Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
38. JAHRGANG

19 3 3

NR. 50

Julie Hahn

Autorennen in Amerika

Humoreske von Josef Ro b er t Ha rr er

1 ä

Damals, als Harry aus dem Gefängnis Detroits kam, fragte ihn John:

„Sag, Harry, wie ist es dir gegangen? Hast du dich gelangweilt?"

„Präriefchaf!" erwiderte Harry. „Meinst du, man hat mich jeden
Abend ins Kino geführt?"

„So war es nicht kurzweilig, Harry?"

Harry erwiderte nichts; er sagte, als sich John zu einer Zusammen-
kunft mit Bessie, seinem neuen Flirt, begeben hatte:

„Jack, ich habe im Gefängnis einen gescheiten Herrn kennengelernt.
Er hat da eine Erfindung im Kopf, mit der wir etwas beginnen werden.
Ich wollte vor John nicht sprechen; denn wenn John verliebt ist, wird
seine Mitteilsamkeit großer als bei einem alten Weib!"

Ich machte neugierige Augen.

„Illnd die Erfindung?"

Harry zog eine Zeitung aus der Tasche, wies auf eine Notiz und
meinte:

„Wir werden uns beteiligen!"

Ich las:

„Zu dem großen Autorennen in Palm Beach werden noch Meldungen
entgegengenommen. Die Anmeldefrist endet in einer Woche!"

Ich sah Harry fragend an.

„Wir sind doch keine Rennfahrer, Harry!

Wir können zur Not chauffieren, das aber ist
auch alles. Außerdem besitzen wir keine Autos."

Harry lächelte.

„Ich sollte dich ein Prärieschaf nennen,

Jack! Ich habe bereits zwei alte Rennautos
gekauft. Mit einem derselben werden wir siegen."

„Und mit dem zweiten?" fragte ich.

„Mit dem zweiten bewirken wir, daß daS
eine Auto eben gewinnt... Horch nur: Der
Erfinder, der in Detroit mit mir die Zelle
teilte, ist ein unbeholfener Mensch. Seine Er-
findung funktioniert nur in der Theorie. Wenn
ich den praktischen Beweis dazu liefere, ist er
ein gemachter Mensch. Ich habe ihn über-
redet, mir seine Erfindung für das Autorennen
zu borgen." Clownerie

#


i' >

-- u - -


„Welche Erfindung, Harry?"

„Welche Erfindung? Nichtig! Das muß ich dir doch sagen. Also hör
zu: Ein kleiner Sendeapparat wird im Auto eingebaut; mit diesem Sender
kann man die Motortätigkeit eines anderen Autos, das sich bis zu einer
Entfernung von zwei Meilen befindet, so sehr beeinflussen, daß dieses
Auto kaum die Hälfte seiner möglichen Geschwindigkeit erreicht. Ver-
stehst du?"

„Ich verstehe! Aber dann wird ja auch unser zweites Auto langsamer
fahren; wenn alle langsamer fahren, wie wollen wir den Sieg erringen?"

„Unser Auto, du Prärieschaf, wird eben gegen die Störsendung un-
empfindlich gemacht. Die Motorhaube wird innen mit einer Mischung
von Dl und zerriebenen Pneumatikresten bestrichen; das hält die Stör -
wellen ab. Nun? Alles verstanden?"

„Natürlich, Harry! Wenn wir dich nicht hätten! Und John soll nichts
davon erfahren?"

„Nein, solange er verliebt ist, wird er nicht eingeweiht. Er wird ein-
fach den Siegeswagen fahren. Und wenn er fragt, warum wir die
Motorhaube bestrichen haben, sagen wir ihm, das sei ein Mittel gegen
das Heißlaufen.des Motors. Ein Verliebter wie John glaubt alles.
Und nun wollen wir die Anmeldung schreib

?en!

.... Wir waren mit den zwei alten Renn-
wagen nach Palm Beach gekommen. John
nahm nur unter der Bedingung teil, daß Bessie
mitkommen durfte. Harry war wütend; aber
schließlich fand er sich darein. Er murmelte nur:
„Eine Sportssache, bei der eine Frau zn
tun hat, ist mir zuwider! Wir werden Pech
haben!"

Am Morgen des Rennens bestrichen wir die
Motorhaube des Autos, das John fahren
sollte. John sah neugierig zu und meinte:
„Das Zeug stinkt! Wozu das alles?"

„Hast du noch nie gelesen, du Prärieschaf,
daß der Motor nicht so heiß läuft, wenn —"
„Richtig!" sagte John, ohne hinzuhören,
und warf Bessie einen Blick zu, der HarrvS
Bold Finger zur Fällst schloß. Aber er hielt sich zurück.


786
Register
Bold (Bolt): Clownerie
Julie Hahn: Hyppodrom
Josef Robert Harrer: Autorennen in Amerika
 
Annotationen