si no so manches
sag'n. Und bal a Madl so sauber is wia
Sie, lasst ma nacha liaber a meng, als
daß ma's auslaßt. Hab' ja lange Füaß'
zum Laffa. — Sie g'fall'n ma guat.
Fräulein, Ehana kunnt i glei zwoa
Wocha lang treu bleib'n."
„Genga S' zua, auf die Herrn vo die
Schweren Reiter is koa Verlaß net. Die
reden so schö daher, und nachher werft
verlassen. Naa, naa, wo's Vertrauen
fehlt, da gibt's a koa Liebe net, ös seid's
ma z'windi!"
„Jetzt i sag' tjalt: liaber zwoa Wocha
lang oan vo ins, als wia drei mit oain
vo der Infanterie oder der Atollerie!
Wui nix dagegen sag'n, aber a Reiter
is halt a Reiter!"
«wenn in München.- dann Deutsches Theater.
1933 / JUGEND Nr. 48
Bei etwaigen Bestellungen bittet man auf die Münchner „Jugend“ Bezug zu
nehmen
764
De« Schwere Nette«
Alan muh heute schon mindestens in
den Dreißigern stehen, um sich die Er-
innerung an die Münchner „Ersten
Schweren Reiter" wieder ganz bildhaft
inachen zu können, an die Soldaten
jenes Kavallerieregiments, das in der
bayerischen Haupt- und Residenzstadt
garnisoniert war. (Das Zweite Schwere
Reiterregiment lag in Landshut.) Es
könnte der heutigen Jugend wohl er-
klärt werden, daß der Schwere Reiter
eine himmelblaue Montur und zinnober-
rote Streifen an der Ausgeh-Hose trug,
daß er mit einem ungewöhnlich
schweren, an weißem Lederzeug hängen-
den Säbel bewehrt war, daß ihm das
Rescrvatrecht zustand, seine Mütze küh-
ner zu tragen als jedes andere Regi-
ment — man wird trotzdem dem Wesen
des Schweren Reiters, ja, man darf
kühnlich sagen, dem Zauber seiner Er-
scheinung nicht nahekommen. Zumeist
dem Stande einer rossezüchtenden, alt-
bayerischen Bauernschaft entsprossen,
war der Schwere Reiter, schon ehe er
den himmelblauen Rock anlegte, mit
dein Pferde vertraut und verwuchs nun
mit ihm noch mehr, als dem treuen Ge-
fährten seines Dienstes. So lag ein
Fluidum der Ritterlichkeit über dem
„Schweren", dem sich nieinand, am
ivenigstens natürlich die Münchner
Weiblichkeit entziehen konnte. Daß der
Schwere Reiter den anderen Waffen-
gattungen gute soldatische Kamerad-
schaft hielt, ist selbstverständlich. Trotz-
dem lag ein Selbstbewußtsein in seinem
Blut, das der Infanterie und „Atollerie"
gegenüber eine merkliche, durch Wohl-
wollen überbrückte Distanz schuf. Die
Kaserne des Ersten Schweren Reiter-
regiments lag am Isarstrand, und auch
diese zentrale Lage zwischen Altstadt
und Vorstädten trug zu dem innigen
Verhältnis bei, das zwischen den schnei-
digen Kavalleristen und der Münchner
Bevölkerung, insonderheit seiner weib-
lichen, bestand. Nachfolgender Dialog
mag in den Anlagen stattgefunden
haben, die gegenüber der Kaserne die
Isar begleiten.
„Guten Abend, Fräulein! Holn S'
g'wiß g'rad 's zwoate Bier für Ehana
Herrschaft? Ja, ja, bei dera Hitz kriagt
ina Durscht. Da ko ma scho a Maß ver-
trag'n!"
„Lassen S' ma mein Ruah, i bi koane
vo dene, wo si anreden laßt!"
„I red' Ehana ja gar net o, i frag ja
bloß, ob Ehana Herrschaft Durscht hat.
Dös werd ma do no frag n derfa. Ko
ja nix dafür, bal der gnä Herr no was
z' Saufa hab'n wui."
„Der Herr Oberregierungsrat „sauft"
net, sondern der „trinkt"! Merka's
Ehana dös! Und jetz' lassen S' ma mei'
Ruah! Überhaupts werd glei der Zapfa-
streich blasen werd'n, und i wui net,
daß Sie z'wegen meiner in Arrest
kemma. So bi i aa wieder net!"
„Hat no guate fünf Minuten bis zuin
„Locka"! Bis dahi laßt si no so manches
sag'n. Und bal a Madl so sauber is wia
Sie, lasst ma nacha liaber a meng, als
daß ma's auslaßt. Hab' ja lange Füaß'
zum Laffa. — Sie g'fall'n ma guat.
Fräulein, Ehana kunnt i glei zwoa
Wocha lang treu bleib'n."
„Genga S' zua, auf die Herrn vo die
Schweren Reiter is koa Verlaß net. Die
reden so schö daher, und nachher werft
verlassen. Naa, naa, wo's Vertrauen
fehlt, da gibt's a koa Liebe net, ös seid's
ma z'windi!"
„Jetzt i sag' tjalt: liaber zwoa Wocha
lang oan vo ins, als wia drei mit oain
vo der Infanterie oder der Atollerie!
Wui nix dagegen sag'n, aber a Reiter
is halt a Reiter!"
«wenn in München.- dann Deutsches Theater.
1933 / JUGEND Nr. 48
Bei etwaigen Bestellungen bittet man auf die Münchner „Jugend“ Bezug zu
nehmen
764