Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
f

Ewige Bürger

Frau Geißler und Frau billmann sind
Nachbarn. Nähere Beziehungen verbinden sie
nicht. Wenn bei blllmannS niemand zu Hause
ist, können Pakete bei GeißlerS abgegeben wer-
den. Dafür darf Frau Geißler gelegentlich bei
blllmannS telephonieren; denn blllmannS be-
sitzen ein Telephon. Außerdem nennt Frau blll-
mann seit kurzem zwei Säuglinge ihr eigen,
Zwillinge. Frau Geißler weiß von diesem nach-
barlichen Familienzuwachs lediglich durch ihr

Dienstmädchen. Für Frau Geißler sind die
Zwillinge so lange noch ungeboren, als ihr dies
freudige Ereignis nicht offiziell von Frau
billmann mitgeteilt wird. Aus irgendeinem
Grunde ist das aber vergessen worden.

Nun muß Frau Geißler wieder einmal bei
blllmannS telephonieren. Dabei begegnet ihr
Frau Ullmann, die junge Mutter. Aber Frau
Geißler gibt sich ahnungslos:

„Nun, liebe Frau billmann, darf man bald
gratulieren? Wann kommen denn die Kin-
derchen zur Welt?" Kakuwo

Anekdote

Bernard Shaw wurde einmal gefragt, was
er von der Ehe halte. — „Ich bin doch selbst
Ehemann!" — „Um so mehr interessiert mich
Ihre Meinung", drängte der Neugierige. —
„Also, wenn Sie es schon wissen müssen: Die
Ehe gleicht einer Freimaurerloge, Uneingeweihte
wissen nichts zu erzählen und die Mitglieder . . .
dürfen nichts erzählen!" FH.

Nationalgerichte

3n Köln ist ein Speisehaus eröffnet worden, in dem man in fort-
laufendem Turnus alle Spezialgerichte Deutschlands und der Welt
durchessen kann.

— Wie verlautet, hat ein Bayer eine Panne im Gesamtverkehr her-
vorgerufen: er saß mit Knödeln fest. t.

Kurt Werth

Rette sich, wer kann!

„Erlauben Sie, daß ich den weiteren Boxunterricht brieflich
nehme? — —

SCHALLPLATTEN

Feinheiten von Lindström, Odeon und Telefunken
BAGH-VIVALDI

A-Moll-Konzert für vier Klaviere und Streichorchester; drei
Sätze (Telefunkcn: SK 131711318). Die Berliner Philharmoniker
unler Dr. Heinz Unger. An den Flügeln: Georg Bertram, Bruno
Eisner, Lconid Kreutzer, Franz Osborn.

Musikgeschichtliches: Das Konzert, in seiner Grundgestalt von
Vivaldi in H-Moll für vier Violinen, Cembalo und Orchester kom-
poniert, reizte Bach, es nach seinem Empfinden umzugestalten,
zu „modernisieren“.

Musikkenner, die auf der einen Platte (SK 1318) den 2. Satz der
ursprünglichen Fassung finden, werden wahrscheinlich feststellen,
daß Bachs Schöpfung „deutscher“ sei; Laien mag diese Kompo-
sition zufolge ihrer Einfachheit und Unverkünsteltheit schwer
erscheinen. Diese beiden — mit Recht — „Meisterplatten der
Sonderklasse“ gehören zum Stammgut jedes Musikliebhabers.

BEETHOVEN

Den 2. Satz Allegretto scherzando aus der VIII. Sgmphonie —
mir persönlich lieber als Teile der berühmteren IX. — bringt
Telef unken (SK 1295) und Odeon (0 8327). ln gleich guter Wieder-
gabe, aber verschiedener Auffassung: Auf Telefunken die Berliner
Philharmoniker unler Kleiber, auf Odeon das Amsterdamer Kon-
zertgebouw-Orchester unler Mengelberg. Kleibers Darstellung
scheint vertiefter, verinnerlichter, während Mengelberg auf die
Ausarbeitung der tonlichen Werte besondere Sorgfalt verwendet,
gewissermaßen Musik mit Samtpfoten. Bei Kleiber ersteht das
Bild des Meeres, stetig, anschwellend und verebbend, eine Vor-
ahnung auf den großen Sturm. Beide aber streng beherrscht.

WAGNER

Etwas ganz Besonderes: Die Rienzi-Ouvertüre zum erstenmal
ungekürzt und partiturgetreu auf einer Platte (Odeon 6826).
Berliner Philharmonisches Orchester unter Dr. Weißmann. Ob-
wohl Wagner bei diesem Frühwerk noch nach dem Muster der
alten Oper (Meyerbeer) arbeitetef gingj er doch schon eigene
Wege, ln der groß angelegten Komposition gärt es vor Kraft,
die aber bei allem Jugendüberschwang zielbewußt vorwärtsstrebt.
Zwölf Minuten lang Schwelgen im Melos und in der Pracht der
Orchesterfarben.

Karl Kurt Wolter

Der galanteste Mann von Neuyork

Paul Whiteman ist nicht nur als „Jazzkönig" von Amerika, son-
dern auch als „der galanteste Mann von Neuyork" bekannt. Zu diesem
schmeichelhaften Beinamen verhalf ihm — seine überwältigende Körper-
fülle. „Wenn Paul Whiteman in der elektrischen Straßenbahn einer
Dame Platz macht, so können sich gleich zwei setzen", ist ein -geflügeltes
Wort in Neuyork.


Was mancher nicht weiß:

Man kann die „Jugend“ nicht nur in Kaffeehäusern,
ärztlichen Wartezimmern und beim Friseur lesen,
man kann sie auch in jeder Buchhandlung oder beim
G. Hirth Verlag AG., München, Herrnstraße 10
abonnieren. Man soll sie sogar abonnieren. Wer
sich die „Jugend“ hält, erhält sich die Jugend.
Außerdem hilft er den deutschen Künstlern und
das tut bitter not, wie wir alle wissen.

Eine Bibliothek für Politik und Wissenschaft von seltener Voll-
ständigkeit ist Umstände halber zu verkaufen

u. a. Die große Politik der Europäischen Kabinette, 40 Bände; Die Vor-
geschichte des Weltkrieges (Werk des Untersuchungsausschusses) 4 Bände;
Der Weltkrieg (herausgegeben vom Reichsarchiv) 8 Bände; Die,Ursachen.des
deutschen Zusammenbruchs (Werk des Untersuchungsausschusses) 16 Bände:
vollständiger Deutscher Geschichtskalender von Purlitz (Felix-Meiner-Verlag);
vollständiger Schulthes Europäischer Geschichtskalender (Beckh’sche Verlags-
buchhandlung); Handbuch der Staatswissenschaften, Handbuch der Rechts-
wissenschaft; Memoiren, Biographien, Gesammelte Werke, Lexikon. Biblio-
philes, gesammelte Jahrgänge wichtiger Zeitungen, die wichtigste europäische
schöne Literatur.

Anfragen unter T. B. 1721 an die Expedition der Münchner „Jugend“

Bei etwaigen Bestellungen bittet man auf die Münchner „Jugend“ Bezug zu nehmen

1933 / J U G E N D Nr. 49

779
Register
Kurt Werth: Rette sich, wer kann!
[nicht signierter Beitrag]: Der galanteste Mann von Neuyork
T.: Nationalgerichte
Karl Kurt Wolter: Schallplatten
Kakuwo: Ewige Bürger
F. H. [1]: Anekdote
 
Annotationen